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Panorama: Plaza der Erinnerungen

Ein Investor will das sagenumwobene Hotel am Central Park in Eigentumswohnungen verwandeln

Wie es aussieht, wird Eloise bald ihre Koffer packen müssen. Ihr ganzes Leben lang hat das Mädchen mit den Strubbelhaaren das Haus kaum verlassen, nun wird sie einfach rausgeworfen, für immer. In New York weiß jedes Kind, wo Eloise wohnt: im riesigen Haus direkt am Central Park. Und mit Spannung verfolgen sie die Abenteuer der Kinderbuchfigur, die im Hotel lebt. Diese etwas schrullige Geschichte ist nur eine von so vielen, die sich um das New Yorker Plaza Hotel ranken: 1905 im französischen Renaissance-Stil erbaut, war es seit jeher Anlaufstelle der Reichen, Schönen und Berühmten. Die Vanderbilts gehörten zu den ersten Gästen, Hitchcock drehte hier für seinen Film „North By Northwest“, Truman Capote warf hier seine berüchtigten Parties, im November 2000 feierte das Hollywood-Traumpaar Michael Douglas und Catherine Zeta-Jones hier seine Hochzeit.

Doch der Boom auf dem New Yorker Immobilienmarkt nimmt auf Institutionen, mögen sie auch noch so groß, berühmt und beliebt sein, keine Rücksicht. Im Oktober kaufte die Investment- Gruppe Elad Properties das Haus für 675 Millionen Dollar. Wenig später verkündeten die Investoren, sie wollten das Hotel in Eigentumswohnungen und ein großes Kaufhaus umwandeln. Bislang beteuern sie, dass so legendäre Teile wie die Oak Bar, der Palm Court Tea Room und auch 150 der heute 805 Gästezimmer erhalten bleiben sollen. Doch nicht alle nehmen ihnen das ab: So rechnet die Hotelgewerkschaft vor, dass man schon über 800 Dollar pro Hotelzimmer kassieren müsste, um mit so einer Schrumpfvariante des Hotels einen Profit zu erzielen.

Appartments, die in ähnlich exklusiver Lage an der 59. Straße Ecke Fifth Avenue für mindestens eine Millionen Dollar zu haben sind, werfen wesentlich mehr Geld ab. Gewerkschaftspräsident Peter Ward sagt: „Wir sollten einen der solidesten Wirtschaftszweige unserer Stadt nicht kaputt machen, um Wohnungen für die Reichen zu bauen.“ Knapp 1000 Arbeitsplätze würden verloren gehen – und noch viel mehr Erinnerungen. Das Plaza spielte in über 40 Filmen eine wichtige Rolle – und in den Lebensgeschichten Tausender Menschen. Denn wer sich keines der reich mit Antiquitäten geschmückten Zimmer leisten konnte, der gönnte sich wenigstens einen Kaffee im Palm Court oder einen der sagenumwobenen Martinis in der Oak Bar.

Das Gebäude steht übrigens unter Denkmalschutz und darf von außen nicht verändert werden. Doch drinnen haben die Verteidiger materieller und emotionaler Erinnerungen keine rechtliche Handhabe – sie lassen sich nicht konservieren.

Nun hoffen die Nostalgiker, dass die zerstörerische Kraft des Geldes durch den Druck der Straße in letzter Minute doch noch aufgehalten werdern kann, so wie im langen Kampf um die Renovierung der Grand Central Station vor mehr als 20 Jahren. Zu einer ersten Demonstration kamen im Februar mehrere hundert Menschen, unter ihnen der Bürgerrechtler Jesse Jackson und die Schauspielerin Susan Sarandon. Am Dienstag wollen die Beschützer des alten Hotels wieder auf die Straße gehen.

Mittlerweile versucht auch die Stadtversammlung, das Unheil mit einer Gesetzesänderung zu stoppen. Käme die Neuregelung durch, würde sie Investoren verbieten, mehr als 20 Prozent eines Hotels in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Eine politische Mehrheit dafür scheint nicht ausgeschlossen, doch juristisch steht der Vorstoß auf wackligen Füßen.

Elad Properties-Präsident Miki Naftali sagt: „So ein Gesetz würde den Umbau des Hotels gefährden und der gesamten Immobilienbranche in New York schaden.“ Im Übrigen hält er es schlicht für verfassungswidrig. Unterstützung bekommt er dabei von den konservativen lokalen Medien: „Hinter diesem Plan steckt die Gewerkschaft, die sich wie ein Zar in Russland aufführt, wenn nicht sogar wie seine kommunistischen Nachfolger“, schimpfte die „New York Post“.

Dabei droht die Umwandlungswut der Immobilien-Spekulanten in der Stadt zu einem echten Problem zu werden. Allein im vergangenen Jahr machten ein Dutzend Hotels dicht, 3000 Betten gingen verloren. Und das in einer Zeit, in der der Tourismus nicht zuletzt wegen des niedrigen Dollars boomt und New York sich um die Olympischen Spiele 2012 bewirbt.

Eloise jedenfalls steht einiges bevor, wenn sie sich tatsächlich eine neue Bleibe suchen muss.

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