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Überraschende Nachricht. Am Mittag wurden Polanski die elektronischen Fesseln abgenommen.

© dpa

Polanski-Freilassung: "Travestie in der Schweiz"

Amerikas Justiz und Teile der Öffentlichkeit haben mit Empörung auf die Entscheidung der Schweiz reagiert, den 76-jährigen Filmregisseur Roman Polanski nicht auszuliefern.

Die „Washington Post“ nennt den Ausgang eine „Travestie in der Schweiz“ und fragt bitter, ob die Verantwortlichen „übersehen haben, dass es um die Vergewaltigung einer Dreizehnjährigen“ gehe. Der zuständige Staatsanwalt in Los Angeles, Steve Cooley, warf der Schweiz vor, sie habe „kalifornischen Gerichten die Zurechnungsfähigkeit abgesprochen“. Der Sprecher des Außenministeriums, Philip J. Crowley, kritisierte die Entscheidung in scharfem Ton und drohte mit weiteren Schritten.

Polanski wird vorgeworfen, er habe 1977 ein 13-jähriges Mädchen in Los Angeles mit Champagner und Drogen zu sexuellen Handlungen mit ihm gebracht und sich der Strafe durch Flucht entzogen. Er lebte seither in Frankreich. Im September 2009 wurde er in der Schweiz festgenommen, als er dort einen Filmpreis entgegennehmen wollte. Die USA haben ein Auslieferungsabkommen mit der Schweiz, nicht aber mit Frankreich. Zwei Monate saß Polanski in Auslieferungshaft; gegen drei Millionen Euro Kaution wurde daraus im Dezember ein Hausarrest in seinem Chalet in Gstaad.

Einige US-Medien stellen den Fall einseitig und im Ton nationaler Empörung dar. Die „Washington Post“ spekuliert, ob die Schweiz 2009 nur zum Schein auf die US-Bitte eingegangen sei, weil sie unter Druck stand, Bankunterlagen zu US-Bürgern herauszugeben, denen Amerika Steuerhinterziehung vorwirft. Die „New York Times“ und das „Wall Street Journal“ analysieren dagegen die Schwächen in der Argumentation der USA. Entscheidend war deren Weigerung, der Schweiz das geheime Protokoll über eine Absprache zwischen Anklage und Verteidigung zu geben. Darin wurde der Vorwurf der Vergewaltigung fallen gelassen, Polanski gestand nur außerehelichen Sex mit einer Minderjährigen. Unter Anrechnung der Untersuchungshaft wurde er für weitere 90 Tage in psychologische Beobachtung eingewiesen; der Psychologe entließ ihn nach 42 Tagen. Polanski Anwälte betrachten das Protokoll als Nachweis, dass er die Strafe verbüßt habe, und dass der Staatsanwalt damals plante, die Absprache zu brechen und Polanski anschließend höher zu bestrafen. Also sei die Flucht gerechtfertigt gewesen.

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