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Essen und Politik. Die konservative Fast-Food-Kette Chick-fil-A macht vor allem im Süden der USA ihre Geschäfte.

© AFP

Politik und Fast Food: US-Rechte protestieren mit Hähnchen-Essen gegen die Schwulenehe

Die ideologische Spaltung der USA wird immer absurder. Die Rechte fordert jetzt dazu auf, aus Protest gegen die Homo-Ehe am 1. August in der Fast-Food-Kette Chick-fil-A essen zu gehen. Liberale rufen zu Gegenaktionen auf.

Ist kein Lebensbereich mehr sicher vor der Parteipolitik in diesem Wahlkampfsommer in den USA – nicht mal die Frage, wo man sein Hähnchensandwich kauft? Der republikanische Ex-Präsidentschaftskandidat Mike Huckabee hat Mittwoch zum Tag ausgerufen, an dem christliche Amerikaner ihren Protest gegen die Homo-Ehe dadurch ausdrücken sollen, dass sie in Massen in die Filialen der Fast- Food-Kette Chick-fil-A strömen.

Ihr Chefmanager Dan Cathy sieht das mit gemischten Gefühlen. Einerseits findet Huckabees Aufruf Resonanz. Mehr als 300 000 Menschen wollen der Einladung folgen. Ein Schwerpunkt der 1615 Chick- fil-A-Filialen liegt in den alten Südstaaten, die fast durchweg republikanisch wählen und wo der Anteil der christlichen Rechten hoch ist. Die Kette ist aber inzwischen in 39 der 50 Bundesstaaten im Geschäft, darunter auch in so genannten „blauen Staaten“, die mehrheitlich demokratisch wählen. Sie sind für die weitere Expansion der Hähnchen-Bräter wichtig. Deshalb hatte Cathy rasch eingelenkt, als er merkte, dass eine Interviewäußerung von ihm als Vorlage für einen Glaubenskampf dienen soll.

Die Kette war 1986 in Atlanta, Georgia, als kleines Familienunternehmen gegründet worden. Die Betonung christlicher Werte war von Anfang an Teil der Identität und der PR-Strategie – und das auch bei Entscheidungen, die den geschäftlichen Erfolg einschränken. So sind die Filialen an Sonntagen geschlossen, obwohl das umsatzstarke Tage für andere Fast-Food-Ketten sind.

Ausgangspunkt der jüngsten Kontroverse war ein Interview, das Cathy der Wochenzeitung „Biblical Recorder“ in North Carolina gab. Darin wurde deutlich, wie schwierig es mitunter ist, zu entscheiden, wann persönliche Überzeugungen die Firmenpolitik beeinflussen dürfen und wann nicht. Cathy verteidigte die „Closed on Sunday“-Politik, beharrte aber darauf, dass Chick-fil-A „keine christliche Firma“ sei. Er sprach über seine Spenden für christliche und konservative Ziele und seine Ablehnung der Homo-Ehe. „Ich bekenne mich schuldig im Sinne der Anklage. Wir unterstützen die Familie – die Familieneinheit in der biblischen Definition. Wir sind ein Familienbetrieb und wir sind immer noch mit unseren ersten Ehefrauen verheiratet.“

Die Weltanschauung beeinflusst das Konsumverhalten

Manche Homosexuelle und manche Demokraten reagierten mit Entrüstung. Solle das heißen, dass Schwule und Geschiedene als Kunden nicht willkommen seien? Städte, die einen toleranten Umgang mit Homosexuellen zum Markenzeichen machen, protestieren. Der Bürgermeister von Boston, Massachusetts, Thomas Menino, drohte, keine Filialen der Kette zu genehmigen. Sein Kollege in San Franzisko, Edwin Lee, empfahl, Chick-fil-A solle „40 Meilen Abstand halten“. Cathy gab nach: „Wir wollen die politische Debatte über die Homo-Ehe der Regierung und den politischen Institutionen überlassen.“

Diesen Rückzug wollen nun wiederum rechte Politiker nicht akzeptieren. Huckabee begründete seinen Aufruf, am Mittwoch aus Protest gegen die Homo-Ehe bei Chick-fil-A zu essen, mit harten Vorwürfen an „die Linke“, die „voll Hass und intoleranter Bigotterie“ sei. „Wenn Christen zu ihren überlieferten Werten stehen, wirft man uns vor, wir seien homophob und fundamentalistisch.“

Daraufhin riefen Lesben und Schwule dazu auf, Chick-fil-A zu boykottieren. Am 3. August sollen gleichgeschlechtliche Partner in Filialen der Kette gehen und sich öffentlich küssen. Kolumnisten spekulieren im Hang zu Wortspielen, welche Bewegung stärker sein werde: der „buy-cott“ oder der „boycott“?

Es ist kein neues Phänomen in den USA, dass die Weltanschauung das Konsumverhalten beeinflusst. Wer mit einem Volvo oder Prius Hybrid zu Öko-Läden wie Wholefood’s fährt, wählt im Zweifel die Demokraten. Wer einen Pick-up aus US-Produktion vor einem Safeway-Supermarkt parkt, hält es wohl eher mit den Republikanern. McDonalds, Coca-Cola und Domino’s Pizza gelten tendenziell als „rechts“, Bürger King, Pepsi und Starbucks als eher „links“.

Eingefleischte Demokraten meinen, man müsse Konzerne meiden, die für die Republikaner spenden, zum Beispiel Wal-Mart, Target, Bayer, Exxon Mobil, Koch Industries und UPS. Republikaner machen, soweit sie können, einen Bogen um Aol, Planet Hollywood, Nike, JCPenny und Southwest Airlines.

So ideologisch festgelegt ist freilich nur eine Minderheit der 312 Millionen US-Bürger. Gut möglich, dass die Woche des Glaubenskampfes um „buy-cott“ oder „boycott“ an den meisten unbemerkt vorbeizieht.

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