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Panorama: Polizei hatte Stephanies Entführer nicht im Visier

Der Fall löst eine Debatte um eine bundesweite Meldepflicht für Sexualstraftäter aus

Dresden - Im Fall der entführten und sexuell misshandelten 13-jährigen Stephanie aus Dresden werden jetzt mögliche Ermittlungspannen untersucht. Das Landespolizeipräsidium sei damit beauftragt worden, sagte Polizeipräsident Dieter Hanitsch am Sonntag. Der mehrfach vorbestrafte Sexualstraftäter, der die Schülerin fünf Wochen in seiner Gewalt hatte, stand nicht im Visier der Polizei, da seine neue Adresse nicht bekannt war.

Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) hat eine Veröffentlichung von Daten über Sexualstraftäter ins Gespräch gebracht. Der CSU-Politiker forderte in der „Bild“-Zeitung zudem eine bundesweite Meldepflicht für Sexualstraftäter. Ein „Pranger“ nach US-Vorbild sei aber „in Deutschland verfassungsrechtlich problematisch“. Ein mehrfach wegen Sexualdelikten vorbestrafter Mann hatte die Schülerin fünf Wochen lang gefangen gehalten und sexuell misshandelt.

In einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Fernsehsenders RTL sprachen sich 89 Prozent dafür aus, dass sich aus der Haft entlassene Sexualstraftäter bei der Polizei registrieren lassen und jeden Umzug sofort melden müssen. 77 Prozent der Bundesbürger befürworten demnach auch, dass die Einwohnermeldeämter wissen, wo in ihrer Gemeinde strafentlassene Sexualtäter wohnen.

Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums wies darauf hin, dass bereits nach geltendem Recht die lokale Polizei über den Zuzug eines verurteilten Sexualstraftäters informiert werden könne. Die Länder müssten nur von der Möglichkeit Gebrauch machen.

Im Fall Stephanie ist die Polizei nach Ansicht des sächsischen Bundes Deutscher Kriminalbeamter durch den Datenschutz behindert worden. Der Landesvorsitzende Uwe Baumert sagte am Sonntag, die Polizei habe keinen Zugriff auf Daten der Justiz, und auch der Abgleich von Daten mit den Einwohnermeldeämtern sei strengen Kriterien und Barrieren unterworfen. Der Wohnortwechsel vorbestrafter Sexualtäter müsse extra bei Meldeämtern abgefragt werden. Beckstein sagte, er lasse „prüfen, ob erweiterte Informationsmöglichkeiten an die Öffentlichkeit über Wiederholungs-Sexualstraftäter bei uns rechtlich zulässig und zum Schutze von Kindern zweckmäßig“ seien. Der CSU-Politiker forderte zudem, es müsse künftig auch eine Straftat sein, wenn Sexualstraftäter nach der Haft behördliche Auflagen wie Kontaktverbote mit unter 16-jährigen Mädchen nicht einhalten. Außerdem müsse es möglich sein, Sexualverbrecher auch ohne konkreten Tatverdacht zu überwachen.

Nach Angaben des Sprechers des Justizministeriums wird die große Koalition demnächst einen Gesetzentwurf zur Reform der Führungsaufsicht vorlegen. Danach sei auch die Möglichkeit vorgesehen, aus der Haft entlassenen Straftätern ein Kontaktverbot zu Minderjährigen aufzuerlegen. Auch zu einer nachträglichen Sicherungsverwahrung für nach dem Jugendstrafrecht Verurteilte werde ein Gesetzentwurf bis zur Sommerpause vorbereitet.

Nach Ansicht des sächsischen Bunds Deutscher Kriminalbeamter wurden die Ermittlungen durch den Datenschutz behindert. „Datenschutz ist Täterschutz“, sagte der Landesvorsitzende Uwe Baumert. Probleme, die sich aus unterschiedlichen Datensystemen und Datenschutzbestimmungen ergeben, würden nun den Beamten in die Schuhe geschoben. Der Wohnortwechsel vorbestrafter Sexualtäter müsse extra bei Meldeämtern abgefragt werden. Die Spurensuche im Fall Stephanie ist am Wochenende fast vollständig abgeschlossen worden, teilte die Polizei mit. dpa

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