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© dpa

Popwelt: Neue Kids, alte Hits

Nach 14 Jahren Pause strebt die gealterte Boyband New Kids on the Block zurück ins Rampenlicht. Brauchen sie Geld? Suchen sie Beifall? Und wer soll ihnen zuuhören?

In den neunziger Jahren sorgten fünf sehr junge Männer für Furore. Sie trugen viel zu helle Moonwash-Jeans, Buttons an der Lederjacke und turmhoch gesprühte Betonfrisuren. Die New Kids on the Block – abgekürzt: NKOTB – aus Boston waren die erste moderne Boyband der Welt. Sie taugten als Vorbilder für Bands wie Take That, East 17, die Backstreet Boys oder Caught in the Act. Nun kommen sie zurück. Die Plattenfirma Universal hat die heute um die 40-jährigen Bandmitglieder unter Vertrag genommen. Anfang Juni soll das neue Album der gealterten Boyband erscheinen, wie es heißt, sei allerdings noch nicht klar. Genauso rätselhaft ist, warum es nach fast 15 Jahren Stillstand überhaupt zu einer Wiedervereinigung von Joey McIntyre, Jordan Knight, Donnie Wahlberg, Jonathan Knight und Danny Wood kommt. Brauchen die Männer Geld? Oder ist es einfach der Hunger nach Anerkennung, der die Band zurück ins Showbusiness treibt?

Wer möchte die ehemalige Teenie-Band hören? „Wir werden auf jeden Fall die alten Hits spielen“, sagte Sänger Donnie Wahlberg der Zeitung „Boston Herald“. Ihrem Stil wollen sie treu bleiben. „Wir wollen nicht so tun, als seien wir jemand anderes“, sagte Wahlberg. „Wir machen kein Country, keinen Rap, kein Heavy Metal. Wir bleiben, wer wir sind.“

Dass es schwierig ist, sowohl die Fans von früher als auch die Teenager von heute anzusprechen, zeigen die eher lahmen und beinahe unbemerkten Comebackversuche von Bands wie den Spice Girls, den Backstreet Boys oder den No Angels. So wollte bei Konzerten der Backstreet Boys keine rechte Stimmung aufkommen, es fehle die Authentizität klagte manch ein Besucher. Die Breakdance-Einlagen, die bei einem 16-Jährigen geschmeidig aussehen, wirken bei alternden Musikern eher bemüht. Bei Take That aus England klappte das Comeback. Kaum einer glaubte an Erfolg, als sie vor knapp zwei Jahren ihr Comeback verkündeten. Doch ihr Album „Beautiful World“ kletterte an die Spitze der deutschen und englischen Charts, die Konzerttournee war ausverkauft und das, obwohl – oder weil – Superstar Robbie Williams fehlte.

Trotzdem ist fraglich, ob New Kids on the Block an ihren alten Erfolg anknüpfen können. Die Erwartungen sind noch höher als bei Take That. Auch, weil die Band international erfolgreicher war. NKOTB, das war ein Pop-Phänomen, mit Nummer eins Hits, Platinauszeichnungen, über 50 Millionen verkauften Platten, Konzerten vor 75 000 Menschen und 30 000 Liebesbriefen am Tag. NKOTB erfüllten eine Sehnsucht. Sie ließen Mädchen träumen von Milchshake-Dates und verzweifeln, weil in der Schulklasse kein einziger Junge so aussah wie Joey oder tanzen konnte wie Donnie. Die fünf Jungs in Lederjacke und Latzhose tanzten in bunten MTV-Videos, zeigten, dass sie sich synchron bewegen können und sangen dazu „Step by Step“. Und tausende Mädchen überall auf der Welt machten es ihnen nach und schrieen „Uhhhhh Baby“ zurück. Sie tapezierten ihre Zimmer mit den jungen Gesichtern der Bandmitglieder und sparten ihr Taschengeld, um sich die neueste Single zu kaufen, die „Please don’t go girl“ oder „Tonight“ hieß. Bei Konzerten der Band war vor lauter Gekreische kein Lied mehr zu hören, es fielen so viele Mädchen in Ohnmacht wie seit den Beatles nicht und nach den Auftritten wurde stundenlang auf Autogramme gewartet und vor Hotels gezeltet. Musikjournalisten lästerten erwartungsgemäß über die Eunuchen-Stimmen der Sänger, für sie waren NKOTB kommerziell.

Den Fans aber ging es um die Hoffnung, sich endlich richtig zu verknallen und um das Verbundenheitsgefühl, wenn einem die Freundin mit verschworenem Blick die Sticker Karte von Jordan zuschob, die einem noch fehlte im Fanheft. Als sich die Band 1994 trennte, wurden Sorgentelefone eingerichtet.

Die Bandmitglieder wurden derweil Immobilienmakler, mehr oder weniger erfolgreiche Schauspieler und Väter. Als die Internetseite von „People“ das geplante Comeback vermeldete, stürzte auch gleich die Homepage der Band wegen Überlastung ein. Hysterie – was für ein Glück – wird es immer geben.

Yoko Rückerl

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