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Privatsphäre: Google im Straßenkampf

Die Schaukel im Garten oder der Grillabend im Hof sind zur quasi öffentlichen Veranstaltung avanciert - nicht zuletzt dank Google Maps. Aber ist die Ansicht eines Gebäudes schon ein Eingriff in die Privatsphäre?

In einem Einkaufszentrum stieß der spätere Kläger zu seinem großen Erstaunen auf das Foto: Auf 20 mal 30 Zentimetern lag da, an einem Verkaufsstand, ein Bild, das unter anderem sein Haus mitsamt dazugehörigem Grundstück zeigte. Abzüge könnten übrigens auch im Format 50 mal 70 Zentimenter bestellt werden, erfuhr der Mann. Einen Abzug wollte er jedoch ganz gewiss nicht. Vielmehr verlangte er vom Verkäufer erstens, das Bild aus dem Verkauf zu ziehen und zweitens von ihm zu erfahren, an wen das Bild denn schon verkauft worden war. Auch wenn auf der Luftbildaufnahme keine Personen zu sehen waren, der Straßenname immerhin war erkennbar. Doch der Verkäufer des Bildes hatte kein Einsehen, also ging der Fall vor Gericht. Das Amtsgericht gab dem Kläger in einem am Montag veröffentlichten Urteil allerdings nicht recht. Zwar stelle eine solche Aufnahme einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht dar – in dem Fall aber keinen rechtswidrigen.

Erhebung, Verkauf und Nutzung von Geodaten gewinnen immens an Bedeutung. Nicht erst seit Google Earth finden sich die Bilder insbesondere im Internet. Auf solchen Aufnahmen sind die vor den Häusern geparkten Autos gar nicht so schlecht zu erkennen. Die Schaukel im Garten oder der Grillabend im Hof sind zur quasi öffentlichen Veranstaltung avanciert. Nutzbar gemachte Rückschlüsse auf Lebensumstände und Alltag der Bewohner sind unliebsame Begleitumstände dieser abgelichteten Welt. Und eine Handhabe gegen die Satellitenbilder haben Bewohner und Besitzer kaum. Doch spätestens seit Google jetzt sein Projekt „Street View“ auf den Weg gebracht hat, ringen die Datenschutzexperten in Deutschland mit dem Internetriesen (wie mit anderen Firmen) wenigstens um Minimalregeln im Umgang mit den Bildern.

Straße für Straße will Google für Street View in Deutschland abfahren und Panoramabilder der Häuserfronten aufnehmen. Street View ist eine Funktion von Google Maps. Sie soll es ermöglichen, so Googles Eigenwerbung, „Städte auf der ganzen Welt im Internet zu besichtigen“. Ob die Restaurantmarkise oder die Parkbank , auf die Details kommt es an. Noch ist Street View in Deutschland nicht gestartet. Denn auch wenn Deutschland nur eines von vielen Ländern ist, in denen Google das Projekt realisiert – in kaum einem anderen Land wird Street View solcher Widerstand entgegengesetzt.

Um hier überhaupt an den Start gehen zu können, entwickelt die Firma in den USA derzeit ein spezielles Programm für Deutschland, mithilfe dessen Bewohner und Besitzer vor der Veröffentlichung einer Hausansicht Widerspruch einlegen können, als Funktion in Street View. „Deutsche Nutzer“, verspricht Google im Netz, „werden auf jeden Fall ausreichend Zeit erhalten, dieses neue Tool noch vor der Veröffentlichung von Bildmaterial anzuwenden.“

Seit Sommer 2008 haben die im Düsseldorfer Kreis zusammengeschlossenen deutschen Datenschützer mit Google verhandelt und dem Unternehmen dann einen Forderungskatalog unterbreitet. In einer Selbstverpflichtung verspricht Google nun nicht nur die Verpixelung von Gesichtern und KFZ- Kennzeichen sowie die Möglichkeit des Vorab-Widerspruchs gegen die Veröffentlichung von Bildern einer exakten Adresse. Der Internet-Riese hat auch die Löschung der Rohdaten bei Widerspruch und den Widerspruch nach Veröffentlichung zugesagt. „Es wird sich zeigen, ob die Selbstverpflichtung eingehalten wird“, beschreibt der Leiter des Datenschutzzentrums in Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, die unter Datenschutzexperten verbreitete Skepsis. „Ob Google die Herausforderungen besteht“, formuliert es der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar, „werden die nächsten Monate zeigen.“

Jenseits von Street View dringen Datenschützer darauf, dass bei öffentlichen Geodaten generell ein Pixel nicht weniger als 40 Zentimeter abbilden soll. Bei einem Fahrzeug hieße das, man erkennt die Farbe aber nicht die Marke. Die Gespräche mit den Firmen über diese Mindeststandards sind jedoch noch ganz am Anfang.

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