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Proteste in Athen: Die Griechen sind in Wut entbrannt

Die Feuer sind unter Kontrolle. Aber die Regierung ist unter Druck. Und deshalb verteilt sie ohne Prüfung Geld

Die Waldbrände in Griechenland sind am Donnerstag unter Kontrolle gebracht und fast vollständig gelöscht worden. Die Waldbrandgefahr bleibe jedoch hoch, besonders in den Gebirgsregionen im Westen der Halbinsel Peloponnes, teilte die Feuerwehr mit. Ministerpräsident Karamanlis kündigte gestern an, der Staat werde für den Wiederaufbau der mehr als 110 zerstörten Dörfer in voller Höhe aufkommen. Bisher war nur von Zuschüssen und günstigen Krediten die Rede gewesen. In der Krisenregion gab es gestern großes Chaos bei der Auszahlung von Hilfsgeldern. Vor den Bankfilialen herrschte großes Gedränge und heilloses Durcheinander. Jeder Obdachlose erhält als Soforthilfe 3000 Euro, für jedes unbewohnbar gewordene Haus gibt es 10000 Euro. Das Geld wird völlig unbürokratisch und ohne jede Prüfung gegen Vorlage eines Ausweises und einer Eidesstattlichen Erklärung ausgezahlt.

Dabei kommt es aber offenbar zu erheblichen Unregelmäßigkeiten. Augenzeugen berichteten, viele Menschen seien nacheinander zu mehreren Banken gegangen, um sich das Geld mehrfach auszahlen zu lassen. In anderen Fällen scheinen Menschen aus anderen Landesteilen anzureisen, um sich als Geschädigte auszugeben: „Ich lebe hier seit 50 Jahren“, sagte ein Mann im Fernsehen, „jetzt sehe ich auf der Bank fast nur Unbekannte“. Die Regierung war vor ihrem Geldregen, den sie über den Menschen niedergehen lässt, stark unter Druck geraten, weil sie zu wenig getan hatte. Am Mittwochabend demonstrierten über 10 000 Menschen mit einem Schweigemarsch zum Athener Parlament gegen das Krisenmanagement der konservativen Regierung, aber auch gegen jahrzehntelange Versäumnisse beim Schutz der Wälder. Das Motto des Protests: „Stummer Zorn, ohrenbetäubendes Schweigen“. Viele Demonstranten warfen der Regierung und ihren Vorgängerinnen vor, sie gehe nicht hart genug gegen die Grundstücksspekulanten vor, die hinter vielen der Brände vermutet werden. Am Rande der Demonstration kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen.

Unklar ist, wie sich die öffentliche Empörung über die offenkundigen Probleme bei der Brandbekämpfung auf das Ergebnis der Parlamentswahl am 16. September auswirken werden. Die sozialistische Opposition scheint nicht sonderlich von der Stimmung zu profitieren: in einer Umfrage äußerten 55 Prozent die Ansicht, die Sozialisten hätten die gleichen Organisationsprobleme bei der Bewältigung der Katastrophe gehabt, wenn sie an der Regierung gewesen wären. Eine Meinungsumfrage sieht die regierenden Konservativen mit 3,5 Prozentpunkten vor den Sozialisten, registriert aber einen starken Anstieg der unentschlossenen Wähler.

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