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Hakenkreuzfall

© dpa

Prozess: Der Hakenkreuzfall von Mittweida vor Gericht

Neonazis hätten ihr ein Hakenkreuz in die Hüfte geritzt, als sie einem Aussiedlerkind helfen wollte. So lautete die Version der heute 18-jährigen Rebecca K. Kurze Zeit wurde sie als Heldin gefeiert. Nun wurde das Urteil im Hakenkreuzfall von Mittweida gesprochen.

Im sogenannten Hakenkreuz-Fall von Mittweida ist die 18-jährige Angeklagte wegen Vortäuschens eines Neonazi-Überfalls zu 40 Arbeitsstunden verurteilt worden. Die junge Frau hatte behauptet, vier Neonazis hätten ihr im November 2007 ein Hakenkreuz in die Hüfte geritzt, als sie ein Aussiedlerkind vor Misshandlungen der Männer schützen wollte. Nach Anhörung von 22 Zeugen und zwei Sachverständigen kam das Amtsgericht Hainichen am Freitag in nichtöffentlicher Verhandlung zu dem Schluss, dass sich die junge Frau die Verletzung selbst beigebracht habe. Der Staatsanwalt hatte eine Verwarnung und 100 Arbeitsstunden gefordert, der Verteidiger Freispruch.

Der Fall hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Die Stadt Mittweida stand, auch weil angeblich zahlreiche Anwohner dem Vorfall vom Balkon tatenlos zugesehen haben sollen, als Nazi-Stadt da. Die Ermittler hatten der jungen Frau zunächst geglaubt. Ein erstes rechtsmedizinisches Gutachten schloss eine Verletzung durch Fremde nicht aus. Trotz persönlicher Aufforderung und einer Belohnung von 5000 Euro fanden sich jedoch keine Zeugen. Ein zweiter Gutachter stellte fest, dass die Frau sich das Hakenkreuz auch selbst eingeritzt haben konnte. Trotz bestehender Zweifel an dem Vorfall hatte das Berliner Bündnis für Demokratie und Toleranz der jungen Frau im Februar den Ehrenpreis für Zivilcourage verliehen. Bei der Übergabe ließ sich die heute 18-Jährige filmen und fotografieren.

Wollte sie ein Zeichen gegen Rechtsextremismus setzen?

"In dem Verfahren haben beide Seiten hart gekämpft", sagte Oberstaatsanwalt Bernd Vogel. Er hätte den Prozess gern verhindert. "Das wäre aber nur möglich gewesen, wenn die Angeklagte ein Geständnis abgelegt hätte." Vogel zufolge habe die Gesamtheit der Indizien gegen die junge Frau gesprochen. So hätten Zeugenaussagen ergeben, dass sich das angeblich beschützte fünfjährige Kind zum Tatzeitpunkt gar nicht in dem Ort aufgehalten habe. Möglicherweise wollte die junge Frau mit dem beschriebenen Vorfall ein Zeichen gegen Rechtsextremismus in ihrer Stadt setzen.

Verteidiger Axel Schweppe äußerte sich enttäuscht. Nach seiner Ansicht wurde ein Großteil der Indizien widerlegt. Er kündigte an, in Berufung gehen zu wollen. (bai/dpa)

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