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Prozess: Gutachter: Mit gesundem Herzen hätte Brunner überlebt

Im Prozess um die tödliche Prügelattacke in München hat ein Gutachter die Brutalität der Schläge betont. Seinen Angaben zufolge hätte Dominik Brunner den Angriff mit einem gesunden Herzen jedoch überlebt.

Hätte Dominik Brunner die Schlägerei mit Markus S. und Sebastian L. überlebt, wenn er nicht herzkrank gewesen wäre? „Ja“, sagte Wolfgang Keil, Rechtsmediziner, gestern vor der Jugendkammer des Münchner Landgerichts, „Brunner hätte überlebt.“ Und das, obwohl Keil das Bild einer äußerst brutalen Auseinandersetzung zeichnete. Der massive Kopftritt, der Brunner traf, habe „wie durch ein Wunder“ nicht zu inneren Verletzungen an Kopf und Gehirn geführt. „Vom Angriff her“, betonte Keil allerdings, „hat Lebensgefahr bestanden.“ Der Experte konnte neunzehn Schläge und drei Tritte nachweisen, alle „mit größter Kraft und hoher Intensität“ gesetzt, ein Tritt traf die Schläfe, ein anderer löste im Bauch des Opfers eine Blutung aus. Großer Stress für den 50-jährigen Manager, der sich offenbar bei bester Gesundheit wähnte, aber unter einer erworbenen Herzvergrößerung litt. Elisabeth P., Ärztin, 50, mit der er bis 2005 vierzehn Jahre zusammen war und auch die Nacht vor der Tat verbrachte, hatte am Vortag bestätigt, dass Brunner von keiner Herzkrankheit wusste und insgesamt „sehr fit“ gewesen sei. Claudia M., die 30-jährige blonde Freundin, mit der Brunner seit Frühling 2009 zusammenwohnte, erinnerte sich zwar, dass der Geschäftsmann unter einem unbehandelbaren Tinnitus litt, betonte aber ebenfalls seine Fitness und Sportlichkeit.

In Wirklichkeit hat das Herz des in seiner Arbeit stark beanspruchten Geschäftsmanns bei der Obduktion 538 Gramm gewogen, normal wären 300 bis 350 Gramm gewesen. Ein unerkannter Bluthochdruck sei die häufigste Ursache für eine derartige erworbene Vergrößerung, sagte Keil – an Bluthochdruck leiden deutschlandweit 16 Millionen Menschen, acht Millionen wie Brunner ohne eigenes Wissen. Mit hochgradigen Erregungszuständen wird ein durch Bluthochdruck derart vorbelastetes Herz nicht fertig. Brunner, so Keil, habe während der 66 Sekunden des Kampfes unter erheblichem physischen und psychischen Stress und starken Schmerzen gelitten, was zu einer vermehrten Adrenalinausschüttung führte. Das Adrenalin löste Extraherzschläge aus, ein Kammerflimmern entstand. Letztlich starb der durchtrainierte Mann, der über zwei Stunden lang reanimiert wurde, an einem Herzstillstand. Alle übrigen Verletzungen, auch mehrere Rippenbrüche, seien auf die Stürze, die vergeblichen Reanimierungsversuche und den Abtransport zurückzuführen.

Die andere wichtige Frage, zu der Keil gestern vor dem Landgericht Stellung nahm, war die zu dem Einfluss von Alkohol und Drogen auf die Steuerungsfähigkeit der Täter. Für die Verteidigung von Markus S. und Sebastian L. ist von höchster Bedeutung, ob ihre Mandanten im Tatverlauf voll zurechnungsfähig waren oder Markus S. in einer Art alkoholisiertem Blutrausch die Kontrolle über sich selbst verlor. Der Rechtsmediziner kam zu dem Schluss, dass bei beiden Tätern „keinerlei Einbuße der Steuerungsfähigkeit“ vorlag.

Monika Goetsch

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