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Prozess in Türkei: Ali K. bestreitet Mord an Kardelen

Der Angeklagte im Fall der ermordeten Kardelen aus Paderborn hat vor einem türkischen Schwurgericht die Tat bestritten. Zum Auftakt seines Prozesses sagte der 29-jährige Ali K., sein Schwiegervater habe das Mädchen getötet.

Weißes Hemd, schwarze Anzugjacke – so trat Ali K. am Freitag im westtürkischen Söke vor seinen Richter. Der 29-jährige Türke soll im Januar in Paderborn die achtjährige Kardelen, ein Kind aus der Nachbarschaft, vergewaltigt und ermordet haben. Kurz nach der Tat war K. in die Türkei gereist, wo er im Februar festgenommen wurde. Damals wies er alle Vorwürfe zurück, und auch am Freitag war das nicht anders. Vor dem Schwurgericht in Söke beschuldigte K. seinen Schwiegervater Kadir Ayaz - jenen Mann, der nach eigenen Angaben im Februar für die Festnahme des Mordverdächtigen gesorgt hatte.

K. war nach seiner Verhaftung im westtürkischen Didim zunächst ins Gefängnis von Söke gebracht worden, weshalb dort auch der Prozess gegen ihn anberaumt wurde. Inzwischen sitzt er im etwa 100 Kilometer weiter östlich gelegenen Nazilli in Untersuchungshaft.

K. präsentierte am Freitag eine ganz neue Version der Ereignisse vom Januar. Demnach kehrte er selbst vom Einkaufen nach Hause zurück und fand seinen Schwiegervater vor, der halbnackt die kleine Kardelen würgte. Er habe noch vesucht, das Mädchen zu retten, doch es sei zu spät gewesen. Ayaz habe ihn gezwungen, ihm zu helfen: Weigere er sich, werde er ihm seine Frau wegnehmen, habe er gesagt.

Seine Ehefrau Zehra habe dabei geholfen, die Spuren des Mordes zu verwischen, sagte K. weiter. Sie hätten die Leiche des Kindes in der Badewanne ihres Hauses gewaschen und anschließend in einen Koffer gepackt. Zehra habe anschließend das Haus gesäubert. Dann sei er mit seiner Frau zum Möhnesee gefahren, wo sie die Leiche ausgeladen hätten. Am Tag darauf will K. von seinem Schwiegervater zweitausend Euro und den Befehl erhalten haben, sich in die Türkei abzusetzen.

Auch dass DNA-Spuren ihn als dringend tatverdächtig erscheinen lassen, lässt K. nicht gelten. „Ich habe nur die Leiche getragen“, sagte er. Getötet habe er das Mädchen aber nicht. Der Richter ließ Zweifel an dem Bericht des Angeklagten erkennen. Warum er all das denn nicht bei seiner Festnahme erzählt habe, wollte er von K. wissen. „Mein Schwiegervater hat mich bedroht“, kam die Antwort.

Die Familie von Kardelen, die am Freitag in die Westtürkei gekommen war um bei dem Prozess dabei zu sein, ist von K.’s Aussage ebenfalls unbeeindruckt. „Ich will, dass der Mörder meines Kindes die schwerste Strafe erhält, die es gibt,“ sagte Kardelens Mutter Döndü Kirac. Vater Yasin Kirac nannte K. eine verabscheuungswürdige „Kreatur“. Nach Angaben aus ihrer Umgebung befinden sich die Eltern von Kardelen nach wie vor in psychologischer Behandlung.

Die Verwandschaft des Mordopfers zeigte sich zu Prozessauftakt zufrieden darüber, dass K. in der Türkei vor Gericht gestellt wird. „Die Eltern gehen davon aus, dass er in Deutschland keine so schwere Strafe erhalten hätte wie in der Türkei“, sagte ein Familienmitglied. Nach türkischem Recht muss K. mit lebenslanger Haft ohne Aussicht auf vorzeitige Haftentlassung rechnen.

In der türkischen Öffentlichkeit kann K. allerdings nicht auf viel Verständnis hoffen, weil er auch ohne Verurteilung bereits als Kindermörder gilt. Selbst die eigene Verwandschaft scheint sich von ihm zu distanzieren: Kein einziges Familienmitglied von K. sei am Freitag im Gericht gewesen, berichteten türkische Medien.

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