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Prozess: Lebenslange Haft im "Todespflegerprozess" gefordert

Die Anklagebehörde hält den 27-jährigen Pfleger des Mordes in 13 Fällen, des Totschlags in 14 Fällen, einer Tötung auf Verlangen, des versuchten Totschlags und der gefährlichen Körperverletzung für schuldig.

Kempten - In seinem Plädoyer beantragte der Staatsanwalt vor dem Landgericht Kempten außerdem, in jedem der 27 Mord- und Totschlagfälle eine besondere Schwere der Schuld festzustellen, um eine vorzeitige Haftentlassung auszuschließen.

Der frühere Krankenpfleger soll seine Opfer im Sonthofener Krankenhaus zwischen Februar 2003 und Juli 2004 mit Medikamenten vergiftet haben. 14 Tötungen wertete der Staatsanwalt als Totschlag. In diesen Fällen könne nicht widerlegt werden, dass der Angeklagte aus Mitleid gehandelt habe, um den Schwerstkranken im Sinne der aktiven Sterbehilfe ein unerträgliches Leid zu ersparen. Allerdings wiege jede einzelne Tötung sowie das Verhalten des Angeklagten vor und nach jeder Tat so schwer, dass der übliche Strafrahmen, der bei Totschlag 5 bis 15 Jahre umfasse, ausgeweitet werden müsse. Für diese Ausnahmefälle sei jeweils eine lebenslange Freiheitsstrafe angemessen, argumentierte der Anklagevertreter.

13 Opfer waren auf dem Weg der Genesung

In 13 Fällen seien die Opfer jedoch keineswegs schwerstkrank, sondern auf dem Weg der Besserung gewesen. Einige von ihnen hätten sogar bald aus dem Krankenhaus entlassen werden sollen. Deshalb seien diese Taten nicht nur heimtückisch verübt worden, sondern auch aus niederen Beweggründen. Für Mitleid habe es keine objektiv nachvollziehbaren Gründe gegeben. Eine selbstherrliche Entscheidung über Leben und Tod der Patienten sei nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs ein niederer Beweggrund und somit ein Tatbestandsmerkmal des Mordes, betonte der Staatsanwalt.

In einem weiteren angeklagten Fall beantragte er Freispruch. Die 82 Jahre alte Patientin habe unter so gravierenden Herzrhythmusstörungen gelitten, dass sie auch eines natürlichen Todes gestorben sein könnte, wenngleich bei der Obduktion Spuren jener Medikamente gefunden worden seien, die der Krankenpfleger in anderen Fällen zur Tötung verwendet habe. Auch im Fall einer jungen Bundeswehrsoldatin, die behauptet hatte, der Krankenpfleger habe sie mit einer Spritze in die Bewusstlosigkeit versetzt, beantragte die Anklagebehörde Freispruch.

In einem weiteren Fall folgte der Staatsanwalt einem früheren Geständnis des Krankenpflegers, der versichert hatte, eine schwerstkranke Patientin habe ihn um die Todesspritze geben. Dies sei als Tötung auf Verlangen einzustufen. Wegen mehrerer Diebstähle in verschiedenen Krankenhäusern sei der Angeklagte darüber hinaus zu einer Geldstrafe zu verurteilen. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft sollte dem Angeklagten neben einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld ein lebenslanges Berufsverbot auferlegt werden.

Nach den Plädoyers von Nebenklägern und Verteidigern wird mit dem Urteil für den 6. November gerechnet. (tso/ddp)

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