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Prozessauftakt: 46-jähriger Familienvater gesteht mehr als 1000 Sexdelikte

Wegen versuchter und tatsächlich begangener Vergewaltigung in neun Fällen steht ein Familienvater aus der Eifel vor Gericht. Außerdem soll er sich mit miesen Tricks in tausend Fällen Befriedigung verschafft haben. Ein Gutachter spricht von Sexsucht.

Er wird als unauffälliger Nachbar beschrieben, doch das psychiatrische Gutachten offenbart Abgründe. Der 46-jährige Familienvater aus Altenahr in der Eifel ist nach eigenem Geständnis über 15 Jahre hinweg in Deutschland, Holland und Belgien in Wohnungen eingedrungen und über Frauen hergefallen. Um sich sexuelle Befriedigung zu verschaffen, hatte er zudem an rund tausend Haustüren geklingelt, eine Behinderung vorgetäuscht und um Hilfe beim Pinkeln gebeten. Wegen versuchter und tatsächlicher Vergewaltigung in neun Fällen muss sich der Mann seit Montag vor dem Düsseldorfer Landgericht verantworten. Im Oktober soll das Urteil fallen.

Den Kopf leicht gesenkt, die Augen irgendwo nach oben gerichtet - so folgt der 46-Jährige den Ausführungen des psychiatrischen Gutachters. Die Persönlichkeit des Angeklagten sei nicht ausgereift, heißt es. Er sei ein Narziss, um den sich immer alles drehen müsse, sagt der Gutachter über den Schlosser, der zuvor unter Tränen seine Taten gestanden hatte.

Der Psychiater beschreibt den Angeklagten aber nicht als Bösewicht. "Es sind aus meiner Einschätzung echte Tränen", sagt er über das Geständnis. Der Angeklagte habe ein gesteigertes sexuelles Verlangen, sagt der Gutachter und empfiehlt die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Eine anschließende Sicherungsverwahrung sei nicht nötig.

"Wenn jemand unter seiner eigenen Sexsucht leidet, dann ist das therapierbar", erläutert der Psychiater. Der Angeklagte sei sogar froh gewesen, als mit Hilfe der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst" nach ihm gefahndet wurde.

Über 15 Jahre hinweg soll der Familienvater sein Unwesen in Deutschland, Belgien und Holland getrieben haben. Verhandelt werden fünf Vergewaltigungen und vier Versuche zwischen 1998 und Februar 2010 in Köln, Bonn, Düsseldorf und Aachen. Der Mann soll aber auch in Belgien Frauen vergewaltigt haben.

Dazu sei er nachts maskiert mit einem Nylon-Strumpf seiner Frau und mit einem Messer bewaffnet in Erdgeschosswohnungen eingedrungen, sagte eine als Zeugin geladene Vernehmungsbeamtin. Auch Studentenwohnheime gehörten zu den bevorzugten Zielen. Die meist schlafenden Opfer bedrohte der Mann laut Anklage mit dem Messer, einige Male flüchtete er bei Gegenwehr. In einem Fall kam es zu einem Gerangel mit dem gerade nach Hause zurückgekehrten Ehemann eines Opfers. Der Angreifer habe dem Ehemann gedroht, ihn "abzustechen", und sei geflüchtet. Gewalt war aber die Ausnahme, wie der Gutachter erläuterte.

Sexuelle Befriedigung verschaffte sich der Angeklagte denn auch überwiegend mit Tricks, die nicht strafbar sind, die aber ebenfalls immer wieder im Prozess zur Sprache kommen. Der Mann gab zu, sich mehr als tausendmal als vermeintlich Körperbehinderter mit einer "Mitleidsmasche" Frauen genähert zu haben. Dabei hatte er an Haustüren geklingelt, eine Armlähmung vorgetäuscht und darum gebeten, die Toilette benutzen zu dürfen. In bis zu 400 Fällen hätten ihn die Frauen auch in die Wohnung gelassen. Dort habe er einige überreden können, ihn sexuell zu befriedigen. Laut Gericht fallen diese Taten in einen nicht strafbaren "Grenzbereich".

Der "größte Kick" sei es für den Angeklagten gewesen, wenn er mit seiner Mitleidsmasche "intelligente Frauen" zu sexuellen Handlungen habe überreden können, sagte die Vernehmungsbeamtin. Der Angeklagte habe eine Lese- und Schreibschwäche. Seiner Frau und den Kindern habe er sich immer unterlegen gefühlt. Von einer "ausgeprägten Minderwertigkeitsproblematik" sprach auch der Gutachter. Der Angeklagte verfüge nicht über eine ausgereifte Persönlichkeit. (dpa)

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