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Panorama: Ranzig, muffig, alt und fremd

Bayern hat einen neuen Gammelfleischskandal. Verbraucherschützer und Politiker fordert jetzt noch strengere Gesetze – genützt hat es bisher nichts

Berlin - Den Kontrolleuren muss sich ein grauenhaftes Bild geboten haben, vom Geruch ganz zu schweigen. 17 von 20 Proben, die die Aufpasser in einem bayerischen Fleischgroßhändler untersuchten, schienen nach dem Auftauen grünlich oder Ekel erregend, beschreibe es am Freitag ein Sprecher der zuständigen Kreisverwaltung in München. Sie hätten „ranzig, muffig, alt und fremdartig“ gerochen.

Kein Wunder. Das Fleisch soll nach Erkenntnissen der Kontrolleure bereits vier Jahre jenseits des Haltbarkeitsdatums gewesen sein. Zu den Beständen – am Freitag wurden noch einmal 30 bis 40 Tonnen verdächtiges Entenfleisch sichergestellt, nachdem am Vortag schon zehn Tonnen beschlagnahmt worden waren – gehörten auch mehrere Döner-Spieße. Bisher ist nur bekannt, dass sie bundesweit und auch jenseits der Landesgrenzen verkauft und konsumiert worden sind. Ob auch ranziges Fleisch in Berliner Dönerbuden oder Asia-Stuben gelandet ist, darüber gibt es noch keine Auskunft.

Erst im vergangenen Jahr hatten mehrere Fleischskandale für Ekel gesorgt. Unter anderem waren bei einem Deggendorfer Fleischhändler teilweise faulige Fleischproben gefunden worden. Als Konsequenz hatte die Bundesregierung angekündigt, die Rechte für Verbraucher zu verbessern und das Verbraucherinformationsgesetz auf den Weg gebracht, dass am 22. September zur Abstimmung in den Bundesrat kommt. Verbraucherschützer halten das Gesetz aber für nicht ausreichend – und fordern Nachbesserungen.

„Seit dem letzten Gammelfleischskandal hat sich nichts geändert“, kritisierte Barbara Hohl von der Verbraucherrechtsorganisation Foodwatch. Das von der Koalition geplante Verbraucherinformationsgesetz werde künftige Skandale nicht verhindern, weil es in der vorliegenden Fassung wirkungslos sei, sagte Hohl. Die Verbraucherrechtler fordern den Bundesrat auf, dem Gesetz die Zustimmung zu verweigern. Foodwatch fordert stattdessen wirkungsvollere Strafen für Betrüger und mehr Transparenz. Wenn die Kontrollergebnisse veröffentlicht würden, könnten Händler sich selbst ein Bild machen, welche Lieferanten seriös seien und welche nicht, sagte sie.

Die frühere Grünen-Verbraucherschutzministerin Renate Künast forderte eine rückhaltlose Aufklärung des Gammelfleischskandals. „Es muss geklärt werden, wo und ob Kontrollen stattgefunden haben“, sagte sie am Freitag in Berlin. Bayern sei nicht das erste Mal ein „Ort von Skandalen“. Durch Stellenstreichungen in Bayern hätten die Lebensmittelkontrolleure offensichtlich nicht „die Finger hinreichend drauf gehabt“, sagte Künast. Die Frage müsse auch gestellt werden, was ihr Amtsnachfolger Horst Seehofer (CSU) getan habe, um solche Gammelfleischskandale zu verhindern. Künast nannte das von Seehofer vorgelegte Verbraucherinformationsschutzgesetz „sehr weich“.

Die Lebensmittelkontrolleure selbst sind skeptisch, das man unseriösen Fleischhändler mit Gesetzen besser auf die Schliche kommt. „Kriminelle Machenschaften kann man nicht verhindern“, sagte Robert Fischer, Chef der Bayerischen Lebensmittelkontrolleure „Da reagiert Kommissar Zufall.“pet/sib/raw

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