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Panorama: Raucherkrankheit: Atemlos in New York

Ausgerechnet eine überzeugte und kämpferische Nikotingegnerin gab jetzt bekannt, dass sie an einer Lungenkrankheit leidet, die in 90 Prozent der Fälle Raucher trifft: Das Model Christy Turlington leidet, wie sie den "New York Daily News" sagte, an einem Emphysem - einer Lungenüberblähung - im frühen Stadium. Diese Krankheit kann auch ehemalige Raucher heimsuchen.

Ausgerechnet eine überzeugte und kämpferische Nikotingegnerin gab jetzt bekannt, dass sie an einer Lungenkrankheit leidet, die in 90 Prozent der Fälle Raucher trifft: Das Model Christy Turlington leidet, wie sie den "New York Daily News" sagte, an einem Emphysem - einer Lungenüberblähung - im frühen Stadium. Diese Krankheit kann auch ehemalige Raucher heimsuchen.

Die öffentliche Bekanntmachung kann als Bestandteil der Überzeugungsarbeit gelten, die die 31jährige gegen das Zigarettenrauchen betreibt, seit ihr Vater vor drei Jahren an Lungenkrebs starb. Eigenen Bekenntnissen zufolge hatte Turlington seit ihrer Teenagerzeit stark geraucht und erst damit aufgehört, als ihr Vater erkrankte. Das Emphysem ist als typische Raucherkrankheit weit weniger im öffentlichen Bewusstsein verankert als der Lungenkrebs. "Ich bin erschrocken, dass das Rauchen dauerhafte Schäden in meinem Lungengewebe verursachte", sagte das Model jetzt der New Yorker Presse.

Der Schaden, den es dort anrichtet, besteht in einer Zerstörung von Lungengewebe. Durch Entzündungen, meist in Zusammenhang mit einer chronischen Bronchitis, sind die Bronchien ständig gereizt, die Schleimhaut schwillt an. Die Folge: Wände zwischen Lungenbläschen und elastische Fasern der kleinsten Bronchien werden zerstört, es entsteht eine Überblähung des Lungengewebes.

Die Lunge besteht aus einem Gerüst von Bronchien, Verzweigungen der Luftröhre, die sich weiter verzweigen und schließlich in Lungenbläschen übergehen. Diese Bläschen haben einen sehr engen Kontakt zu den Blutgefäßen und sind deshalb für den Sauerstoffaustausch ausschlaggebend. An Stelle vieler kleiner Lungenbläschen bilden sich beim Emphysem (griech. für "das Aufgeblasene") nun wenige große Blasen. Die Oberfläche, die für den Gasaustausch zur Verfügung steht, verringert sich, die Aufnahme von frischem Sauerstoff und die Abgabe von CO2 wird weniger effektiv. So kann es schon bei geringeren körperlichen Anstrengungen zu Atemnot kommen.

Auf die Dauer kann auch das Herz dadurch überfordert werden. Jede Erkältung, die andere locker wegstecken, kann für einen Emphysem-Patienten lebensbedrohlich werden. Atembeschwerden, bei manchen auch ein hartnäckiger Husten, führen die Betroffenen zum Arzt. Zigarettenrauch steht als Ursache dieser krankhaften Veränderung des Lungengewebes einsam an der Spitze. Aber auch Umweltbelastungen oder Infektionen können ihren Anteil haben.

Eine kleine Gruppe von Betroffenen erkrankt allerdings wegen eines angeborenen Mangels an bestimmten Enzymen. Dieser ausgesprochen seltene Alpha1-Proteinaseinhibitormangel führt dazu, dass andere Enzyme, die das Lungengewebe zerstören, keinen wirkungsvollen Gegenspieler haben. Die Störung der Enzym-Balance führt meist zur Erkrankung schon in jungen Jahren. Wenn Menschen, denen das Schutz-Enzym fehlt, zusätzlich noch rauchen, wird die Bildung eines Emphysems beschleunigt. Umgekehrt reicht der Verzicht auf die Zigarette aber meist aus, um den Verlauf zu stoppen, wie Wulf Pankow, Oberarzt in der Pneumologischen Abteilung des Berliner Krankenhauses Neukölln, betont.

Manchmal kann es aber auch nötig sein, einen staubbelasteten Arbeitsplatz zu wechseln. Wenn solche Veränderungen nicht ausreichen, können heute auch gentechnisch herstellte Proteinasehemmer als Medikamente eingesetzt werden. Es gibt, wie Lungenspezialist Pankow berichtete, auch schon Versuche, den Enzymmangel mit einer Gentherapie zu beheben.

Rückgängig machen kann man eine solche Aufblähung der Lunge generell nicht. Sauerstoffangereicherte Luft, spezielle Medikamente, wie sie zum Teil auch gegen Asthma angewandt werden, in schweren Fällen aber auch Operationen, bei denen überblähtes Lungengewebe entfernt wird, verschaffen Linderung. Mit dem Rauchen sofort aufzuhören, um zu retten, was zu retten ist, ist bei weitem die wichtigste Empfehlung. Wichtig ist aber auch der Schutz vor Infektionen der Luftwege und eine ausreichende Ernährung. Bei einem Viertel der Patienten mit Lungenemphysem und der chronischen, Lungengewebe zerstörenden Form der Bronchitis stellen die Ärzte Mangel- und Unterernährung fest. "Das Emphysem ist eine Massenerkrankung bei Rauchern im mittleren Lebensalter und weit häufiger als Lungenkrebs" sagt Pankow. In schweren Fällen führt es zu furchtbarer Atemnot.

Bei Christy Turlington soll die Überblähung früh entdeckt worden sein. Das ist, ebenso wie ihr junges Alter, für die Krankheit eher untypisch.

Adelheid Müller-Lissner

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