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© EFE

Rauchverbot in Spanien: Stunk in der Bodega

In Spanien wird trotz gesetzlichen Verbots munter weitergeraucht – jetzt will die Regierung durchgreifen.

Kneipenbummel in Spanien sorgen immer häufiger für Stunk. „Am Wochenende bin ich mit meinen Freunden abends durch einige Bars gezogen“, erzählt etwa Claudia aus Barcelona. Doch dicke Luft vermieste der jungen Frau die Feierlaune. Denn Spaniens Raucher ignorieren ziemlich ungerührt die Anti-Tabak-Kampagnen der sozialdemokratischen Regierung.

„Ich stank nicht nur entsetzlich nach Qualm, als ich nach Hause kam. Sondern mir brannten auch die Augen, der Hals tat weh, ich hatte Kopfschmerzen“, sagt Claudia. „Viele Raucher haben mir den Zigarettenqualm ohne Rücksicht ins Gesicht geblasen.“ Auch dort, wo Rauchen ausdrücklich verboten war, sei munter drauflosgepafft worden.

Das südeuropäische Königreich des Tabaks hat zwar bereits vor Jahren dem blauen Dunst den Kampf angesagt. Doch mit geringem Erfolg. Die Rauchergemeinde, die etwa 30 Prozent der Bevölkerung ausmacht und damit deutlich mehr Anhänger hat als etwa im Nachbarland Portugal, tut überwiegend weiter so, als sei das Rauchen eine Art Grundrecht – das in Spanien jedes Jahr 55 000 Menschen mit dem Leben bezahlen.

Nun will Spaniens sozialdemokratische Gesundheitsministerin Trinidad Jimenez die Schlupflöcher in dem am 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Anti-Tabak-Gesetz schließen, um die große Mehrheit der Nichtraucher besser zu schützen. Bisher durften sich Kneipen und Restaurants unter 100 Quadratmeter – darunter fallen die meisten Lokale – aussuchen, ob sie ihren Gästen die Glimmstängel erlauben oder verbieten. Gut 90 Prozent der kleinen Gaststätten brachten an der Tür das Schild „Rauchen erlaubt“ an.

Bald wird es wohl mit dieser Freiheit vorbei sein. Ministerin Jimenez will ein totales Rauchverbot „in allen öffentlichen Räumen“. Dann wäre Schluss mit dem Zigarettenqualm in den insgesamt 350 000 spanischen Bodegas und Speiselokalen sowie den großen Sälen, die bisher räumlich abgetrennte Rauchräume haben mussten. Am Arbeitsplatz, egal ob Büro oder Werkstatt, genauso wie in Amtsstuben oder öffentlichen Verkehrsmitteln waren Zigaretten auch bisher schon verboten.

Die Gesundheitsministerin sieht sich in ihrem Feldzug gegen den Qualm durch 70 Prozent der Spanier gestützt, welche Umfragen zufolge für ein völliges Verbot seien. „Fast alle bevorzugen es, qualmfreie Räume zu betreten“, sagt Jimenez. Vorbild sei Frankreich, wo bereits ein völliges Rauchverbot in der Gastronomie gelte. Wenn es keine Ausnahmen mehr gebe, sei dies auch leichter zu kontrollieren.

Die Proteste der Tabaklobby ließen nicht lange auf sich warten: Spaniens sozialdemokratischer Regierungschef José Luis Zapatero „verfolge die Raucher“, statt die schwere Wirtschaftskrise zu bekämpfen, erregte sich die konservative Oppositionspartei. Und der „Raucherclub für die Toleranz“ befürchtet „Probleme der öffentlichen Ordnung“, wenn alle Raucher sich vor der Kneipentür drängeln und dort zum Verkehrshindernis auf den Bürgersteigen werden. Doch Trinidad Jimenez lässt sich nicht beirren und verkündet: „Ich glaube, unsere Gesellschaft ist reif für ein Rauchverbot.“

Ralph Schulze[Madrid]

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