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Raumfahrt: Erste Operation in schwereloser Umgebung geplant

Es klingt haarsträubend, doch es birgt vermutlich ungeahnte Möglichkeiten für die Medizin: In einer Weltpremiere wollen drei französische Chirurgen am Mittwoch zum ersten Mal einen Menschen in der Schwerelosigkeit operieren.

Bordeaux - Zu diesem Zweck wird ein eigens hergestellter Operationsblock an Bord eines Flugzeugs installiert, das während eines dreistündigen Fluges sein Inneres in eine schwerelose Umgebung verwandeln kann. "Wir üben seit Februar - sowohl am Boden als auch in dem Flugzeug, im Kopf sind wir voll eingespielt", sagt Dominique Martin, Chef für plastische Chirurgie am Universitätskrankenhaus Bordeaux und Leiter der Mission.

Der Patient, der sich für diese Übung zur Verfügung stellt, ist ein Freiwilliger. Er will sich eine Fettgeschwulst am Unterarm entfernen lassen. Zu diesem Zweck wird er auf den Operationsblock geschnallt, die Ärzte tragen eine Art Geschirr, das mit Hilfe von Gurten und Karabinerhaken an Laufschienen an der Decke des Flugzeugs befestigt ist. Was das winzige chirurgische Besteck betrifft, so muss es jeweils auf starken Magneten neben dem festgebundenen Patienten abgelegt werden. Der Operationsblock mit integrierter Anästhesie- und Wiederbelebungsausrüstung wurde von einer Firma entwickelt, die eigentlich Fahrstühle herstellt.

Drei Chirurgen, zwei Anästhesisten und eine Reihe Fallschirmjäger nehmen an dem bahnbrechenden Experiment teil. Die Ergebnisse des Versuches sollen vor allem Möglichkeiten aufzeigen, Patienten auf langen Weltraumflügen zu operieren. Doch trotz dieses ehrgeizigen Ziels wachsen die Bäume nicht in den Himmel: "Eine Nierentransplantation werden wir in dieser Umgebung nicht hinbekommen", schränkt Anästhesist Laurent de Coninck ein, "zunächst werden wir nur Unfallchirurgie leisten können".

Rücktransport zu kostspielig

Dass diese sich früher oder später als notwendig erweist, steht für die Ärzte außer Zweifel. "Es sind schon über 400 Menschen ins All geflogen - und die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand dort oben verletzt, wird immer größer", erläutert Coninck. "Einen Verletzten zur Erde zurückzubringen ist für den Patienten eine Gefahr - und sehr viel kostspieliger, als wenn man ihn noch oben operieren könnte." Der Haken ist nur, dass nicht auf jeden Raumflug ein Chirurgenteam mitkommen kann - deshalb wollen die Ärzte jetzt die Telechirurgie fürs All entwickeln.

Auch deren Möglichkeiten werden bei dem Versuch am Mittwoch getestet. Ziel ist es, einen Operationsblock mit Roboter im Raumschiff zu installieren, der von einer Bodenstation aus dirigiert wird. Die Europäische Raumfahrt-Agentur Esa hat das Projekt schon akzeptiert - es soll auch zu Plänen beisteuern, in den nächsten 15 Jahren eine Station auf dem Mond einzurichten. Die Ärzte können sich auch die Anwendung ihrer Methode auf zukünftigen Langstreckenflügen zum Mars vorstellen. Bis die Menschheit soweit ist, kann die Technik aber auch auf der guten alten Erde Dienste leisten, wenn dort Extrembedingungen herrschen: Das kann bei Nordpol-Expeditionen der Fall sein oder bei verschütteten Erdbebenopfern. (Von Béatrice Le Bohec, AFP)

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