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Panorama: Recht & Steuern: Unterschätzte Pflichten

Jeder braucht sie, jeder hat sie: Versicherungen. Rund drei Viertel aller Deutschen zum Beispiel haben eine Hausratversicherung, zwei Drittel haben eine private Haftpflicht- und mindestens 60 Prozent eine Lebensversicherung.

Jeder braucht sie, jeder hat sie: Versicherungen. Rund drei Viertel aller Deutschen zum Beispiel haben eine Hausratversicherung, zwei Drittel haben eine private Haftpflicht- und mindestens 60 Prozent eine Lebensversicherung. Nun kommt es aber immer wieder vor, dass nach Eintritt eines Versicherungsfalls Versicherer eine Leistung ablehnen. Dabei berufen sie sich auf Pflichtverletzungen des Versicherungsnehmers. Und dazu zählt auch eine Pflicht, die häufig unterschätzt wird: Dem Versicherer müssen bei Abschluss des Vertrages alle Umstände mitgeteilt werden, die für dessen Entscheidung, den Vertrag abzuschließen, von Bedeutung sind.

In den Antragsformularen von Krankenversicherern wird der Versicherungsnehmer beispielsweise oft nach Beschwerden gefragt, die in den letzten fünf Jahren bestanden haben, und welche Ärzte er in dieser Zeit aufgesucht hat. In diesem Fall muss man sämtliche Beschwerden und Ärzte der letzten fünf Jahre auflisten, wenn man verhindern möchte, dass der Versicherer später, wenn der Versicherungsfall eintritt, die Leistung verweigert. Möchte etwa ein Versicherungsnehmer eine Krankenversicherung abschließen, muss er seine Rückenbeschwerden, den Hexenschuss, den häufigen Harndrang, Allergien, die psychotherapeutische Untersuchung sowie die chronischen Nasennebenhöhlenentzündungen angeben. Nicht mitteilen muss er Kopfschmerzen, Haarausfall oder Karies. Denn mit solchen Umständen muss der Versicherer rechnen.

Grundsätzlich kann der Versicherer bei unvollständigen oder fehlerhaften Angaben im Antragsformular vom Vertrag zurücktreten, er hat ein Leistungsverweigerungsrecht, während der Versicherungsnehmer bis zum Ende der vereinbarten Versicherungsperiode Prämien zahlt. Im schlimmsten Fall zahlt man jahrelang Prämien, bekommt im Schadensfall keine Leistung und nicht einmal die Prämien werden erstattet.

Aber auch nach Vertragsabschluss treffen den Versicherungsnehmer zahlreiche Anzeige- und Mitwirkungspflichten gegenüber dem Versicherer. Dazu gehören die Pflicht zur sofortigen Überweisung der ersten Prämie und zur unverzüglichen Anzeige des Versicherungsfalles. Die erste Prämie wird bei Vertragsabschluss fällig. Erst mit deren Zahlung entsteht Versicherungsschutz. Hatte der Versicherungsnehmer die Prämie noch nicht überwiesen und tritt der Versicherungsfall ein, so kann der Versicherer die Leistung ablehnen. Wird die Prämie nicht innerhalb von drei Monaten nach Vertragsabschluss gezahlt, geht das Gesetz von einem Rücktritt des Versicherers aus. Das beendete Versicherungsverhältnis kann dann auch nicht mehr durch Nachholung der Prämienzahlung wiederbelebt werden.

Wichtig ist ebenso, dass dem Versicherer der Versicherungsfall unverzüglich nach Eintritt mitgeteilt wird. Denn eine verzögerte Meldung führt zum Verlust des Versicherungsschutzes. Sendet ein Versicherungsnehmer beispielsweise das Schadensanzeigeformular für einen Sturmschaden erst zurück, nachdem die von ihm mit der Reparatur beauftragten Handwerker schon mehrere Tage tätig waren, muss der Versicherer nicht leisten. Trotz unterlassener Prämienzahlung und trotz verspäteter Anzeige des Versicherungsfalls ist der Versicherer jedoch zur Schadensregulierung verpflichtet, wenn er nicht über deren Rechtsfolgen belehrt hatte.

Ausnahmefälle

Ist das Antragsformular nicht sorgfältig ausgefüllt worden und tritt später der Versicherungsfall ein, so muss der Versicherer in bestimmten Fällen ausnahmsweise doch leisten: zum einen dann, wenn - wie so oft - der Versicherungsvertreter das Antragsformular ausgefüllt und bestimmte Fragen überhaupt nicht gestellt oder für den Versicherungsnehmer nur vereinfachend und sehr knapp beantwortet hat. Oder wenn der Versicherungsnehmer bei Vertragsabschluss noch keine Kenntnis von vorhandenen Beschwerden, zum Beispiel Bluthochdruck, hatte, sondern erst später hierüber durch einen Arzt erfuhr. Der Versicherer muss die vertragliche Leistung auch dann erbringen, wenn er nicht innerhalb eines Monats nach Kenntnis von den unrichtigen oder nicht erwähnten Angaben bei Vertragsabschluss vom Vertrag zurücktritt oder wenn diese Umstände keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls hatten.

Hat der Versicherer nach Eintritt des Schadensfalles die Regulierung endgültig abgelehnt und auf den Rechtsweg verwiesen, so muss man grundsätzlich binnen sechs Monaten den Anspruch auf die Versicherungsleistung vor Gericht einklagen - sonst geht der Anspruch für immer verloren.

Ruth Schultze-Zeu

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