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Reinhold Messner.

© dpa

Reinhold Messner: "6000 Meter schaffe ich noch gut"

Reinhold Messner liebt auch mit 67 ein „Leben am Limit“. Er kämpft für erneuerbare Energien, legt sich gern im Schlafsack in Höhlen - und kommt am 6. März zum Vortrag nach Berlin.

„Je älter ich werde, mit desto weniger Dingen kommen ich aus.“ Das sagt einer, der ohnehin damit berühmt geworden ist, dass er sich auf Notwendigste reduziert. Reinhold Messner, mit schier unfassbaren Naturerlebnissen gefüllte 67 Jahr alt, hat bisher mehr als 3500 Gipfel bestiegen, alle Achttausender ohne Sauerstoffmaske, er ist zu Fuß durch die größten Eis- und Sandwüsten der Welt wie die Antarktis und die Wüste Gobi. „Jetzt kann ich immer noch auf rund 6000 Meter rauf“, erzählte Messner in Italien dem Tagesspiegel am Telefon. „Und ich verbringe immer noch die gleiche Zeit wie früher draußen, schaue aber auch gern mal auf die Dolomiten hoch und rolle meinen Schlafsack dann in einer Höhle zum Übernachten aus.“ Er könne heute aber entspannter auch in einer Berghütte sitzen und die Gipfel einfach aus der Entfernung genießen. Der berühmteste Grenzgänger, Abenteurer und Bergsteiger der Jetztzeit erzählt von seinem „Leben am Limit“, von Expeditionen sowie von inneren und äußeren Kräften an seinem Vortragsabend „Leben am Limit“ am 6. März im Admiralpalast in Berlin. Und er hat so viel zu erzählen, 50 Bücher sind schon mit Lebensgeschichten gefüllt. Er ist Biobauer, betreibt fünf auch architektonisch anspruchsvolle „Messner Mountain Museums“ in Südtirol, engagiert sich gesellschaftlich. „Ich rede mit den Menschen lieber von Angesicht zu Angesicht, nicht steril übers Internet.“ Da geben sich auf Facebook inzwischen mehrere als Reinhold Messner aus, keiner ist der wahre, der hat da kein Profil.

Sein Profil schärft er anders, etwa mit seinem Einsatz für erneuerbare Energien. „Angela Merkels Atomausstieg ist vorbildhaft, aber ganz Europa müsste mitziehen“, sagt Messner. „Es besteht kein Zweifel daran, dass wir eine mächtige globale Erwärmung miterleben, ich habe den Gletscherrückgang mit meinen eigenen Augen verfolgt“, sagt der einstige Mathematiklehrer und Politiker. In den Alpen seien die Gletscher schon zu mehr als der Hälfte verschwunden, mit dramatischen Folgen. „Da würden wir gut daran tun, unser Verhalten zu verändern.“ Die Welt müsse sich von fossilen Brennstoffen verabschieden.

Er wolle aber nicht "den Teufel an die Wand malen", sagt Reinhold Messner. Als der später als "Ötzi" aus dem Eis berühmt gewordene Mann verstarb, sei es dort in den Bergen wärmer gewesen als heutzutage. Die Menschheit bekäme die Erwärmung aber nicht 100prozentig in den Griff, allerdings könnten die Projektionen der Wissenschaftler auch keine exaktes Abbild der Zukunft schaffen. "Das ist alles unglaublich komplex."

Er lief bei minus 57 Grad durch Sibirien

Zahlt er selbst für CO2-Kompensation etwa an Atmosfair, wenn er fliegt? „Ja.“ Er sei ein "grün-liberaler Denker". Aber nochmal in die Politik zu gehen wie früher, das strebe er nicht an. "Das sollen die machen, die jetzt 40, 50 Jahre alt sind und die Folgen des eigenen Handelns noch miterleben." Jeder können und solle aber bei sich selbst anfangen. Wenn Urlauber im Skiurlaub das Auto eine Woche in die Garage stellen und aus Wasserkraftwerken betriebene Lifte nutzen, sei das eine verträglicher Tourismus. „Ich habe schon mit Sir Edmund Hillary damals noch im Königreich Nepal für nachhaltigen Tourismus vorgesprochen“, sagt Messner. Dass die Route zum Mount Everest jetzt zu einer Art Piste mit Hütten, Steighilfen und Flaschenvorräten ausgebaut wird, sei furchtbar. „Alles, was über 2200 Meter liegt, sollte in seiner Wildheit und Ungezähmtheit bewahrt bleiben und nicht mit Hütten, Listen und Hotels ausgebaut werden“, appelliert Messner.

Der vierfache Vater hofft, dass künftig vielleicht auch eines der Kinder intensiver bei den "Messner Mountain Museums (MMM)" oder der "Messner Mountain Foundation (MMF) für indigene Bergvölker etwa in Pakistan einsteigt. Angst vor dem Alter hat er nicht, es wäre aber schrecklich, sagt der Macher, wenn er später womöglich einmal in einen solchen Zustand kommen sollte, dass er sich nicht mehr bewegen könne.

Messner hat den Tod seines zwei Jahre jüngeren Bruders Günther bei der gemeinsamen Besteigung des Nanga Parbat 1970 in Nordpakistan im gleichnamigen Film geschildert. Jahrzehnte später fand er einen Oberschenkelknochen des Bruders, wie er all das Erlebte verarbeitet hat? Natürlich auch durchs Bücherschreiben, erzählt Messner, und er halte sein Privatleben heute aus der Öffentlichkeit heraus, sei selbst längst  nicht immer öffentliche Person. Er habe durchaus weitere Kinoprojekte im Kopf, nur für die Umsetzung brauche er verlässliche Geldgeber und die Möglichkeit, das Produkt bis zum Ende selbst inhaltlich zu begleiten. Als Mitglied der Royal Geographic Society war Reinhold vergangenes Jahr gerade zur Queen geladen. Jetzt kommt er nach Berlin.

In Grönland sei es zuletzt wärmer als in der Vortragsstadt gewesen, sagt er. Die Berliner sprechen gerade von sibirischer Kälte, bei minus 14 Grad, was er dazu sagt? „Kalt wird einem, wenn man nicht richtig angezogen ist und sich nicht richtig bewegt“, sagt er lächelnd. Messner ist bei minus 57 Grad durch Sibirien gelaufen.

6. März, 20 Uhr, Admiralspalast, Ticketinfo: www.admiralspalast.de

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