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Auch Kinder können Spaß auf Safari haben.

© Heike Weichler

Südafrika: Safari mit Kind

Tiere sind faszinierend. Erst recht, wenn man sie in Südafrika erlebt – in freier Wildbahn. Ein Erfahrungsbericht einer Safari mit Kindern.

Es ist 6 Uhr 15. Zu früh für die Kinder. Und für die Tiere anscheinend auch. Die einen hängen mit bleiernen Lidern tief in den Sitzen des offenen Geländewagens, die anderen lassen sich gar nicht erst blicken. Nur eine Person ist munter. Gut gelaunt plaudert Trish, unsere Rangerin, über das Reservat und seine Bewohner. „Gestern habe ich dort unten eine Löwin mit ihren beiden Jungen spielen sehen.“ Sie stoppt am Steilufer des Makutsi River. Unter uns windet sich das sandige Flussbett wie ein helles breites Band durch die Landschaft, gesäumt von grünem Dickicht, roten Klippen und vereinzelt aufragenden Bäumen. „Nur zwei Monate im Jahr führt der Fluss Wasser“, erzählt Trish. „In der Trockenzeit graben die Tiere hier nach Wasser, das immer noch unter der Sandschicht fließt.“

Allein die Szenerie im bernsteinfarbenen Licht der Morgensonne ist es wert, sich früh aus dem Bett zu rappeln. Meinen zumindest die beiden Elternpaare der Landrover-Besatzung. Simon (12), Louis (11) und Anne (9) sehen es anders – und schwächeln. Mit einem Fernglas sucht Trish das Flussbett nach Norden ab. „Oh, da ist Zero! Schnell, hoffentlich erwischen wir ihn!“ Sie startet den Wagen und braust los. Die holprige Piste unter uns lässt das Auto schlingern, alle krallen sich am Gestänge fest. Schlagartig sind auch die Kinder wach. Die Aussicht, einen Löwen aus der Nähe zu sehen, bringt Leben in die Bande. Augenblicke später erreichen wir eine Senke am Ufer und rollen im Schritttempo über den Sand ganz dicht an Zero heran.

Die Eile war überflüssig. Der imposante Löwen-Pascha hat die Ruhe weg. Bräsig liegt er auf dem Rücken, die Pranken in die Luft gestreckt. „Er sieht satt und zufrieden aus“, raunt Trish. „In der Nacht muss er etwas gefangen haben.“ Nur mit einem Auge blinzelt uns Zero an, dann lässt er sich auf die Seite rollen und schläft ein. Weder das aufgeregte Flüstern der Kinder noch das hektische Klicken der Kameras stören ihn.

Die Tiere wirken sehr entspannt hier im 125 Quadratkilometer großen Makutsi-Reservat, etwa eine Autostunde westlich des Krüger-Nationalparks. Das merken wir auch, als wir unter den ausladenden Kronen von Ebenholzbäumen auf Tsuku und ihren Clan treffen. Trish stoppt abrupt, als sie ein Rascheln im Dickicht bemerkt. Plötzlich teilt eine mächtige Elefantenkuh das Gebüsch und bleibt keine fünf Meter vor uns auf der Piste stehen. Fünf Tonnen Kraft und eindrucksvolle Stoßzähne. Beklommen schauen wir sie an. „Tsuku ist die Herdenchefin“, wispert Trish. „Dass sie den Kopf in den Nacken hebt, ist keine Drohgebärde. Sie kann uns so nur besser betrachten.“ Die Prüfung fällt zu unseren Gunsten aus. Big Mama zieht gemächlich weiter, gefolgt von ihrem einjährigen Baby Nikita und dem Rest der zehnköpfigen Familie. Hinter Vater Fumbe schließen sich die Büsche wie ein Theatervorhang. Doch die Vorstellung ist noch nicht beendet. Die Truppe hat es auf die zarten Blätter einer Akazie abgesehen. Erst hören wir ein Knacken. Der Baumwipfel zittert, ein Ächzen dringt aus der Tiefe des Holzes. Dann kracht der Baum wie in Zeitlupe zu Boden. Wir sind sprachlos. Trish grinst. „Elefanten brauchen etwa 15 Jahre, um das ganze Potenzial ihres Rüssels zu entwickeln. Trinken, trompeten, raufen zum Beispiel. Oder, wie hier, Bäume fällen und Blätter abzupfen.“ Auch die Kinder sind beeindruckt. „Das war ja spannender als ,Jurassic Park‘ gucken“, findet Simon. Anne will wissen, warum die Tiere gar nicht scheu sind. „Sie sind an Pirschwagen gewöhnt. Niemals würden wir Ranger die Tiere bedrängen. Also fürchten sie uns nicht.“

Auf dem Weg zurück zur Lodge erzählt Trish, die eigentlich Patricia heißt, wie sie lange Zeit als Schafschererin um die Welt zog und sogar Weltmeisterin wurde: Sie schaffte 450 Tiere an einem Tag. Aus dieser Zeit stammt auch ihr australischer Lederhut, den sie nur zum Schlafen absetzt. Mit dem dicken blonden Zopf darunter sieht sie aus wie ein weiblicher Crocodile Dundee.

Auf der Makutsi-Safari-Farm an einer Biegung des Flusses erwartet uns ein herzhaftes Frühstück. Sofort prahlen Simon, Louis und Anne mit den Erlebnissen bei den anderen Gästekindern. Die kontern mit ihren Plänen für den Tag: Die einen machen einen Ausflug ins Stammesgebiet des Sotho-Volkes und besuchen eine Schule. Die anderen fahren zum Blyde-River-Canyon in den nahen Drakensbergen. Diese Schlucht ist mit etwa 800 Metern Tiefe und 26 Kilometern Länge der drittgrößte Canyon der Welt.

Für Familien ist die von Deutschen geführte Lodge ideal. Verstreut in der fünf Hektar großen Parkanlage liegen 43 Rondavels. Viele dieser landestypisch runden Bungalows mit Reetdächern haben separate Schlafzimmer für Kinder. Thermalquellen versorgen die Farm mit Trinkwasser, das auch den großen Pool füllt – eine herrliche Erfrischung an heißen Tagen. Zum Abendessen trommelt das Küchenpersonal die Gäste im wahrsten Sinne des Wortes zusammen. Bald sitzen alle gemeinsam an langen Tischen. Das fördert die Kontakte, besonders unter den Kindern. Was die Eltern am meisten erfreut: Die Kids verschwenden keinen Gedanken mehr an TV-Programm, Computer oder Handy.

Schon vor der eigenen Veranda kann man Tiere beobachten. Schakale, Antilopen, Warzenschweine und manchmal sogar Giraffen oder Flusspferde streifen um die Rondavels – die Safari-Farm ist nicht eingezäunt. Darum ist es zwischen 18 Uhr und 6 Uhr30 nur mit Guide erlaubt, sich in der Anlage zu bewegen. Die Kinder stört es nicht, sie finden das eher spannend. Diese Sicherheitsregel gilt übrigens in fast allen afrikanischen Safari-Resorts. So auch bei unserem nächsten Ziel, der Exeter-River-Lodge im Sabi Sand Game Reserve, etwa drei Autostunden südöstlich von Makutsi direkt am Krüger-Nationalpark. Das nach zwei Flüssen benannte 650 Quadratkilometer große private Tierreservat teilen sich 19 der exklusivsten Safaricamps in Südafrika, darunter auch Ulusaba von Virgin-Konzernchef Sir Richard Branson. Berühmt ist Sabi Sand als weltweit bestes Gebiet, um Leoparden zu sehen – und auch die übrigen „Big Five“, also Elefanten, Nashörner, Büffel und Löwen.

Zur Exeter-River-Lodge gehören acht großzügige Rondavels am Sand River, eingerichtet in einem Mix aus afrikanischer Kunst und elegantem modernen Mobiliar. Simon gefällt es besonders, draußen mit Blick auf die Savanne duschen zu können und zwischendurch zur Abkühlung in den eigenen Pool auf der Veranda zu springen. Das Gefühl, bei – sehr wohlhabenden – Freunden zu Gast zu sein, macht den besonderen Charme dieser Lodge aus. Wo sonst gibt es einen Chefkoch, der zum Rondavel kommt, um die Vorlieben des Kindes für das Abendessen zu erfragen? Und wo sonst bringt das Personal als Gutenachttrunk noch eine heiße Schokolade auf die Terrasse?

Am Nachmittag ist Ryan unser Ranger. Auch Phickson ist dabei, als Tracker. So heißen die Spurenleser, die vorn am Fahrzeug auf einem Spähersitz hocken. Eine Schar Perlhühner verschwindet im hohen Gras, in der Ferne erkennen wir ein Nashorn. An einem Steilhang schaltet Ryan den Allradantrieb zu. Die Reifen mahlen sich in die Erde, der Motor ächzt. Wir nähern uns der Vertikalen. Simon quiekt, Anne und Louis juchzen. Impala-Antilopen flüchten, als der Wagen die Hügelkuppe erreicht. Eine Weile schaukeln wir weiter. „Stopp!“, zischt Phickson plötzlich. Ryan bleibt ruckartig stehen. Gebannt starren wir auf zwei gefleckte Gestalten neben der Piste. Eine prächtige Leopardin liegt lässig mit ihrem halbwüchsigen Jungen in einer Senke. Ohne mit der Schwanzspitze zu zucken, schauen die Großkatzen demonstrativ in eine andere Richtung. Wir sind Luft. Dann gähnt die Mutter herzhaft und entblößt ihre Respekt einflößenden Reißzähne. Wie Zero zeigen sich auch diese beiden völlig unbeeindruckt vom Kameraklicken. Gemächlich erheben sie sich, recken und strecken sich und ziehen in aller Seelenruhe ins Dickicht.

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