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Alarmsysteme: Kreuzfahrtschiffe fahren nicht schutzlos

Terroristen und Piraten – das sind Begriffe, die jedem Urlauber die Lust am Reisen verderben können. Akustische Abwehr- und Alarmsysteme an Bord sollen die Bedrohung verringern.

Terroristen und Piraten – das sind Begriffe, die jedem Urlauber die Lust am Reisen verderben können. Kreuzfahrtschiffe dürfen zwar bisher als verhältnismäßig sicher gelten. Doch seit sich in jüngster Zeit Überfalle auf Handelsschiffe und Segeljachten vor der Ostküste Afrikas häufen, ist die Aufmerksamkeit auch an Bord von Kreuzfahrtschiffen erneut gewachsen. Noch immer ist vielen Kapitänen die Attacke auf die „Seabourn Spirit“ am 5. November 2005 vor Somalia in Erinnerung. Die Bilder der fünf Schwerbewaffneten, wenige Meter von der Bordwand entfernt, erregten Furcht. Wie sicher also sind Kreuzfahrtschiffe?

Die Marineorganisationen haben nach den Anschlägen auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001 erkannt, dass auch Schiffe Ziel terroristischer Angriffe werden können. Deswegen wurden von der International Marine Organisation (IMO) neue Anforderungen entwickelt, bekannt als International Ship and Port Facility Security Code (ISPS). Der „Internationale Code für die Gefahrenabwehr auf Schiffen und Hafenanlagen“ greift weltweit seit dem 1. Juli 2004 und ist international verbindlich.

Die Vorschriften sind umfassend: So sind alle Schiffe mit einer Identifikationsnummer, einem automatischen Schiffsidentifizierungssystem und einem Gefahrenalarmsystem ausgestattet. Außerdem wird das Ausmaß der möglichen Gefährdung von Schiffen und Hafenanlagen festgelegt. An Bord und in den Häfen werden besondere „Gefahrenabwehrbeauftragte“ ernannt. Der ISPS-Code fordert auch die Einrichtung eines Kommunikationsnetzwerks sowie ständige Übungen und Kontrollmaßnahmen.

Als erstes Schiff unter deutscher Flagge wurde bereits 2003 die „Deutschland“ der Reederei Peter Deilmann in Neustadt/Holstein nach den ISPS-Forderungen durch den Germanischen Lloyd zertifiziert. „Geiselnahme, Flugangriff – Reaktionen auf alle Szenarien, die auf einem Schiff denkbar sind, werden von der Besatzung regelmäßig geübt“, erklärt Deilmann-Sprecher Hans-Ulrich Kossel. Sowohl an Bord als auch in den Häfen gebe es zudem wie vorgeschrieben spezielle Sicherheitsoffiziere.

Ein solcher Sicherheitsoffizier soll sich seinerzeit auf der „Seabourn Spirit“ den Piraten entgegengestellt haben – dazu noch mit einer neuartigen Waffe: der „Long Range Acoustic Device“ (LRAD). Die „akustische Waffe“ soll in der Lage sein, schmerzhaften Lärm in Richtung eines bestimmten Zieles auszustrahlen und außer Kopf- und Ohrenschmerzen auch bleibende Hörschäden zu verursachen. Angeblich soll sich das 20 Kilogramm schwere Gerät, entwickelt von einer Firma in Kalifornien, zur Durchsetzung eines Sicherheitsabstandes um die Schiffe der US-Marine, bereits an Bord mehrerer Kreuzfahrtschiffe befinden.

Eines der Schiffe mit LRAD soll die „Queen Mary 2“ der Reederei Cunard sein. Cunard-Sprecher Ingo Thiel mag die Information nicht bestätigen. „Wir nehmen zu Sicherheitsmaßnahmen grundsätzlich keine Stellung“, sagt Thiel. „Aber bei einem Symbol wie der ,Queen Mary 2‘ ist der Schutz von Passagieren und Besatzung natürlich ständig Thema.“ So gebe es selbst in der Werft eine Sicherheitszone rund um das Schiff. „Und die Arbeiter müssen durch fünf Checks in fünf verschiedenen Sicherheitszonen.“ Dass jeder, der an Bord geht, einen Sicherheitscheck passieren muss, ist dagegen bei allen Kreuzfahrtschiffen seit langem Standard.

„Von LRAD haben wir gehört“, heißt es lapidar bei Hapag-Lloyd Kreuzfahrten in Hamburg. Mehr möchte man zu den Sicherheitsvorkehrungen an Bord nicht sagen. Hapag-Lloyd setze neben den vorgeschriebenen Sicherheitsvorkehrungen vor allem auf „Vorsicht und Voraussicht“. Es werde außerdem ständig geprüft, welche Zielgebiete problematisch werden könnten. Zudem sei man immer flexibel genug, ein Schiff umzuleiten.

Ein gewisses Maß an Sicherheit bietet auch die hohe Geschwindigkeit, die große Schiffe aufnehmen können. „An ein schnell fahrendes Schiff kann man schlecht herankommen wegen der Strömungsverhältnisse“, sagen Experten. Wegen der hohen Geschwindigkeit ihrer Schiffe macht sich auch die Reederei Deilmann keine Gedanken über einen möglichen Piratenangriff wie auf die „Seaborn Spirit“. „Die ,Deutschland‘ ist mit 21 Knoten oder knapp 40 Stundenkilometern viel schneller als die meisten Piratenboote“, sagt Pressesprecher Kossel.

Außerdem könnten Kreuzfahrtschiffe auf der Stelle drehen. Beides unterscheide sie von Frachtern, die sehr behäbig auf Steuermanöver reagieren und öfter Ziel von Piratenangriffen sind. Frachter seien auch leichter zu kapern, weil sie niedriger als Passagierschiffe sind. „Die tiefste Öffnung der ,Deutschland‘ liegt bei zehn, zwölf Metern. Da ist ein Hinaufklettern schon sehr schwierig“, sagt Deilmann-Sprecher Kossel.

Der bisher spektakulärste Zwischenfall in der touristischen Seefahrt geschah im Oktober 1985, als ein palästinensisches Kommando das italienische Kreuzfahrtschiff „Achille Lauro“ mit 450 Menschen an Bord vor Ägypten in seine Gewalt brachte und einen Passagier ermordete.

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