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Backpacker

© Thilo Rückeis

Billighotels: Bett, Tisch, Stuhl

Die nacht im Zimmer zu acht gibt es ab zehn Euro: "Billighotels“ sind spartanisch, doch nicht nur bei Jungen im Trend.

Die Billigflieger haben es vorgemacht, jetzt wollen immer mehr Billighotels den Markt erobern. Ein Bett, ein Tisch, ein Stuhl – die Unterkünfte sind spartanisch. Die Preise aber liegen weit unter denen der etablierten Konkurrenz. Geschäftsreisende, junge Menschen, aber auch immer mehr Städtetouristen soll das Konzept anlocken.

Ein typischer Vertreter des neuen Trends ist die aus Frankreich stammende Kette B & B Hotels, die selbst ihre Strategie mit Ryanair oder Aldi vergleicht. Die Zimmer ab 35 Euro die Nacht sind in Deutschland keine 16 Quadratmeter groß. Die Rezeption wird nachts durch Check-in-Automaten ersetzt. Statt eines Restaurants gibt es Getränke- und Snackautomaten. „Wir versuchen Personalkosten zu sparen“, sagt Marketing-Koordinatorin Miriam Hassan. „Ansonsten muss der Gast aber auf nichts verzichten, was lebensnotwendig wäre.“

Noch preiswerter geht es bei der Gruppe A & O zu – eine Mischung von Jugendherberge und Budget-Hotel. Die Nacht im Achtbettzimmer ist bereits ab zehn Euro zu haben, Einzelzimmer hingegen haben ihren Preis und können zwischen 40 und weit jenseits der 100 Euro kosten. Neben Jugendlichen kämen inzwischen auch viele 40- bis 50-Jährige: „Die wollen die Qualität eines Hotels, aber das Flair eines Hostels“, sagt Marketing-Manager Thorsten Lemke. Genauso wie die Billigflieger schwanken hier die Preise je nach Nachfrage. „Das wird vom Markt und von den Gästen sehr gut angenommen.“

Auf eine Mischung aus Mehrbettzimmern und Einzelzimmern setzt auch die Meininger Gruppe: Sie ist aus einer 1999 gegründeten Berliner Studentenunterkunft entstanden und bietet heute in neun Häusern mehr als 2300 Betten. Ein Bett im Schlafsaal kostet ab 14 Euro, Einzelzimmer ab 29 Euro. Ums Essen müssen sich die Gäste selbst kümmern. Dazu gibt es Gemeinschaftsküchen und sogar ein hoteleigenes internationales Kochbuch. „Die meisten Gerichte kosten weniger als fünf Euro an Zutaten, brauchen nicht mehr als 15 Minuten Zeit und machen mindestens zwei Menschen satt“, wirbt das Unternehmen für die passende Verpflegung zur Low-cost-Unterkunft.

Gemeinsam sind den Billigketten die massive Expansion in den vergangenen Jahren und große Zukunftspläne. „Wir können jedes zweite Jahr unseren Umsatz verdoppeln“, sagt Projektmanagerin Anna-Lena Saager von Meininger. Im vergangenen Jahr betrug der Umsatz der Gruppe bereits mehr als zehn Millionen Euro. A & O will sein Angebot von derzeit neun Häusern (Berlin, Hamburg, München, Dresden, Prag) in den kommenden zehn Jahren auf 30 Häuser erweitern. „Ursprünglich planten wir ein neues Haus pro Jahr, aber es geht momentan sehr schnell“, sagt Lemke. Finanzierungsprobleme hat das Unternehmen nicht – die Gebäude werden langfristig gepachtet: „Früher wollten uns die Banken keinen Kredit geben“, sagt Lemke. Inzwischen sei man nicht mehr darauf angewiesen.

Auch B & B Hotels, im Eigentum einer Beteiligungsgesellschaft, will von 14 auf etwa 60 Standorte in Deutschland aufrüsten und hat dazu eine Kooperation mit dem Autobahntankstellen-Betreiber Tank & Rast vereinbart. In Frankreich hat das Unternehmen schon 175 Hotels mit mehr als 12 000 Zimmern. „Der deutsche Budget-Hotelmarkt befindet sich in einer schnellen Wachstumsphase“, sagt der deutsche B & B-Hotels-Geschäftsführer Mark Thompson. „Hier besteht ein enormes Potenzial.“ Der allgemeine Trend gehe in Richtung preisgünstig und in Richtung luxuriös, die Bedeutung des mittleren Segments sinke.

„Im Hotelgewerbe herrscht ein starker Verdrängungswettbewerb, der zulasten der mittelständischen Hoteliers geht“, heißt es auch in einer Studie der Dresdner Bank. Vor allem für Kleinbetriebe werde der Spielraum enger. „Ein weiterer Konzentrationsprozess in der deutschen Hotellerie scheint unausweichlich.“ Dabei ist das Wachstumspotenzial der bekannten Ketten der Studie zufolge groß: In Deutschland entfallen zurzeit rund 24 Prozent der Hotelbetten auf Marken, in 15 Jahren sollen es 50 Prozent sein. In den USA liegt der Anteil im Vergleich dazu schon heute bei 66 Prozent. Leidtragende seien vor allem Gasthöfe, Pensionen und mittelständische Stadthotels.

Rochus Görgen

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