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Ein Dach über dem Kopf und einen Platz zum Lernen. Klosterschüler im Armenviertel Kyimyindine von Rangun.

© Richard Licht

Birma: Mittagessen für fünf Cent

Ein Zyklon hatte Birma 2008 verwüstet. Noch brauchen die Menschen Hilfe, auch bei der medizinischen Versorgung.

Sie sind längst so etwas wie gute Freunde, die Mitarbeiter der kleinen Klinik und die Mönche des Klosters Chaungwa jenseits des Hlaing-Flusses in Birmas Hafenstadt Rangun. Der junge Arzt Htet Wai Oo lächelt freundlich, als er mittags auf dem Weg zum Abt an den gut gefüllten Schüsseln vorbeikommt, aus denen Frauen für die Schulkinder hier Gemüse und Nudeln in Plastiktütchen füllen. Ein Mittagessen für umgerechnet fünf Cent. „Sie werden wohl als Nächste Durchfall kriegen. Und wenn ein Kind Durchfall hat, bekommen ihn viele“, sagt der Arzt nachdenklich, während sein Blick über die Gesichter der Mädchen und Jungen schweift. Der Mann ist gerade 26, seine Tante Annie hat ihn angeheuert, um sie zu unterstützen. Die 57-jährige Dr. Annie hat die Gesundheitsstation von Anfang an betreut, die der Berliner Asienspezialist Geoplan gemeinsam mit seiner birmanischen Partnerin Su Su direkt nach dem verheerenden Zyklon Nargis Anfang Mai 2008 zur Unterstützung der Opfer hier im Armenviertel Kyimyindine bauen ließ.

Geoplan-Geschäftsführer Stefan Kraft möchte die Gesundheitsstation sowie das gesamte Viertel auch Reisenden zeigen, die nach Rangun kommen. Er würde gern auch einige Berliner für das Langzeitprojekt in dem so liebenswürdigen Land gewinnen, um die Klinik zu unterstützen. Mit ein paar hundert Euro im Monat können die Mitarbeiter einiges ausrichten – und die Menschen müssen für einen Arztbesuch nicht mehr in Nussschalen den breiten Strom überqueren, auf dem es so oft Unfälle gibt.

Dank Berliner Hilfe kann die Gesundheitsstation in Rangun Bedürftige versorgen.
Dank Berliner Hilfe kann die Gesundheitsstation in Rangun Bedürftige versorgen.

© Richard Licht

Durchfall ist ein großes Problem hier in dem rasch wachsenden Viertel. Er schwächt die Menschen, die ohnehin bestenfalls mal tageweise Arbeit finden, zusätzlich. Htet Wai und seine engagierte Tante Annie möchten durch Schulungen die Verbreitung der Diarrhö wenigstens eindämmen. Die meisten Menschen hier haben schließlich keine Ahnung von Hygiene. Einiges wäre schon erreicht, wenn sich die Kinder vor dem Essen aus den Tütchen die Hände wüschen. Dazu kommt das Denguefieber. Annie denkt daran, den Grund um das Gebäude trockenzulegen, denn die Mücken bereiten in der Regenzeit zunehmend Probleme.

Immerhin gibt es inzwischen ein paar gepflasterte Wege. Die Partei der Junta hat sie vor den sogenannten Wahlen im November 2010 bauen lassen und an jeder Ecke ihr Logo auf großen Steinen unübersehbar angebracht. Die Wege erleichtern den Menschen das Leben. Aber ihre Situation bleibt auch drei Jahre nach dem Wirbelsturm sehr schwierig.

Die meisten der hier zu behandelnden Patienten sind mit sehr viel weniger zufrieden als man sich das in Deutschland wohl vorstellen kann. Matratzen zum Beispiel haben sie in den Dachsparren verstaut. Stattdessen nutzen sie eine Matte auf dem Boden als Schlafstatt. „Auf der Matratze wird uns viel zu heiß“, sagt Annie lachend. Viel wichtiger sei ein Moskitonetz. Eine junge Mitarbeiterin im vorderen Behandlungsraum packt derweil vorsichtig die Spritzen des Vormittags in einen Müllbeutel. „Komm bloß nicht mit den Fingern an die Nadeln“, mahnt Annie.

Für die Menschen des Viertels ist das Leben im vergangenen Jahr trotz der neuen gepflasterten Wege wieder schwieriger geworden. Manche Hütten der wuchernden Siedlung stehen zur Regenzeit im Wasser. Der Preis für ein Körbchen Reis, den Birmanen schon zum Frühstück essen, ist von 1200 auf 2000 Kyat gestiegen, das sind rund zwei Euro für die Tagesration einer Familie. Aber selbst eine Lehrerin der staatlichen Schule nebenan, die auf ein festes Einkommen zählen kann, verdient im Monat umgerechnet nur knapp 40 Euro.

Htet Wai Oo und Annie machen rasch dem Abt ihre Aufwartung. Auch im Kloster gehen inzwischen etwa 800 bedürftige Kinder in die Schule. Mit Spenden konnte dort immerhin der Boden eines weiteren Klassenzimmers betoniert werden. Im vergangenen Jahr lernten die Kinder während der Regenzeit noch in nassem Sand. Es geht langsam voran, doch es gibt sichtbare Fortschritte.

Wer die kleine Klinik unterstützen möchte, kann bei der Berliner Commerzbank (BLZ 100 400 00) unter dem Stichwort Soforthilfe Myanmar/Birma eine Spende auf das Konto 42 6 2 7 70 08 von Geoplan Touristik GmbH überweisen.

Richard Licht

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