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Die „Lev Taifun“ ist das neue Fährschiff zum Leuchtturm „Roter Sand“. Es wurde 1964 als Tonnenleger in Dienst gestellt.

©  Innoven GmbH

Deutschland: Der Erste macht das Licht an

Vom kommenden Mai an können Gäste im Leuchtturm „Roter Sand“ wieder übernachten.

Deutschlands einsamste Herberge öffnet 2013 wieder ihre Stahltür: Zwischen Mai und Anfang September bietet die Bremerhaven-Touristik in Zusammenarbeit mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz erneut Tages- und Übernachtungsfahrten zum denkmalgeschützten Leuchtturm deutscher Ingenieurskunst an. Von den 52,5 Höhenmetern des Bauwerks liegen 22 Meter unter Niedrigwasser. Genannt wurde der Leuchtturm nach dem auf rotem Muschelsand liegenden Riff „Roter Sand“. Das 1885 fertiggestellte Nordsee-Wahrzeichen ist das erste von Menschen auf dem Meeresgrund errichtete Leuchtfeuer.

In Bremerhaven wird in diesen Tagen der ehemalige Tonnenleger „Johann Georg Repsold“ auf seinen Einsatz vorbereitet. Die laufenden Umbauarbeiten sollen vor Saisonbeginn im Frühjahr beendet werden. Unter dem neuen Namen „Lev Taifun“ wird das 41 Meter lange Schiff dann wieder auf kleine Fahrt gehen.

Schon seit langem brennt im Leuchtturm kein Licht mehr; kein Schiff war zuletzt in Sicht, um hier bei ruhiger See mit Gästen anzulegen. Der 1941 gebaute Watten-Bergungsschlepper „Goliath“, der jahrelang die Überfahrten zur Herberge auf hoher See sichergestellt hatte, war vor zwei Jahren wie von einem Torpedo getroffen von der Wasseroberfläche verschwunden. Das Unterwasserschiff der „Goliath“ war marode und hätte komplett erneuert werden müssen.

Nach einem Wassereinbruch im Maschinenraum war der Schlepper auf der letzten Fahrt in die Abwrackwerft selbst auf Hilfe angewiesen. „Die ,Goliath‘ ist schneller in den Schrott gegangen, als man gucken konnte“, sagt Rolf Pilz, Vorsitzender des Fördervereins Leuchtturm Roter Sand e. V., der sich um die Technik des Bauwerks kümmert. Auch die frisch überholten Schiffsdiesel der „Goliath“ wurden plattgemacht – nach dem norddeutschen Prinzip „Goarnich um kümmern“.Ein Ersatz für das rund 70 Jahre alte Museumsschiff war zunächst nicht zu finden; die begehrten Gästefahrten wurden komplett abgesagt. Das Wahrzeichen für alle Nordsee-Schiffsreisenden von und nach Deutschland, dem manch erster Gruß oder letztes Lebewohl gesagt wurde, stand wieder da wie ein hohler Zahn, an dem das Salzwasser nagt.

1964 war das Seezeichen „Roter Sand“ außer Dienst gestellt worden und drohte bald schon im Meer unterzugehen. Mit Mitteln des Bundes, des Landes Niedersachsen und des Fördervereins Rettet den Leuchtturm Roter Sand e. V. wurde das Seedenkmal jedoch 1987 in einer spektakulären Aktion gesichert.

Schiffsführer, Maschinist und freiwillige Helfer werden gesucht

Hier zieht’s nicht mehr. Die Holzfenster wurden in diesem Jahr erneuert.
Hier zieht’s nicht mehr. Die Holzfenster wurden in diesem Jahr erneuert.

© dapd

Nun ist ein Ende des Singledaseins auf offener See in der Außenweser jedoch absehbar. Die fast 50 Jahre alte „Lev Taifun“ soll gut geeignet sein für die Fahrten – besonders wegen ihres großen Deckbereichs, des Krans und der überaus guten Manövriereigenschaften.

Bei mehr als fünf Windstärken und einem Wellengang ab 1 Meter 20 wurde die „Goliath“ nicht mehr in Richtung „Roter Sand“ von der Leine gelassen. Ob das bei der „Lev Taifun“ auch so sein wird, muss noch vom Lloyd’s Register in London entschieden werden. Das ist die zuständige Schiffsklassifikationsgesellschaft – eine Art Tüv für Schiffe. Dort wird unter anderem anhand der Stahlplattenstärke entschieden, bei welchen Winden und Wettern die „Lev Taifun“ noch auslaufen darf.

Dreimal wöchentlich sind in den Sommermonaten Fahrten zum Leuchtturm geplant, sagt Martina Kuhlmann, Geschäftsführerin der Innoven GmbH in Bremerhaven, die das Schiff gekauft hat. Neben Tagesfahrten werden auch Fahrten mit bis zu fünf Übernachtungen angeboten. Die Küche an Bord werde „einfach und rustikal“ sein. „Eintopf und Brötchen“, sagt Kuhlmann in der unter Norddeutschen gebotenen Kürze. Pommes rot-weiß und Lampionfahrten seien nicht vorgesehen. Indes: Das Schiff könne locker auch nach Helgoland fahren. Der einstige „Fuselfelsen“ verwandelt sich seit Monaten vom (zollfreien) Schnapsladen in so etwas wie eine fest mit dem Meeresboden verbundene Montageplattform für Windenergieanlagen auf hoher See (der Tagesspiegel berichtete). Auch in diesem Geschäft soll die „Lev Taifun“ wirbeln – als Charterschiff für Montagemannschaften.

Wenn der neue Propeller und die Abgasrückführung erst einmal montiert sind, wird zunächst die Crew über die Innoven GmbH angeheuert: ein Kapitän, ein Maschinist und zwei bis drei Decksleute. Bewerbungen werden noch dankend entgegengenommen, teilt Kuhlmann mit. Das Patent für die „kleine Fahrt“ sei ausreichend. Neben einer vier- bis fünfköpfigen Crew steuert die Stiftung Denkmalschutz dann für die Leuchtturmtörns noch ehrenamtliche Helfer bei, die die Gäste betreuen sollen.

Auch hier dürfen sich noch gute Menschen engagieren. Die Seele darf ruhig so tief wie die See sein, muss es aber nicht: „Die können sich alle bei mir melden, ob sie nun Praktikanten, Helfer oder einfach Ehrenamtliche sind“, sagt die bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz in Bonn für den „Roten Sand“ zuständige Mitarbeiterin Christiane Feulner (Telefonnummer: 02 28 / 909 12 04).

Wieder mit an Bord geht auf jeden Fall der sturmerprobte Hans Kurschus. Der ehemalige Seemann war schon auf der „Goliath“ als Gästebetreuer dabei und sorgt im Auftrag der Deutschen Stiftung Denkmalschutz für Stimmung und Sicherheit an Bord, wenn es um das Erklimmen und um den Abstieg von der senkrechten, sechs Meter hohen Außenleiter geht: „Nach sieben Stufen mit dem Gesicht zur Leuchtturmwand rückwärts bitte eine leichte Drehung nach links und dann auf den Steg zum Schiff mit rechts aufsetzen.“

Weitere Informationen unter: www.denkmalschutz.de

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