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Weiter Strand, Spaziergänger und Kitesurfer in St. Peter-Ording.

© imago/Dieter Mendzigall

Deutschland: Warme Stiefel fürs Watt

Auf der Suche nach Garnele, Herzschnecke und Krabbe: Nebensaison an der Nordsee in St. Peter-Ording.

Die Sonne gibt sich ordentlich Mühe, und es weht nur eine leichte Brise. Also haben es sich die Gäste in luftiger Höhe auf der Terrasse des Pfahlbaurestaurants Arche Noah gemütlich gemacht. Sie genießen den Panoramablick auf den weiten Strand, wo sich nur wenige Menschen verlieren. Es ist Herbst, die ruhigere Zeit in St. Peter-Ording. Die Badesaison ist vorüber. Alle wichtigen Partys sind gefeiert.

Der große Touristenstrom, der sich im Sommer auf dem zwölf Kilometer langen und bis zu zwei Kilometer breiten Strand ergießt, ist in wärmere Gefilde umgeleitet. Doch Liebhaber der Nordsee kommen weiterhin. Auch oder insbesondere im Winter.

Strandwetter ist hier schließlich immer. Hauptsache, genug warme, wetterfeste Kleidung befindet sich im Gepäck. In der Ruhe der Nebensaison hat der Urlauber noch mehr Platz für sich an dem riesigen Strand, so groß wie 2000 Fußballfelder. In den Pfahlbaurestaurants und den anderen Lokalitäten bekommt man nun problemlos einen freien Tisch. Die Atmosphäre im Ort ist auch nicht mehr so trubelig. St. Peter-Ording wirkt jetzt eher wie ein ganz normaler Ort – die rund 4000 Einwohner sind wieder in der Überzahl. Ab und zu heißt es „Moin, Moin“. Auch Fremde werden nun auf der Straße gegrüßt.

Hier givt dat wat

Die kalte Jahreszeit gibt einem die Chance, sich auf das Wesentliche in St. Peter-Ording zu konzentrieren: Meer, Watt, Ebbe, Flut, Strand, Dünen, Wind. Und Sonne, wenn sie denn scheint. So viel Natur lässt sich bestens von den Pfahlbaurestaurants beobachten, die bis zu acht Meter hoch sind und deren Pfähle rund fünf Meter tief im Boden stecken.

Sie werden auch „Giftbuden“ genannt und feierten 2011 ihr 100-jähriges Bestehen. „Gift“ ist Althochdeutsch und bedeutet „Gabe“. Damals gab es in den Giftbuden vor allem Alkohol, heute steht sehr viel mehr auf der Karte. Die nordfriesischen Spezialitäten Pharisäer (Kaffee, Rum und Sahnehaube) und Tote Tante (Kakao statt Kaffee) gibt es natürlich – neben allerlei Krimskrams – immer noch. Übrigens: Andernorts an der Küste, etwa auf Langeoog und Spiekeroog, steht „Givtbude“ als alte plattdeutsche Bezeichnung für Gaststätte – nach dem Motto „Hier givt dat wat...“.

In der Nebensaison haben in St. Peter allerdings nur zwei Giftbuden geöffnet: die Arche Noah, die sich am Ende der gut ein Kilometer langen Seebrücke in St. Peter-Bad befindet, und die Strandhütte an der Badestelle Süd vor St. Peter-Dorf. Die drei anderen Buden sind wegen ihrer exponierten Lage besonders den Unbilden des Wetters ausgesetzt und deshalb auch nicht immer zu erreichen, zum Beispiel bei Sturmflut. Und Stürme gibt es einige im Herbst und im Winter. Daher stehen die Pfahlbauten öfter mal mindestens knietief im Wasser.

Safari zu den Small Five

An der Badestelle Süd verleitet einen die Strandhütte allerdings dazu, das Strandwandern auf später zu verschieben, sofort einzukehren und bei einem Heißgetränk intensiv den Horizont zu beobachten. Just ist Ebbe. Da zeigt sich das Watt. Und in St. Peter-Ording nur hier an der Badestelle Süd. Die Strandhütte eignet sich somit hervorragend für das Wattkieken. Es ist ein sehr meditativer Zeitvertreib, der für Urlauber ideal ist, die vor allem entschleunigen möchten.

Nicht jeder mag es so faul. Wer sich lieber tüchtig an frischer Luft bewegen will, sollte an einer geführten Wattwanderung teilnehmen. Sie werden von der Schutzstation Wattenmeer angeboten und beginnen direkt an der Strandhütte. Zu den zahlreichen Bewohnern des Nationalparks Wattenmeer, die einem beim Wattwandern begegnen, zählen die sogenannten Small Five: Wattwurm, Herzmuschel, Strandkrabbe, Wattschnecke und Nordseegarnele.

Bei genauerer Betrachtung sind sie ähnlich interessant wie die viel bekannteren Big Five, die in afrikanischen Nationalparks zu Hause sind: Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe und Leopard. Die Wattwanderung der Schutzstation ist also auch eine Art Safari. „Unsere Wattführungen sind auch in der Nebensaison beliebt. Die Besucher zeigen großes Interesse am Thema Naturschutz“, sagt Matthew Keir, der im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes für die Schutzstation Wattenmeer tätig ist.

Während die Flut jetzt das Wasser wieder zurückschwappen lässt, wird es an der Strandhütte überraschend lebendig. Einige Surfer pumpen ihre Tubekites auf, andere sind schon auf dem Wasser. Doch die meisten Gäste mögen es gemütlich. Schon warten sie auf den Sonnenuntergang. Und der ist in der Nebensaison genauso spektakulär wie im Sommer.

Auskunft: Touristinformation, Telefon: 048 63 / 99 90

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