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Kochkurse in Brandenburg: Die Kunst des Tafelns

Brandenburg kann höchst schmackhaft sein. In manchen Lokalen lässt man die Gäste sogar an den Herd. Kochkurse sind angesagt.

Das Oderbruch ist eine Welt für sich. Flache, weite Auenlandschaft, mittendrin mäandert die Oder an der deutsch-polnischen Grenze entlang, und über alles spannt sich ein endloser Himmel. Oft stehen die Polder unter Wasser, im Winter sind sie, wie jetzt, von Schnee und Eis überzogen. Dann kommt der Fluss ganz zur Ruhe, die Welt steht still. Ein schönes Bild. Nur hält man es nicht lange aus, wenn es draußen frostig kalt ist und alles bald von der Dunkelheit eingeholt wird.

Da hilft es nur, sich an einen schön gedeckten Tisch zu setzen. Zum Beispiel in der Galerie „Koch und Kunst“, die in Groß Neuendorf, nur ein paar Meter von der Oder entfernt, zu behaglichen Tafelrunden einlädt. Kaum betreten wir die freundlichen Räume des Fachwerkhauses, wo Acrylbilder von Hanne Pluns die Wände schmücken, schon werden Prosecco und ein Kartoffelstrudel-Bonbon mit Schnittlauchdip gereicht. Ein paar Willkommensworte, ein flüchtiges Bekanntmachen, dann nehmen wir an der Tafel Platz, die in der Galerie gedeckt ist.

Die einen sind aus Berlin, die anderen aus der Gegend von Strausberg oder von weiter her gekommen, um sich in geselliger Runde das viergängige Menü schmecken zu lassen, das Stefan Hessheimer und seine Frau gekocht haben. Der Jahreszeit entsprechend gibt es gebackenen Hokkaidokürbis mit einem raffinierten Salat von schwarzen Linsen, Topinambursüppchen und mariniertes Schweinefilet in Sherrysoße mit Haselnuss-Pastinaken. Den süßen Abschluss bildet ein üppiges Apfel-Birnen-Crumble mit zimtiger Mascarponecreme.

Während ein Gang nach dem anderen aufgetragen wird und Rotwein die Gläser füllt, entspinnen sich die unterschiedlichsten Gespräche. Zwischendurch ist auch Zeit für einen Verdauungsspaziergang an die Oder und einen Rundgang durch den Garten. Jede Menge Gemüse und Kräuter wie Pimpinelle, Liebstöckel oder Bärwurz wachsen hier, im Winter wird immerhin noch Topinambur geerntet. Der Garten, der das frühere Dorfgasthaus umgibt, war auch der Hauptgrund für die Hessheimers, hier von 2001 an Tafelrunden zu veranstalten: „Es passierte uns immer wieder, dass wir mehr zu ernten hatten, als wir essen konnten. Da haben wir angefangen, für Freunde zu kochen“, erinnert sich Grafikdesignerin. „Daraus entstand die Idee, Essen in größerem Rahmen zu organisieren." Die wurden inzwischen auch auf Kochkurse ausgeweitet.

Wer will, kann also gemeinsam mit dem Ehepaar Gemüse schnippeln und sich zeigen lassen, wie Salate aus Taglilien oder Hühnchen mit Estragon zubereitet werden. „Uns schwebt nichts Prätentiöses vor“, sagt Hobbykoch Stefan Hessheimer. „Eher eine originelle Landküche mit mediterranem Einschlag und Zutaten aus der Region.“ Inzwischen läuft das kulinarische Programm so gut, dass er sich kaum noch seinem Hauptberuf, der Fotografie, widmen kann. Gerade mal für Fotobände zum Oderbruch, dem seine ganze Liebe gilt, hat er noch Zeit. Seinen farblich durchkomponierten Menüs ist anzusehen, dass er ein geschultes Auge hat. Ob es Zufall ist, dass der orangerote Kürbis mit schwarzen Linsen just in dem Moment auf dem Teller landet, in dem draußen die Abendsonne einen glühend roten Himmel hinter die dunklen Äste der Bäume malt?

Die Tafelrunden in der Galerie sind nicht die schlechteste Art, einen Wintertag im Oderbruch zu verbringen. Diese Form von Geselligkeit wird aber auch anderswo in Brandenburg gepflegt. Mitunter auf höchstem Niveau – wie bei der Initiative „Brandenburg unter Dampf“, bei der alle halbe Jahre die zehn besten Köche des Landes gemeinsam ein Menü kreieren und in so exklusivem Rahmen wie Schloss Stülpe oder dem Paulikloster von Brandenburg an der Havel servieren.

Etwas bescheidener geht es im Hotel Residenz Am Motzener See zu, wenn unter dem Motto „Besser mehr essen als weniger trinken“ der Maler-Poet Professor Karl Oppermann seine Bilder vorstellt und zwischen karamellisiertem Gänseleberflan und rosa gebratenem Hirschrücken an Wacholderpüree aus seinen autobiografischen Werken liest.

Auf sehr viel kleinerer, aber zuverlässiger Flamme wird im Stägehaus gekocht. 1678 in Lehmbauweise erbaut, fungiert das Backsteingebäude im havelländischen Paaren/Glien heute als kleines Landwirtschaftsmuseum mit Café. Die historische schwarze Küche, die einst als Räucherkammer diente, bleibt heute kalt. Aber an modernen Herden fuhrwerken regelmäßig drei emsige Frauen vom Förderverein, um den Besuchern ein schmackhaftes Mahl aufzutischen. Zur Begrüßung bekommen wir einen Holunderlikör, dann eine Platte mit Salaten, die mit aparter Beeren-Vinaigrette und Apfel-Ingwer-Dressing abgeschmeckt sind. Auf ein herzhaftes Süppchen folgt ein Schlemmerschinkenbraten mit Nelken und Aprikosensauce auf Kürbispüree, darauf wiederum Paarener Landjoghurt mit Schokoeis und Birnen.

Das Brot kommt aus dem eigenen Holzbackofen. Auch Obst, Gemüse und Kräuter werden – wann immer es die Jahreszeit erlaubt – hinterm Haus geerntet. Fleisch und Milchprodukte stammen aus dem Park von Paaren mit Muffelwildgehege und Schaukäserei, dem man vor oder nach dem Mahl einen Besuch abstatten kann. Inzwischen ist das „Erlebnisessen“, das knapp 20 Euro kostet, so beliebt, dass man lange im voraus einen Platz in der gemütlichen Museumsstube reservieren muss.

Frühzeitig buchen muss auch, wer in den Genuss eines Blütenmenüs kommen will. Das gibt es regelmäßig in der Manufaktur von Blythen in Schöneiche, wobei man hier im Rahmen von Blütenkochkursen am Essen selber mitwirken muss. Im Sommer beginnt es mit dem Pflücken der frischen Blüten im Garten, wo die Zutaten für Martina Kabitzschs Rosenessig, Holunderratafia, Jasminblütenbalsamico oder Lavendel-Senf gedeihen. Im Winter werden die Blüten in konservierter Form verwendet. Oder durch Vanille ersetzt. „Vanille ist wahrscheinlich das am meisten verwendete Gewürz der süßen Küche“, weiß die gelernte Kinderkrankenschwester, die inzwischen einen schwunghaften Handel mit ihren Produkten betreibt. „Aber sie passt auch bestens zu Gemüse, Fisch, Geflügel oder Lamm.“

Die Aufgaben werden verteilt. Die einen kümmern sich um den Birnen-Chicorée-Salat mit Vanilledressing, die anderen um Lachsfilet und Crevetten mit Vanille-Sherry-Sauce, wieder andere um die Crème brûlée. Bevor wir loslegen, klärt uns Martina Kabitzsch über die Unterschiede zwischen mexikanischer, javanischer, Tahiti- und Bourbon-Vanille auf und führt vor, wie das Mark aus den schwarzen Schoten geschabt wird. Nur die Butterstangen zum süßen Abschluss werden anstelle von Vanille mit Rosenzucker zubereitet.

Bevor wir uns an die Tafel setzen, haben wir an allerlei Spezialitäten der Blütenmanufaktur genascht und diskutieren über die Kombination von Blüten mit Meeresfrüchten oder Käse. Passt die Rosenmarinade am besten zum Ziegenfrischkäse oder doch eher die Lavendel-Zimt-Marinade? Oder wie wäre es mit Orangenblüten-Senf? Am Ende ist aus dem simplen Kochkurs fast eine Expertenrunde in Sachen Blütenküche geworden.

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