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Auffällig. Der letzte Schlossherr, Graf von Arnim, liebte Rot.

© imago/momentphoto/Bonss

Oberlausitz: Schönheitskur für Pücklers Gartenreich

In Muskau schuf Fürst Pückler seinen herrlichsten Park. Dass er wieder prunkt, liegt am Miteinander von Polen und Deutschen.

Die Arbeit hört nicht auf. „Wir brauchen noch 20, 30 Jahre, bis der Park wieder so aussieht, wie Pückler ihn gestaltet hat“, sagt Renata Stachanczyk, zuständig für kulturelles Erbe in Polen. Schließlich befinden sich zwei Drittel des Pückler’schen Gartenwerks auf polnischer Seite und nur ein Drittel auf deutscher. Seit 2004 arbeiten beide Länder daran, das Erbe von Fürst Pückler in seiner ganzen Genialität wiederherzustellen.

Nach Kriegsende wurde die Neiße, für Pückler wesentliches Gestaltungsmerkmal seines Gartenwerks, zur Trennlinie.

Während sich die Deutschen zur DDR-Zeit bemühten, ihren Parkteil, so gut es ging, zu bewahren, kümmerte man sich in Polen nicht mehr um gärtnerische Pflege. Aus dem früheren Lugknitz war nach 1945 Leknica geworden. „Die neuen Siedler dort kamen von weit her aus dem polnischen Osten. Sie verbanden nichts mit Pückler und seinem Park“, erzählt Renata Stachanczyk. Und die Regierung in Warschau hatte andere Probleme, als sich um einen Park an der Grenze zu Sachsen zu kümmern.

Fortsetzung der Gemächer unter freiem Himmel

So wucherten die Sichtachsen zu, ein Wald entstand. Pücklers Lebenswerk drohte zu verschwinden. Dabei hatte er doch alles so akribisch durchdacht und geplant. „So wie man auch die Salons im Innern des Hauses ausschmückt, setze man die Reihe der Gemächer unter freiem Himmel fort“, schrieb er. Und schuf, zwischen den Jahren 1815 und 1845 eine gigantische Open-Air-Galerie.

Auch in der Bundeskunsthalle in Bonn läuft eine Pückler-Ausstellung. Auf dem Tisch sind Desserts nachgestellt, die Fürst Pückler einst auftischen ließ.
Auch in der Bundeskunsthalle in Bonn läuft eine Pückler-Ausstellung. Auf dem Tisch sind Desserts nachgestellt, die Fürst Pückler einst auftischen ließ.

© Caroline Seidel/dpa

Mehr als 800 Hektar groß ist das hügelige Gelände. Und weil man sich unter so einer Zahl wenig vorstellen kann, präzisiert Cord Panning, Geschäftsführer der Stiftung Fürst-Pückler-Park Bad Muskau: „Der Park ist so groß wie der Berliner Tiergarten, der Englische Garten und Park Sanssouci zusammen.“

"Ein Gebet an die Schönheit von Natur und Landschaft"

Wer einfach nur eine Runde ums restaurierte Schloss dreht – und viele Besucher begnügen sich damit –, kann die Herrlichkeit nicht erleben. Der Fürst, freilich für seine Prahlereien bekannt, empfahl gar acht Tage für eine Entdeckungstour. Schneller erobert man sich das Gelände mit dem Fahrrad oder, ganz stilvoll, mit der Kutsche. Doch zu Fuß ist es eben doch am besten.

Das Gemälde "Muskau, Blumengärten im Pleasureground (Ausschnitt)" aus: "Hermann Fürst von Pückler-Muskau, Andeutungen über Landschaftsgärtnerei 1834", ist in der Ausstellung zu sehen.
Das Gemälde "Muskau, Blumengärten im Pleasureground (Ausschnitt)" aus: "Hermann Fürst von Pückler-Muskau, Andeutungen über Landschaftsgärtnerei 1834", ist in der Ausstellung zu sehen.

© dpa/Fürst-Pückler-Park Bad Muskau

„Der Muskauer Park ist ein Gebet an die Schönheit von Natur und Landschaft“, sagt Panning und erklärt: „Nur wer die Flussterrassen beiderseits der Neiße erklommen hat, wer Blick und Gegenblick erlebt hat, nur wer sich den Park und seine wichtige Topografie auch physisch erschlossen hat, wird in den wahren Genuss der monumentalen Schönheit kommen.“ Dem Werk des Fürsten kann man sich noch bis Oktober aber auch in einer Ausstellung nähern.

Pückler verlässt den Besitz, ohne sich umzudrehen

Zierliche Brücken liebte der Fürst am liebsten in Blau.
Zierliche Brücken liebte der Fürst am liebsten in Blau.

© mauritius images/Mehlig

1811, nachdem Pückler die Standesherrschaft von seinem Vater übernommen hatte, reifte seine „grüne“ Idee. Inspiriert von den Eindrücken, die er in englischen Landschaftsgärten gewonnen hatte, machte er sich, vor allem mit Hilfe seiner Frau Lucie, ans Werk.

Zunächst musste Platz geschaffen werden. Die das Schloss umgebenden gradlinigen Wassergräben missfielen dem Fürsten, er wünschte sich einen See drum herum. Wirtschaftsgebäude ließ er niederreißen, sein geplantes „Landschaftsgemälde“ sollten nur ganz besondere Gebäude zieren. Eine zierliche Burg zum Beispiel, für die er von Karl Friedrich Schinkel einen Entwurf erbat.

Der Architekt lieferte, doch realisiert wurde dieser Neubau nach mittelalterlichem Vorbild nicht, anders als der leider heute verschwundene „Tempel der Beharrlichkeit“.

Ohne nähere Berührung mit der Menge

Ein Badepark im Schnuckental entstand und ein Englisches Haus oberhalb des rechten Ufers der Neiße. Eine Cottageanlage, die „den Charakter heiterer Ländlichkeit und Geselligkeit darbietet“, schwärmte der Fürst. Eine Anlage fürs Volk, mit Tanzplatz, Schießanlage und Kegelbahn. Nach dem Krieg wurde das Englische Haus zum Stützpunkt polnischer Grenzsoldaten, verfiel nach einigen Um- und Ausbauten und wurde schließlich ganz abgetragen.

Eine hölzerne Plattform ersetzt heute jenen Pavillon, in dem Fürst Pückler gern saß. „Auf einem Hügel gegenüber steht im ‚Gebüsch ein isolirter Salon ... von dem man das ganze Tableau der sich unten belustigenden Menge übersehen kann, ohne mit ihr in nähere Berührung zu kommen als man eben wünscht“, freute sich der Parkomane.

Könnte hier nicht wieder ein Biergarten entstehen? Renata Stachanczyk schüttelt den Kopf. Das wäre unter den heutigen strengen Auflagen logistisch nicht möglich. Leknica, der nächste Ort auf polnischer Seite, ist ja ein Stückchen weg.

Der Park ist wie ein Fass ohne Boden

Kaum zehn Jahre nach Beginn von Pücklers Arbeiten, war die ansehnliche Mitgift seiner Frau Lucie schon in den Sand verbaut. Und der Gatte hatte ja immer neue kostspielige Pläne.

Da war zum Beispiel die Sache mit der Ananas. Die Zucht dieser Frucht war in Deutschland erst um 1700 gelungen. Schnell wurde sie zum begehrten Gut, zierte hochherrschaftliche Tafeln. Pückler wittert ein gutes Geschäft. In großer Zahl will er sie ziehen, 2000 bis 3000 Stück pro Jahr schweben ihm vor. 1834 entsteht daher ein Ananashaus und Gewächshäuser, Ludwig Persius entwirft dem Fürsten eine neue Orangerie. Doch das Unternehmen scheitert.

"Muskau verkauft an den Prinzen der Niederlande!". Notiz von Lucie von Pückler.
"Muskau verkauft an den Prinzen der Niederlande!". Notiz von Lucie von Pückler.

© dpaFoto: Caroline Seidel/dpa

Finanziell steht der Fürst immer wieder vor dem Ruin. 1826 bereits lässt er sich einvernehmlich von Lucie scheiden, um in England eine reiche Braut zu finden. Es klappt nicht – und in zahlreichen Briefen berichtet er Lucie von seinen Erlebnissen. Die versammelt die Texte clever in einem Buch, das sich glänzend verkauft. Doch kaum kommt Geld herein, wird es sofort wieder ausgegeben. Der Park ist wie ein Fass ohne Boden. Zudem ist der Fürst auf seinen zahlreichen Reisen nicht eben sparsam.

In seiner Abwesenheit beaufsichtigt Lucie die Arbeiten – und kümmert sich wohl auch sonst viel darum. Denn Pückler liebt die Muße. In einem Tagebucheintrag von 1841 heißt es: „Ich stehe um 2 Uhr mittags auf, mache meine Morgentoilette, frühstücke allein und lese, besorge meine Korrespondenz, komponire zuweilen und rauche viel türkische Pfeifen bis gegen 8 Uhr, wo ich zur Tafel herabgehe ...“ Dort gibt es dann „Champagner, Bordeaux, Trüffeln von Perigord und Pasteten von Straßburg und andere Delikatessen ...“.

1845 verkauft Pückler seinen Besitz an den niederländischen Prinzen Friedrich von Oranien-Nassau. Er soll, ohne sich umzudrehen, davongeritten sein. Und fing in Branitz noch mal von vorne an.

Tipps für Bad Muskau

Hier ruht der Fürst: Grabpyramide in Branitz.
Hier ruht der Fürst: Grabpyramide in Branitz.

© Patrick Pleul/Picture Alliance

ANREISE
Mit der Bahn gelangt man binnen gut zweieinhalb Stunden etwas umständlich nach Bad Muskau (mit Umsteigen in Cottbus bis Weißwasser und von dort mit dem Bus 250). Von Weißwasser aus fährt zu zahlreichen Terminen auch die Waldeisenbahn (ab und zu mit Dampflokbetrieb) bis Bad Muskau (einfache Fahrt 5,80 Euro).

UNTERKUNFT

Erstes Haus am Platze und direkt am Parkeingang gelegen: Kulturhotel Fürst Pückler Park. Doppelzimmer ab 138 Euro mit Frühstück. Sehr gute Küche. (Schloßstraße 8, Bad Muskau, Telefon: 035771/ 53 30)

EINKEHR

Restaurant „Oleander“ in der Turmvilla. (Hermannsbad 9, Telefonnummer: 0357 71/508 80)

LESEN
Hermann Fürst von Pückler-Muskau: Andeutungen über Landschaftsgärtnerei, Insel Taschenbuch, 372 Seiten, 14 Euro.

Heinz Ohff: Der grüne Fürst, Piper Taschenbuch, 336 Seiten, 10,99 Euro.

KUTSCHFAHRTEN

Eine Runde im Pücklerpark kostet bei maximal fünf Personen in der Kutsche 100 Euro. (Reiterhof zum Tannengrund, Gablenz, Telefon: 03 57 71/639 50)

AUSKUNFT

Bad Muskau Touristik, Bad Muskau, Telefon: 035771/ 50 492.

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