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Nur Natur weit und breit – auf dem Weg zwischen Chorin und Brodowin.

© Hella Kaiser

Wandern im Barnim: Einmal Brodowin und zurück

Natur macht Staunen: Eine Runde zu Fuß vom Kloster Chorin bis zum Ökodorf Brodowin.

Rausfahren aufs Land, irgendwo einkehren zu Kaffee und Kuchen und wieder zurück? Kommt nicht infrage. An diesem Sonntag wollen wir wandern. Das Kloster Chorin zum Beispiel verbindet ein Rundweg mit dem Ökodorf Brodowin.15,5 Kilometer lang ist die Strecke – das ist doch mal eine Herausforderung.

Das Kloster, vom Architekturgenie Karl-Friedrich Schinkel einst als „des Landes schönster Schmuck“ bezeichnet, kennen wir schon. Und wir lassen uns auch nicht verführen, im gemütlichen Klostergarten Platz zu nehmen. Den freundlich gereichten Flyer nehmen wir aber mit. Darin werden gleich drei, allerdings ganz kurze Rundwanderwege empfohlen. Einer schlängelt sich zwei Kilometer lang um den Amtssee herum. In einer Stunde gut zu schaffen. Würde die Strecke nicht reichen? „Nein“, sagt der Begleiter streng, „wir werden jetzt wie geplant die große Runde gehen.“

Das Beste am Amtssee: Man wird immer klüger

Auch die führt, vom Kloster aus linksherum, ein Stück am Amtssee entlang. Ein nettes Gewässer. Das Beste: Man wird hier immer klüger. Gleich hinter einem Holzbrückchen kündet ein Schild vom Wesen des Bibers. Drei Pfund Pflanzen frisst er am Tag, seine Zähne braucht er nicht zu pflegen: Sie wachsen nach. In einer Nacht kann er eine 20 Zentimeter dicke Weide umlegen und muss sich doch ständig sorgen: Um ein Revier für seine Familie zu finden, braucht er ein unverbautes Ufer, das mindestens zwei Kilometer lang ist. Das könnte am Amtssee gerade noch gelingen.

Links des Weges stehen Apfelbäumchen, keineswegs in Reih und Glied: eine Streuobstwiese. Das ideale Terrain für Wiedehopf, Gartenbaumläufer, Stieglitz, Steinkauz und andere Vögel. Das wissen wir, weil es hier auf einer Infotafel steht. An einem heißen Tag würden wir nun nicht weiterwandern. Zu verlockend ist ein Steg, von dem aus man kopfüber ins Wasser springen könnte – und dann zu den Seerosen schwimmen.

Tun wir aber nicht. Wir überqueren die kaum befahrene Landstraße und biegen linkerhand in den blau-weiß gekennzeichneten Waldweg ein. Auf nach Brodowin. Der Weg ist etwas krumpelig gepflastert. Aber rechts und links an den Rändern kann man auf weichem Sandboden laufen.

Hier fühlt sich der Hochmoor-Bläuling wohl

Eben noch haben die Vögel melodisch gezwitschert, da wird ihr Konzert rüde übertönt. Warum müssen Frösche derart laut quaken? Wo sind sie überhaupt? Einen Sumpf oder gar Teich können wir nicht entdecken. Womöglich verbergen sie sich in den Kesselmooren. „Das sind verlandete, zu- und abflusslose Gewässer, die aus den Niederschlägen der Umgebung gespeist werden.“ So steht es auf dem Schild am Weg. Wieder was gelernt.

„Ungestörte Moore gehören zu den letzten ursprünglichen Lebensräumen in Mitteleuropa“, erfahren wir noch. Und dass sich dort der Hochmoor-Bläuling wohlfühlt und die kleine Moosjungfer, eine Libellenart.

Dr. h.c. Alfred Dengler (1874–1944) hat all das sicher gewusst. Er war Verwalter der Oberförsterei und hat 1930 das Lehr- und Handbuch „Waldbau auf ökologischer Grundlage“ verfasst. Deshalb ehrt man ihn hier mit einer Bronzeplatte auf einem Findling. Was dort nicht steht: Im November 1933 hatte Dengler ein „Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler“ unterschrieben.

Der Mann am Wegrand ist zu beneiden. Er hat ein Fernglas

Hier gibt's bio: Der Hofladen in Brodowin.
Hier gibt's bio: Der Hofladen in Brodowin.

© Hella Kaiser

Weiter geht es durch den Wald – und plötzlich ist es, als zöge jemand einen Vorhang zur Seite. Rechts und links grün gewelltes Land in verschiedenen Schattierungen, darüber Himmelsblau. Eine Weite zum Verlieben. Wäre hier eine Bank – man würde lange verweilen.

Ein Mann steht am Weg – und ist zu beneiden. Er hat ein Fernglas. Wir müssen die Augen zusammenkneifen, um die Tiere zu beobachten: rechts fünf, sechs Kraniche und ein Weißstorchenpaar, links jede Menge Wildgänse. Alle Tiere zeigen sich wie auf dem Präsentierteller. Deshalb stehen auf überschaubarem Raum wohl auch vier Hochsitze. Zum Glück sitzt nirgendwo ein Jäger drauf und wartet auf ein Reh.

"Dem Dorf geht es gut"

Der Weg nach Brodowin ist jetzt eine Weidenallee. Alle Bäume wurden auf vielleicht zwei Metern Höhe gekappt – und sind doch ganz lebendig. Sie treiben kräftiges Grün aus. Wirkt wie ein kleines Wunder. Genau wie das Ökodorf Brodowin, das nach der Wende entstehen konnte.

Aus der alten LPG wurde die „Agrargenossenschaft Ökodorf Brodowin EG“, nun steht biologisch-dynamische Landwirtschaft im Mittelpunkt. „Dem Dorf geht es gut“, sagt Martin Flade vom Verein Ökodorf Brodowin. 430 Menschen leben hier. Am Dorfanger steht eine neogotische Kirche von Friedrich August Stüler. Vor wenigen Jahren wurde sie grundlegend saniert – und ist seither auch ein beliebter Ort für Konzerte.

Hier wird frisiert, nur nicht so oft.
Hier wird frisiert, nur nicht so oft.

© Hella Kaiser

Kurios dagegen ist „Salon Linke“, der Dorffriseur. Er wirbt mit einem genial gezeichneten Frauenporträt. Wer sich hier allerdings zum „Waschen, Schneiden, Föhnen“ anmelden will, muss flexibel sein. Öffnungszeiten: Dienstag 9–11 Uhr, Freitag 13–17 Uhr.

Zahlreich schwirren Mücken herum

Erst mal was essen. Wir betreten den Gasthof „Schwarzer Adler“. Deftiges steht auf der Karte. Seltsam genug: Weder die Kartoffeln noch die Eier fürs „Bauernfrühstück“ sind „bio“. Wären wir bloß geduldiger gewesen. Denn nach der Einkehrpause, linksherum durchs Dorf spaziert, landen wir am Brodowiner „Hofladen“. Dort wird nur „Biologisches“ verkauft – und an Ort und Stelle verspeisen kann man es auch. Sogar auf einer Terrasse.

Die Schilder für den Rückweg nach Chorin sind jetzt rot-weiß. Und führen wieder durch einen Wald, der leider etwas monoton wirkt. Kein Vergleich zum Hinweg. Also: schnell weiter. Überhaupt sollte man hier nicht stehen bleiben: Zahlreich schwirren Mücken herum.

Ehe die Füße zu schmerzen beginnen, erreichen wir den schmucken Bahnhof von Chorin. Der rote Regio nach Berlin steht schon bereit. Viele steigen ein, wir nicht. Unser Auto wartet auf dem Parkplatz am Kloster.

Tipps für Chorin und Brodowin

ANREISE

Mit dem Auto über die Autobahn A11 Berlin–Stettin, Abfahrt Chorin-Joachimsthal und weiter rund zwölf Kilometer über die L 23/B2 in Richtung Chorin.

Mit der Bahn (RE3) vom Berliner Hauptbahnhof bis Chorin binnen einer dreiviertel Stunde. Der Zug fährt einmal stündlich.

EINKEHR

Klostercafé mit schöner Terrasse. Serviert wird Regionales aus dem Ökodorf Brodowin. (von 10 bis 18 Uhr).

Hofladen in Brodowin, Brodowiner Dorfstraße 89, Telefon: 03 33 62/600 22.

KONZERTE

Am 25. Juni um 16 Uhr beginnt der „Choriner Musiksommer“ (bis 28. August) mit einem Konzert „Russland hören“, gespielt vom Brandenburgischen Staatsorchester Frankfurt.

Konzerte gibt’s auch in der Klosterkapelle. Etwa am 24. Juni, 16 Uhr (Sonaten für Violine und Cembalo) Eintritt: zehn Euro.

AUSKUNFT

Kloster Chorin, Telefon: 03 33 66/703 77.

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