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Einem schneeweißen Würfelhaufen gleicht die Masseria Alchimia.

© Cosmo Laera

Italien: Im Boden wächst die Trikolore

Kleine Orte, große Landschaft: Im Herbst lässt sich Apulien genießen – mit allen Sinnen.

Francesco Ricupero pflügt die rote Erde. Der aufgeworfene eisenhaltige Lehmboden duftet mineralisch. Hoch stehen auf den benachbarten Feldern die lilaroten Artischocken mit prallen Knospen, die Zichorien im gezackten Blatt. Kaum ist das eine geerntet, der Boden um- und umgegraben, sprießen schon knallgrün die Erbsen. Francesco und seine Frau Giulia arbeiten auf ihren Äckern vom Morgengrauen bis der Tag vergeht.

Ein Bauer kennt keinen Feierabend. Und der Urlauber nistet in seinen Feldern bei Fasano zwischen Bari und Brindisi. Wenn die tief stehende Sonne Olivenbäume, Gemüsefelder und Margeritenbäusche bestrahlt, steht der Feriengast auf der Terrasse der Masseria Alchimia und ist bewegt von so viel natürlicher Schönheit.

Grün. Weiß. Rot. Die Trikolore der italienischen Flagge ist wie für Terra die Bari gemacht. In dieser Region sind die Pflanzen grün und die Masserie strahlend weiß. Rot glost die Erde unter den Oliven. Die Masseria Alchimia gleicht einem schneeweißen Würfelhaufen, überragt alles Grün. Eine Pinienallee führt durch ein Tor von der Landstraße hinein. Am einstigen Gutshaus feudaler Herren aus dem 17. Jahrhundert verlieren sich die Wege zwischen Mohnblumen in den Äckern Francesco Ricuperos.

In der Ferne ist die Costa di Bari als Saum und das in der Sonne glitzernde Meer zu sehen. Francesco (50), in dritter Generation Bauer, hatte 1987 Land und Masseria den letzten der dort lebenden Ordensschwestern abgekauft, die an diesem lauschigen Ort lange Zeit junge apulische Mädchen auf ihre Hochzeit vorbereiteten.

Kein schönerer Ort in Sichtweite. Ein stillerer auch nicht

Francesco baute sein eigenes Haus. Die Masseria trennte er ab. 2008 verkaufte er sie an die Deutsch-Schweizerin Caroline Groszer. Die 50-Jährige hat Betriebswirtschaft studiert und ist alleinerziehende Mutter eines halbwüchsigen Sohnes. Eine attraktive Blonde, der es gelang, mit einem Finanzierungsprogramm der Europäischen Union das alte Gemäuer mit viel Stilgefühl zu großen und kleinen Apartments auszubauen.

Alles frisch im Hofladen von Bauer Francesco Ricupero.
Alles frisch im Hofladen von Bauer Francesco Ricupero.

© Inge Ahres

Kein schönerer Ort in Sichtweite. Ein stillerer auch nicht. Nur Gärtner- und Bauernland. Die Zimmer sind frisch, ohne altes Gerümpel, dafür mit nordischem Design und süditalienischer Handwerkskunst ausgestattet. Zehn Studios und Suiten in einer Größe zwischen zehn und fünfzig Quadratmetern entstanden so für elegante Ferien im ländlichen Umfeld des Städtchens Fasano auf halber Strecke zwischen Brindisi und Bari.

Alle Zimmer haben voll eingerichtete moderne Küchenzeilen. Vom Frühstück bis in den Abend könnte der Gast sich selbst versorgen.

Diese Zone Apuliens ist nicht von der Olivenkrankheit betroffen

Francescos Hofladen ist nicht weit. Er hält pflückfrische Tomaten, Orangen, Zitronen, Gemüse und Kräuter bereit, Eier von seinen frei laufenden Hühnern, Giulias hausgebackenes Weizenbrot und allerlei eingelegte Gemüse und Früchte vom eigenen Feld sowie jede Menge leckere Plätzchen.

Beim Käser Giovanni Tauro, der nur einen Steinwurf weiter einen Laden führt und 50 Kühe und 100 Schafe hält, gibt es tagfrische Mozzarella und anderen regionalen Käse. Wer nicht das Zeug zum Selbstversorger hat, folgt den Empfehlungen von Caroline Groszer, die ihren Gästen ihre Puglia-Card in die Hand drückt und dazu eine Liste mit ausgewählten Geschäften und Restaurants ihres Vertrauens, die nicht nur hervorragend sind, sondern auch Rabatt gewähren.

Die Deutsch-Schweizerin Caroline Groszer baute die alte Masseria Alchimia mit viel Stilgefühl um.
Die Deutsch-Schweizerin Caroline Groszer baute die alte Masseria Alchimia mit viel Stilgefühl um.

© Cosmo Laera

Wir machen einen Spaziergang durch die Gärten in Richtung Meer. Mit Vergnügen sehen wir, dass diese Zone Apuliens nicht von der Olivenkrankheit, dem Feuerbakterium, betroffen ist. Im südlicheren Salento herrscht gelinde gesagt Panik, da es heißt, dass Tausende der alten Bäume gefällt werden sollen.

Oliven gelten schließlich als das bäuerliche Wahrzeichen Apuliens. „Wer Olivenbäume hat, sollte sie auch gut pflegen“, weiß Francesco, der allein 2000 dieser Methusalems hütet und 20 Hektar Land mit Gemüse bestellt. Knorrig stehen die alten Riesen in der roten Erde, und unter manchen wächst sogar der dem Brokkoli ähnliche Stengelkohl. Überall sehen wir Bauern auf dem Feld, die ihre Feldfrüchte in der abendlichen Sonne bewässern.

"La Paloma" rührt an die Gefühle

Starke Kontraste: Einer der gepflegten Olivenhaine Apuliens.
Starke Kontraste: Einer der gepflegten Olivenhaine Apuliens.

© Mauritius Images

Apulien im Absatz des italienischen Stiefels liegt zwischen dem Adriatischen und dem Ionischen Meer. Die Terra di Bari bildet das Hinterland der gleichnamigen Costa. Sie ist ein herrlicher Grüngürtel mit kleinen Orten, weißen Barockstädtchen in Meeresnähe und felsigen, wildromantischen Stränden.

Hier zieht sich die kalkhaltige Murghe bis in den südlichen Salento felsig und fruchtbar dahin, und jede Menge Masserien, von denen aus früher die Güter der Feudalherren verwaltet wurden, bieten seit einigen Jahren Unterkunft für Feriengäste.

Wir radeln zur Abwechslung mal nach Savelletri di Fasano, trinken einen Café bei Vicenzo in der Skipper-Bar und läuten den Mittag an Vitos gläsernem Pavillon Pescheria 2 Mari ein, wo fangfrisches Fisch-Carpaccio mit einem Gläschen Schaumwein serviert wird. Die Küste ist rau hier und so gar nicht lieblich. Die bunten Wiesen haben sich bis zum schroffen Stein vorgearbeitet. Später am Porto Ghiaccolo mit Blick auf die Abbazia (Abtei) di Santo Stefano sehen wir zwei Frauen mit geschürzten Röcken im Wasser stehen und schwatzen. Ein kleines Restaurant schmiegt sich an die Bucht. Wir kommen wieder.

Graupen, Auberginen und Stracciatella-Käse - einfach köstlich

Wir pflücken einen Strauß gelber Margeriten für unser Masserie-Zimmer und schlummern dort ein, bis die Nachmittagshitze verglüht ist. Später fahren wir nach Martina Franca, in die barocke Stadt, wo sich Palazzo an Kirche an Palazzo reiht, als seien die Herzöge Caracciola nicht schon seit Jahrhunderten fortgezogen.

Hier, 430 Meter über dem Meer, ist es am Abend schon frisch und wir ziehen unser Halstuch etwas fester. Wie mit Puder bestäubt schimmern die feinen Paläste geradezu märchenhaft im goldgelben Licht der Gassenlampen. Die Männer haben sich fein gemacht und stehen plaudernd beieinander. Wie überall in Italien ist es Zeit für Kommunikation, wenn die Sonne geht.

Giulia liefert dem Hofladen von Franceso Ricupero ihr selbst gebackenes Brot.
Giulia liefert dem Hofladen von Franceso Ricupero ihr selbst gebackenes Brot.

© Inge Ahrens

In der Kathedrale wird Messe gehalten, und die Restaurants sind in vorfreudiger Stimmung. Wir besuchen das schneeweiße Bistro Garibaldi und naschen Bohnen- und Kartoffelmus, dazu Zichorien, Graupen, gebratene Auberginen und Stracciatella-Käse. Einfach köstlich.

Bei unserer Rückkehr herrscht in unserer Ferienunterkunft klösterliche Stille. Nur die Hunde der Bauern kläffen hin und wieder. Die Masseria Alchimia liegt einfach perfekt: für Spaziergänger oder Radler oder als Ausgangsort für eine Autofahrt ins Salento vielleicht. Wer mag, kann auch eine Runde Golf auf dem nur zwei Kilometer entfernten Platz von San Domenico spielen oder in einem der Beachclubs nachschauen, wie der mondäne Apulier den ausklingenden Sommer zelebriert.

Wir bekommen das Original Plätzchenrezept von Giulias Oma

Alberobello mit seinen kleinen Zipfelmützenhäusern ist nicht weit und das dem Meer zugewandte Monopoli mit den Resten des Normannen-Kastells. Wir fahren durch das Valle d’Itria, wo die kleinen Spitzdächer der Trulli wie braune Zuckerhüte aus den Gärten aufschauen. Die Terra di Bari mit ihrer vorgelagerten Küste ist wirklich abwechslungsreich. Kleine Orte, große Landschaft.

Bei Francesco haben wir die Kekse mit der Kirschmarmelade eingepackt und bekommen das Originalrezept von Giulias Oma dazu wie auch eine Tüte Taralli, das sind die kleinen Weizenkringel, eine apulische Spezialität. Auf unserer Terrasse entkorken wir eine Flasche roten Primitivo di Puglia und genießen den nachtblauen Himmel im Sternenglanz. Von der benachbarten Terrasse klingt leise Musik. Gerade richtig für einen lauschigen Ferienabend.

Durch die trennende Schilfpergola sehen wir Cornelias Fuß im roten Flipflop wippen. Leise summt sie „La Paloma“. Auf Rumänisch allerdings, denn Cornelia kommt aus dem Banat. Sie arbeitet schon seit Jahren auf der Masseria. Und manchmal hat Cornelia Sehnsucht nach ihrer Heimat. So wie offenbar in diesem Moment.

„La Paloma“ ist der Inbegriff weltweiter Sehnsucht, und die romantische Stimmung in den Gärten der Masseria rührt an die Gefühle. Zitronenblüten und Jasmin duften schwer, und die rote Erde unter den Oliven sieht jetzt ganz schwarz aus.

Tipps für Apulien

ANREISE

Air Berlin fliegt nonstop in gut zwei Stunden von Berlin-Tegel nach Bari (knapp 200 Euro). Am besten leiht man sich dort ein Auto. Ein Kleinwagen kostet rund 150 Euro pro Woche. Fahrräder am Ort können Hotels vermitteln.

UNTERKUNFT

Masseria Alchimia, Fasano (Telefonnummer: 00 39 / 335 / 609 46 47, Doppelzimmer ab 69 Euro in den Wintermonaten, in der „Midseason“ wie jetzt muss der Gast mindestens drei Nächte buchen (ab 115 Euro pro Zimmer).

ESSEN UND TRINKEN

Gutes bekommt der Gast etwa im Il Punto in Torre Canne oder beim Bauern Francesco Ricupero (Masseria Monte).

AUSKUNFT

Im Netz: pugliaimperiale.com, masserien.de

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