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Alles frisch. Wer sich zu einer Bootsfahrt auf dem Douro entschließt, wird sich Porto und seine Märkte nicht entgehen lassen.

© Gerald Penzl

Portugal: Am Ufer der Weinbarone

Auf dem Douro entdecken Freizeitkapitäne Portugals schönste Seiten. Am Ufer bietet sich immer wieder die Gelegenheit, einen Portwein zu probieren.

„Ihr müsst los“, mahnt Patricia, „um 18 Uhr schließen die Schleusen. Dann seid ihr erst morgen Abend in Peso da Régua.“ Die Managerin der Charterfirma FeelDouro hat den Satz kaum zu Ende gesprochen, da haben wir die Marina schon hinter uns gelassen und nehmen den Rio Douro unter den Kiel. Backbord voraus beeindruckt Portos steinerne Vergangenheit. Längst steht die Stadt auf der Welterbeliste der Unesco. Steuerbord grüßen die Jahrhunderte alten, schneeweiß getünchten Kellereien der Portwein-Barone.

Ein paar Schraubendrehungen weiter spannt sich die Ponte Dom Luís I. über den Fluss. Die kühn geschwungene, 1886 eröffnete Eisenbrücke stammt aus den Konstruktionsbüros von Gustave Eiffel. Zwei Kilometer hinter dem musealen Prachtstück verabschiedet sich die stolze Handelsstadt. Streusiedlungen, Wiesen und Wälder rücken ins Bild; nach gut einer Stunde dann erhebt sich der Crestuma Staudamm aus den grünen Fluten.

Zeit für einen Anruf beim Schleusenwärter. Irgendwo in dem grauen, knapp 500 Meter breiten Betonband nimmt der offenbar den Hörer ab, ein paar Minuten später schaltet die Ampel über dem Sperrtor von Rot auf Grün, das Portal öffnet sich, und wir laufen in den 14 Meter hohen Schiffslift ein.

„Die Schleusen des Douro“, hatte uns Patricia mit auf die Reise gegeben, „haben alle Schwimmpoller. Damit wird jeder Schleusengang zum Kinderspiel.“ Und tatsächlich, die Dinger sind superpraktisch, wir legen nur die Leinen drum, Wasser gurgelt in die Schleusenkammer und wir werden so sicher wie in Abrahams Schoß nach oben gehoben. Und weitergeht’s.

Barragem do Carrapatelo ist der Schleusen-Everest

„Bem venido!“ Miguel, seines Zeichens Chef über die Liegeplätze der Cais de Entre-os-Rios bei Alpendurada e Matos, winkt uns an den Steg. „Wollt ihr über Nacht bleiben?“, fragt er. Klar! Er hilft beim Anlegen und empfiehlt uns das Restaurant des Covento de Alpendurada als Adresse zum Abendessen. „Mönche leben dort schon lange nicht mehr“, sagt er. „Das Convento ist heute ein Hotel. Aber mit toller Aussicht auf den Douro und guter Küche. Soll ich euch ein Taxi rufen?“

Gute Idee – und ein hervorragender Tipp. Das Essen war prima, der Blick auf den Douro von der Terrasse des Klosters eine Wucht und die folgende Nacht ist ruhig und sternenklar. Am nächsten Morgen weckt uns die Sonne, wir frühstücken an Deck und schippern dann weiter flussaufwärts Richtung Barragem do Carrapatelo. Der sperrige Zungenbrecher steht für den Superstar der Douro-Schleusen mit – und jetzt wird’s haarig – einer Fallhöhe von sage und schreibe 35 Metern. Doch kein Problem, dank der praktischen Aufstiegshelferlein sind wir flugs im Oberwasser.

Drei Stunden hinter dem Schleusen-Everest liegt Peso da Régua. Das erste Signet dieses geschäftigen Zehntausend-Einwohner-Städtchens ist das berühmte Logo der Firma Sandeman. Überlebensgroß thront der Mann im schwarzen Umhang auf der Kuppe eines Weinbergs und süffelt genüsslich ein Gläschen Vinho.

Erfunden hatten den Trunk die Römer vor 2000 Jahren. Nach der Eroberung Portugals durch die Araber war der Rebensaft als Machwerk des Satans verpönt.

Doch dann kamen die Kreuzritter – und entdeckten den Vinho neu. Einer seiner treuesten Konsumenten war der Abt des Klosters von Lamego. Als weitgereister Mann wollte er auch in der Fremde nicht auf seinen Schlummertrunk verzichten. Um ihn haltbar zu machen, verschnitt er ihn mit Branntwein. Mitte des 18. Jahrhunderts verirrten sich ein paar britische Kaufleute ins Douro-Tal.

Das Museu do Douro zeigt den Weg des Weins in die Flasche

Interessiert probierten sie den unbekannten, süßlich-schweren „Oriesterwein“ und fanden ihn ... „very fine“. Sie experimentierten mit dem Zeitpunkt des Verschnitts und legten so das Fundament für den Siegeszug des Vinho do Porto, des Portweins.

Wie mühselig der Weg der Trauben vom Rebstock in die Flasche war – und ist –, zeigt anschaulich das Museu do Douro in Peso da Régua.

Nach dem Besuch werfen wir einen Blick auf den schönen Bahnhof aus der Jahrhundertwende, setzen uns dann ins Taxi und kurven die Serpentinen der N 2 hinauf nach Lamego. Denn die Wallfahrtskirche Santuário Nossa Senhora dos Remédios muss man gesehen haben. Getreu dem Motto: Keine Gnade für die Wade, steigen wir an der Kathedrale von Lamego aus, decken uns in der Pastelaria da Sé mit köstlichen Mandelhörnchen ein und kraxeln die gut 600 Stufen zum doppeltürmigen Rokokokirchlein hinauf, entlang sakraler Kachelbilder und steinerner Heiligenfiguren.

Während in den Tabernas rund um die Kathedrale die Männer beim Vinho den Tag zerreden – thematischer Dauerbrenner sind neben den horriblen dívida pública, Staatsschulden, natürlich der beste Fußballklub der Welt, der FC Porto –, schweift unser Blick über schier endlose Rebhänge.

Hier hat Bacchus einen vinologischen Garten Eden erschaffen

Schleusen am Douro sind in Art und Größe schon sehr speziell.
Schleusen am Douro sind in Art und Größe schon sehr speziell.

© Gerald Penzl

Die Statuten des Instituto dos Vinhos do Douro e Porto sind streng. Was als amtlich anerkannter Portwein die Gaumen der Welt begeistern will, muss im Alto Douro, dem eng umgrenzten Anbaugebiet zwischen Peso da Régua und Barca d’Alva, als Traube geboren worden sein. Auf diesen rund hundert, von der Unesco 2001 zum Weltkulturerbe gekürten Kilometern hat Bacchus in rebseliger Allianz mit allen portugiesischen Weinheiligen einen vinologischen Garten Eden in Kleinformat erschaffen.

Während über Porto die Stürme des nahen Atlantik toben und vor den Toren der barocken Handelsmetropole kaum ein Grashalm durch die harten Granitböden dringt, jubilieren die Winzer im Alto Douro über angenehme Temperaturen, wetterschützende Berge und wasserdurchlässige Schieferböden.

Wir lassen Peso da Régua und seine „nur“ 28,5 Meter hohe Schleuse hinter uns. Das Aussehen des Douro wandelt sich, der Fluss wird schmaler, seine Schleifen werden enger. Am Ufer stehen die Quintas, die gediegenen Herrenhäuser der Weinbarone. Rebstöcke wachsen nun an steilen Bergen. Das Rattern eines kleinen Regionalzuges durchbricht die Stille.

Kenterte ein Boot, konnten die halb vollen Fässer noch geborgen werden

Wir erreichen das nostalgische Postkartenörtchen Pinhão und vertäuen unsere Motorjacht am Steg. Wenige Meter weiter können wir im Weinladen des Vintage House Hotels einer Degustation nicht widerstehen. Wir treten ein, schauen uns um, der Sommelier erkundigt sich nach unseren Wünschen und schenkt ein: einen zehn Jahre alten Tawny. Der Tropfen aus dem Hause Niepoort rinnt ins Glas und betört mit feinen Nuss- und Früchtearomen. Ah, vielleicht doch noch einen Schluck. Vorsicht, Suchtgefahr!

Schon den Römern war der Douro nicht geheuer. In den Stromschnellen, mutmaßten sie, hausten teuflische Flussdämonen; schmolz in den Bergen dann noch der Schnee oder kübelten die Götter den Himmel über dem Douro aus, verwandelte er sich zu einer reißenden Bestie.

Bis zur Eröffnung der Dampfeisenbahn 1873 wurde der Vinho auf dem Wasserweg in die Kellereien nach Porto gebracht. Die Schiffe waren lange, flache Holzboote, sogenannte Rabelos, die selbst in den Stromschnellen prima navigieren konnten. Die Fässer selbst waren nur halb gefüllt; kenterte ein Boot, schwamm die gesamte Ladung talwärts und konnte meistens noch geborgen werden. Manchem Havaristen haben die bauchigen Dinger wohl auch das Leben gerettet.

Im Vale do Côa haben Steinzeitkünstler Tausende von Tiermotiven in den Fels geritzt

Erst der Bau der Schleusen und Staudämme in den 1970er und 80er Jahren zähmte den Fluss. Ein harmloses Spaßrevier für Wassertouristen ist der Lebensspender des Portweins trotzdem nicht. Zwei, drei Kilometer vor der Valeira Schleuse verengt sich der Douro auf rund 30 Meter Breite. Wenn einem dann ein ausladendes Flusskreuzfahrtschiff entgegenkommt und auf das Recht des Stärkeren pocht, kann es schon sehr ungemütlich werden ...

Der letzte Schiffslift vor der spanischen Grenze ist die Schleuse Pocinho (22 Meter). Während wir sie ansteuern, verdunkelt sich der Himmel. In der Schleuse dann lässt Petrus ordentlich was runterregnen. Wir werden nass bis auf die Haut. Was tun? Weiterfahren? Bei diesem Wetter? Kurz entschlossen rufen wir ein Taxi und fahren in den Parque Arqueológico do Vale do Côa. Vor 25.000 Jahren hatten Steinzeitkünstler hier Tausende von Tiermotiven in die Felsen geritzt.

Im Museum des riesigen Freilichtateliers tauchen wir in die Dämmerstunde des Douro-Tals ein. Die Region war wohl schon immer ein geniales Tischlein-deck-dich. Fisch, Nutztiere und Wild, der Homo durius lebte wie im Schlaraffenland, hatte einst allerdings wohl nur Wasser statt Vinho in seinem Trinkgefäß. Wie schade für ihn.

Tipps für den Douro

ANREISE

Mit Brussels Airlines täglich von Berlin über Brüssel nach Porto, etwa 400 Euro

DIE REGION

Wer den Douro befahren möchte, wird die Stadt Porto besuchen. Neben der Altstadt, imperialen Plätzen und Prachtalleen sowie einer Vielzahl barocker Sakralbauten locken nostalgische Cafés (Tipp: Café Majestic, cafemajestic.com) und Restaurants. Besonders beliebt ist das Hafenviertel Ribeira. Bei Fischgerichten und Vinho Verde blickt man über den Douro auf die Portweinkellereien der gegenüberliegenden „Schwesterstadt“ Vila Nova de Gaia.

DER FLUSS

Der Douro (spanischer Name: Duero) entspringt in Spanien. Der Fluss ist rund 900 Kilometer lang und überwindet zwischen Barca d’Alba an der spanisch-portugiesischen Grenze und der Hafenstadt Porto 132 Höhenmeter. Für die Schiffbarkeit der 210 Kilometer langen Strecke sorgen fünf Stauwerke beziehungsweise Schleusen.

CHARTER

FeelDouro ist eine portugiesische Yachting- und Charterfirma mit Sitz in Porto. Im Portefeuille des Unternehmens sind eine Lagoon 39 (Kat-Segler), ein 44 Fuß Stahlverdränger, zwei Greenline 33 sowie zwei Greenline 40.

Die Greenlines werden für Törns auf dem Douro mit und ohne Skipper verchartert; der Skipper kostet 150 Euro pro Tag, Selbstfahrer brauchen den Sportbootführerschein Binnen. Der Mietpreis zum Beispiel für die Greenline 33 (165 PS) variiert je nach Saison zwischen 1300 und 2230 Euro/Woche. Dazu kommen Sprit, Kaution und Schleusengebühren (9,98 Euro / Schleuse). Die Schiffe liegen in der Marina Douro, etwa vier Kilometer flussabwärts hinter der Ponte Dom Luis I. (feeldouro.com).

AUSKUNFT

Tourismo do Portugal, im Internet: visitportugal.com. Porto und Douro-Tal in deutscher Sprache: visitportoandnorth.travel. Schleusen- und Schifffahrtshinweise auf dem Douro: www.douro.iptm.pt

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