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Eigner Georg Ebert hat sich sein Traumschiff selbst gebaut.

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Flussschiff des Jahres 2011: Serenité: So klein, so nett

Die gediegene „Serenité“ hat nur Platz für zwölf Passagiere. Die Jury kürte den umgebauten Lastkahn nun zum „Flussschiff des Jahres 2011“. Ein Blick an Bord.

Sie stehen auf der Bühne im Royal Meridien Hotel in Hamburg und suchen nach Worten. Rita Medoev und Georg Ebert, Erbauer, Eigner und Betreiber der Serenité, können es noch nicht fassen: Ihr Schiff, ausgelegt für nur zwölf Passagiere, wurde zum „Flussschiff des Jahres 2011“ gekürt. Die zehnköpfige Jury vom Bellevue-Kreuzfahrt-Guide hat damit die Philosophie der beiden bestätigt und die Individualität, das Reisen im kleinsten Kreis, den persönlichen Service und die Routenvielfalt höher bewertet als tolle Wellnesscenter und breit gefächerte Abendunterhaltung, mit denen die Großen der Branche punkten können.

„Anfangs war das gar kein Schiff“, erzählt Rita, als sie sich etwas gefasst hat, „sondern eine Idee, ein Traum.“ Geträumt von Georg Ebert, damals Kapitän auf einem Fünf-Sterne-Flusskreuzer, und seiner besseren Hälfte, der Hotelmanagerin. „Unser Schiff ist ein Neubau“, erklärt Rita eine der wesentlichen Besonderheiten im Unterschied zu den ausrangierten, umgebauten Lastkähnen, die außer der Serenité auf den Kanälen Frankreichs verkehren.

„Wir haben das Schiff exakt nach unseren Vorstellungen geplant und gebaut.“ Zu diesen Vorstellungen gehörte auch, für die kleine Familie rund um die Uhr da zu sein, den individuellsten Service zu bieten, den man sich vorstellen kann. Der Erfolg der Serenité liegt in der „Software“, nicht in der Hardware.

Das Leben an Bord der Serenité spielt sich auf ihrem Hauptdeck ab. Es zieht sich vom Bug, wo die Fahrräder für die Passagiere verzurrt sind, bis zum Heck mit seinem kleinen Whirlpool und den edlen Holzmöbeln. Dazwischen liegt ein großer, langer Gesellschaftsraum, in den vorn das Steuerhaus integriert ist, offen und für jedermann zugänglich, denn Kapitän Georg Ebert sucht den Kontakt zu seinen Passagieren. Einer Lounge mit Sofas und Sesseln schließt sich das Restaurant an, eine große Tafel, die auch in mehrere Tische geteilt werden kann.

Die Einrichtung der sechs Passagierkabinen ist exakt gleich. Es gibt keine Klassenunterschiede auf der Serenité. Mit Fernsehgerät und Videofilmen, einem Bullauge, das sich öffnen lässt, gediegener Wurzelholzausstattung und einer Nasszelle mit Dusche sind sie ein gemütliches Zuhause auf kleinem Raum. Oben hat die Serenité noch ein Sonnendeck. Wenn die Brückenhöhen es zulassen, ist ein Sonnensegel aufgespannt, und Trimmgeräte stehen bereit.

Maßarbeit sei Dank - Der Reise durch Europa steht nichts im Wege. Lesen Sie mehr über die Serenité auf Seite zwei.

Bühne frei auf der Seine. Auch vom Wasser aus ist Paris herrlich – und die „Serenité“ macht eine gute Figur vor Notre Dame.
Bühne frei auf der Seine. Auch vom Wasser aus ist Paris herrlich – und die „Serenité“ macht eine gute Figur vor Notre Dame.

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Die Hotellerie macht traditionell auf jedem Schiff das Gros der Besatzung aus. Das ist auch auf der Serenité nicht anders: Zur fünfköpfigen Mannschaft – Rita und Georg schon mitgerechnet – gehören zwei Stewardessen, die für das Housekeeping ebenso zuständig sind wie für den Service bei Tisch, und ein Koch. Letzterer heißt Jürgen, lebt im Winter in Honduras und betreut in der Sommersaison die Kombüse an Bord. Er schätzt den engen Kontakt zu seinen Gästen, merkt sich besondere Vorlieben und mag es sogar, wenn Topfgucker einmal an die Küchentür klopfen.

Jeder tut, was er kann: Für die morgendliche Fahrt mit dem Fahrrad zum Bäcker, mit dem Taxi zum Supermarkt gibt es auf der Serenité maximal fünf Kandidaten. Doch halt – manchmal kommt unversehens einer hinzu. Dann nämlich, wenn ein Gast die Bäckertour übernehmen oder dem Kapitän helfen möchte, an der Anlegestelle rasch mit der Obstleiter einen Mirabellenbaum abzuernten. Wichtig ist, dass das Niveau und die Distanz zum Gast immer so weit gewahrt werden, dass die Serenité ein echtes Fünf-Sterne-Schiff bleibt. Beim Landgang trinken die Gäste ein Bierchen mit der Mannschaft, beim Captain’s Dinner ist Georg Ebert im feinen Zwirn ihr Gastgeber.

Flussschiffe sind mehr als Hochseekreuzfahrer durch ihre Größe in ihrer Beweglichkeit beschränkt. Brückenhöhen und die Breite der Schleusenkammern kennen kein Pardon. Die Serenité hat ihren Korpus perfekt an das System angepasst. 39,50 Meter sind die Schleusenkammern mindestens lang und 5,10 Meter breit. Die kleine Schiffslady misst 38,50 Meter in der Länge – und in der Breite bleiben bei 5,06 Meter ganze zwei Zentimeter an jeder Seite, wenn Georg Ebert sie feinfühlig in die Schleuse hineinmanövriert.

Die Maßarbeit zahlt sich aus: Von der Ostseeküste kann die Serenité quer durch Europa reisen; nichts hindert sie, die Rhône und damit das Mittelmeer zu erreichen. In einem weiten Bogen durch Frankreichs, Belgiens und Hollands Kanäle kann das Schiff in den Norden zurückkehren. 2012 befährt es zum ersten Mal die Saarschleife, überquert auf einer Kanalbrücke die Loire und erreicht im August Arles und Avignon. Der Goldene Herbst gehört einem Abstecher in den Neckar.

Alle Fäden an Bord laufen bei Rita zusammen. In ihrem winzigen Büro hinterm Steuerhaus ist ihr Reisebüro. Via Mobiltelefon und Internet ist sie ihre eigene Buchungszentrale. Und sie hat gut zu tun, denn oft sind Reisen schon ausgebucht, ehe der Katalog fürs nächste Jahr gedruckt wird. Sie spricht fünf Sprachen und hat auf renommierten Schiffen gearbeitet, bis sie alle Erfahrungen gesammelt hatte für ihre jetzige Rolle: der gute Geist der Serenité.

Georg Ebert war Kapitän bei der Köln-Düsseldorfer, übernahm später die River Cloud. Er vereinigt alle nautischen Berufe in seiner Person: Kapitän, Maschinist und Matrose. Für neu an Bord kommende Passagiere sind sie Grande Dame und Grandseigneur, für ihre vielen Stammgäste hingegen sind sie Freunde, die ihnen ein wunderbares schwimmendes Feriendomizil geschenkt haben.

Oliver Schmidt

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