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Hotel-Flatrates: Nepp im Web

Hotel-Flatrates klingen vielversprechend. Wer rechnet, kommt oft günstiger durch die Welt

Da spitzt man doch die Ohren, wenn einem kostenloses Logis in 25 000 Hotels in 60 Ländern der Welt zu einem Pauschalpreis von 149 Euro im Jahr angeboten wird. So ging es auch Dirk Meyer (Name geändert), der vor ein paar Monaten einen Werbeanruf erhielt. „Reisen Sie gern?“, fragte die männliche Stimme am anderen Ende. Damit traf er die Achillesferse des Mannes. Seine Freundin und er waren tatsächlich gerade bei der Planung eines New-England-Trips, der in New York beginnen und enden sollte. Das Angebot klang verlockend und Meyer meinte, da ließen sich doch viele hundert Euro sparen. Seine Partnerin hingegen war skeptisch und bestand darauf, mehr über den Anbieter und dessen Offerte in Erfahrung zu bringen.

Konkret hieß es auf der Webseite dieses Anbieters: „Für jährlich nur 149 Euro können Sie in mehr als 2500 Zielen weltweit in über 60 Ländern an 365 Tagen im Jahr kostenlos in einem unserer über 25000 Hotels übernachten. Und das so oft wie Sie wollen! Sie kommen lediglich für die Anreise und Verpflegung auf. Und das nicht nur für Sie, sondern noch zwei weitere Personen Ihrer Wahl.“

Das bedeutet, so erfährt Meyer am Telefon: Man muss mindestens das Frühstück im Hotel zu sich nehmen und für dieses bezahlen. Das klang durchaus attraktiv. Erfahrungsgemäß zahlt man in einem Drei-Sterne-Hotel um die zehn Euro für ein Frühstück. Halb- oder gar Vollpension kommen für die beiden Reisewilligen jedoch nicht infrage, wenn sie in einer fremden Stadt unterwegs sind. Ein Doppelzimmer für 20 Euro inklusive Frühstück jedoch, dazu würden sie nicht Nein sagen.

Sie machen den Test. Der Flug nach New York startet in Frankfurt am Main. Also schauen sie, wie viel ein Hotel dort kosten würde. Mit der Datenbank auf der Webseite kommen sie nicht weiter – zwar werden alle Frankfurter Hotels aufgelistet, die an dem Programm teilnehmen, aber weder deren Verfügbarkeit noch deren Preis sind für Nicht-Mitglieder (also diejenigen, die die 149 Euro noch nicht gezahlt haben) ersichtlich. Es gibt also vorab keine Möglichkeit, zu prüfen, ob sich das Angebot lohnt.

Aber sie sind zäh und wollen es wissen. Meyer ruft an, doch niemand ist erreichbar. Also schreibt er eine E-Mail, um sich über den Preis für eine Übernachtung in Frankfurt für zwei Personen zu erkundigen. Nach drei Tagen die haarsträubende Resonanz: „Das einzige zu diesem Zeitpunkt verfügbare Hotel in Frankfurt ist das Intercity für 154 Euro auf Vollpension-Basis.“ Was für ein Lacher, denken Meyer und seine Freundin. Ihr Flug geht im Morgengrauen – wann bitte sollen sie die zu bezahlenden Mahlzeiten verzehren? Und 149 Euro für das Sonderrecht berappen, für 154 Euro in einem Hotel fernab vom Flughafen zu übernachten? Nein, danke.

Doch Meyer will die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Immerhin sind in den USA noch etwa 15 Übernachtungen geplant. Von New York aus soll es nach Woodstock gehen, dann in die Bundesstaaten Vermont, New Hampshire, Connecticut sowie Boston, die Halbinsel Cape Cod und auf Barack Obamas diesjähriges Sommerurlaubsdomizil Martha’s Vinyard in Massachusetts. Genügend Gelegenheiten also, um von dem Angebot zu profitieren.

Und in der Tat, die Rechnung scheint doch aufzugehen. Der Kundendienst des Flatrate-Anbieters preist 14 Übernachtungen in New York im Ramada Wayne- Fairfield für 999 Euro an. Das sind zwar immer noch 35 Euro pro Person für ein Frühstück, aber für New York ist das ein Schnäppchen. Die beiden reiselustigen Sparfüchse wollen anbeißen … bis die Suche bei Google Maps ans Licht bringt, wie abgelegen dieses Hotel ist. In einem Ort namens Wayne in New Jersey. Was hat das mit New York City zu tun? Sie wollen nach Manhattan – dort, wo die Action ist.

Die Hoffnung stirbt, als ihnen für Boston – so die letzte Anfrage per E-Mail vier Tage vor Urlaubsbeginn – ein Doppelzimmer auf Frühstücksbasis zu 90 Euro im Best Western Adams Inn angeboten wird. „Wann haben wir das letzte Mal für 45 Euro pro Person gefrühstückt“, fragt sich das Paar. Und, was ist das für ein sonderbarer Deal, für dessen vermeintliches Privileg sie auch noch 149 Euro hinlegen sollen?

Es folgt der Test. Meyer versucht, ein Zimmer in demselben Hotel über den Online-Anbieter Expedia zu buchen. Das verblüffende Ergebnis: Das Zimmer inklusive Frühstück kostet genau dasselbe – 90 Euro.

Verdacht bestätigt: Das verlockend klingende Angebot dieser Hotelflatrate kann wohl nur Nepp sein. Zumindest bekommt man in diesem Fall zu einem stolzen Beitrag nichts geboten, was nicht auch über herkömmliche Anbieter zu haben ist.

Letztlich finden die beiden auf eigene Faust ein Schnäppchen in New York. Für 64 Euro buchen sie ein Doppelzimmer im Herzen von Manhattan. Das Hotel 17 in der East 17th Street ist nur einen kurzen Fußweg vom East Village und vom Flatiron Building entfernt. Die Zimmer sind edel dekoriert und sauber. Ein wahres Wohlfühl-Hotel, keine billige Enttäuschung. Anja Löbert

Unsere Nachfrage bei der Berliner Verbraucherzentrale ergab, dass dort bisher keine Beschwerden über die sogenannten Hotel-Flatrates bekannt sind. Wie uns Reiseexpertin Eva Klarr mitteilte, gebe es ja im Internet eine Vielzahl verschiedener Methoden, Menschen um ihr Geld zu bringen. Meistens trete die Abzocke in Form von Gewinnspielen auf.

Wer sich für eine „Hotel-Flatrate“ entscheidet, sollte wissen: Die Lage der teilnehmenden Hotels ist selten zentral, die Verfügbarkeit von Zimmern meist stark eingeschränkt und die Preise für Mahlzeiten sind vielfach maßlos überzogen.

Anja Löbert

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