zum Hauptinhalt
Angeschickert. So kommt der vermeintliche „Europa“-Kapitän auf die Bühne. Der echte an Bord ist natürlich nüchtern.

© promo

Kabarettist Karsten Kaie im Interview: „Es sind ja immer reiche Witwen an Bord“

Als Kabarettist erlebte Karsten Kaie Skurriles auf der „Europa“. Er machte ein Programm daraus – und zeigt es auch in Berlin.

In Berlin kann man alles, sogar eine Kreuzfahrt miterleben. Zumindest auf der Bühne. Bis einschließlich Silvester tritt der Schauspieler und Kabarettist Karsten Kaie mit seinem Soloprogramm „Ne Million ist so schnell weg“ noch an verschiedenen Terminen (die nächsten: 31.10./1.11.) im Admiralspalast auf. Schauplatz der Comedy, in der Karsten Kaie in zwölf verschiedene Rollen schlüpft, ist die „Europa“.

Herr Kaie, in Ihrem Stück erzählen Sie dem Publikum augenzwinkernd, wie es so zugeht auf der „Europa“. Waren Sie denn selbst schon mal an Bord?
Ja, insgesamt sechs Mal, jeweils zwei, drei Wochen. Zuletzt im September 2013.

Sie sind dort mit zwei unterschiedlichen Stücken aufgetreten. Wie kamen Sie zu den Engagements auf See?
Der Entertainment-Direktor der „Europa“ hatte mich mit meinem Stück „Caveman“ in München gesehen. Danach hat er mich gebucht, das war in der Saison 2002/2003.

Wie oft mussten Sie jeweils spielen auf einem solchen Trip?
Das war ganz entspannt. Zwei Mal auf jeder Reise. Ich habe gehört, dass man auf anderen Schiffen, zum Beispiel auf denen von Aida-Cruises, öfter auftreten muss.

Karsten Kaie, 46, geboren in Bayern, studierte Theaterwissenschaft an der FU und war zur Schauspielausbildung in New York. Er präsentiert verschiedene Programme in Berlin.
Karsten Kaie, 46, geboren in Bayern, studierte Theaterwissenschaft an der FU und war zur Schauspielausbildung in New York. Er präsentiert verschiedene Programme in Berlin.

© promo/Gerhard Kassner

Die „Europa“ kann nur 400 Passagiere mitnehmen. Sie ist ein Luxusschiff.
Absolut. Ein Tag auf See kostet ja im Durchschnitt fast 800 Euro. Das muss man sich mal ausrechnen. Da zahlt man für einen solchen Trip also gut 10 000 Euro, da muss man schon seinen Geldbeutel beieinanderhaben.

Den Satz: „Ne Million ist so schnell weg“ – auch der Titel Ihres Programms – haben Sie einer jammernden schwerreichen Schweizerin in den Mund gelegt ...
Die gab es tatsächlich. Es sind ja sowieso immer etliche reiche Witwen an Bord. Manche Leute mit sehr viel Geld sind arrogant, aber viele sind eben auch sehr nett. Bei manchen ist auch zu merken, dass sie einsam sind. Man sieht den Menschen natürlich nicht an, dass sie Multimillionäre sind. Wer ganz viel hat, ist meist okay, schlimm ist eher die mittlere Hierarchie.

Sie erzählen auch von Filipinos an Bord, die nur 500 Euro verdienen, aber „sehr glücklich“ seien. Der Sarkasmus ist deutlich.
Ja, ich sehe das auch kritisch. Diese Diskrepanz zwischen denen, die da unten arbeiten und so wenig Geld bekommen, und jenen, die sich oben bedienen lassen. Die Filipinos bemerkt man kaum an Deck, die huschen ganz schnell weg.

In Ihrem Stück persiflieren Sie auch Udo Lindenberg und Hellmuth Karasek. Letzteren mimen Sie, indem Sie in typisch Karasek’scher Manier aus erotischer Literatur vorlesen. Waren die beiden etwa auch mit Ihnen an Bord?
Ja, und sie sind total nett. Wir waren an Bord einfach Künstlerkollegen, obwohl ich ja nicht mal ein C-Promi bin. Wir haben uns einfach gut verstanden und respektiert. Die beiden sind sehr disziplinierte Arbeiter. Karasek quatscht zwar jede Kellnerin an – vielleicht so eine Altherren-Marotte –, besitzt aber viel Selbstironie, und mit Udo habe ich Whiskey an der Bar getrunken. Ich habe die beiden manchmal an Bord nachgemacht, und sie haben sich schlappgelacht. Meine jetzige Show haben sie noch nicht gesehen, aber ich denke, Sie würden „ihre“ Auftritte mit Humor nehmen.

Unter den zahlreichen Personen auf dem Schiff, die Sie auf die Schippe nehmen, sind auch ein schmieriger österreichischer Fitnesstrainer und ein eher schüchterner Gästebetreuer. Der lädt dann zum Bingo. Gibt’s das tatsächlich noch?
Ja, wirklich (lacht). Täglich um 16 Uhr. Der Gästebetreuer wird heute allerdings Host genannt. Man macht ja jetzt auf international, doch ich vermute, 95 Prozent der Passagiere sind Deutsche.

Würden Sie auch privat eine Kreuzfahrt machen?
Nie, weil mir das Geld dazu zu wertvoll wäre. Aber die Möglichkeit, da mitzufahren, war natürlich klasse. Das Faszinierende ist, dass man in ferne Länder kommt, an Orte, die ich mir so nicht hätte leisten können. Auf Sri Lanka zum Beispiel sind wir um sechs Uhr morgens angekommen, und ich war dann den ganzen Tag bis abends an Land und bin da herumgefahren. Danach weiß man, ob man noch mal in die Gegend will. Myanmar ist ein schönes Beispiel dafür. Dorthin will ich in jedem Fall noch mal reisen.

Nicht alles, was Sie auf der Bühne präsentieren, ist wirklich passiert auf der „Europa“. Sicher gab es keinen betrunkenen Kapitän.
Natürlich nicht, den habe ich erfunden wie manches andere auch. Es gab aber in der Tat Leute, die sich darüber aufgeregt haben. Der Kreuzfahrtdirektor war nicht begeistert, als er von meinem neuen Programm erfahren hat. Das letzte Mal, 2013, war ich nur an Bord, weil der Kapitän das wollte, aber der ist jetzt im Ruhestand. Es kann also sein, dass es meine letzte Tour auf der „Europa“ war.

Vielleicht hätten Sie dem Schiff einen anderen Namen geben sollen.
Um ehrlich zu sein: Heute würde ich es eventuell umbenennen. Aber eigentlich ist die Show doch harmlos, und letztlich ist sie ja auch Werbung für das Schiff.

Das Gespräch führte Hella Kaiser.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false