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Geduld ist gefragt. Die Konkurrenz der Händler auf dem Kamelmarkt von Al Ain ist groß und keins der Lasttiere ein Schnäppchen.

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Kreuzfahrt in den Nahen Osten: Oman vor dem Bug

An Bord der „Mein Schiff 2“: Vom Zauber des Orients, opulenten Büfetts und ungewöhnlichen Souvenirs. Die kann jeder selbst gestalten im Meeresatelier.

Henriette und Peter haben es sich noch mal gemütlich gemacht am wohl beliebtesten Platz an Bord: Deck 11, achtern, unter dem schattenspendenden Zeltdach der „Außenalster“-Bar. Auch morgens um neun sticht die Sonne schon ganz ordentlich vom Himmel über Dubai, wo die „Mein Schiff 2“ am Pier liegt. Heute ist Kabinenwechsel. Während neue Passagiere an Bord kommen, sitzt das Pärchen aus dem Schwarzwald sinnbildlich auf gepackten Koffern; denn die Kreuzfahrt der beiden ist wie für viele andere zu Ende. Gleich müssen sie zum Flughafen. Eine Woche sind sie zwischen den Arabischen Emiraten, Oman und Bahrain gekreuzt. Und, fragt der Neuankömmling, der die gleiche Reise noch vor sich hat, gibt’s einen besonderen Tipp? Die beiden schauen sich an. „Also, wenn Sie richtig gut und gepflegt essen wollen, gehen Sie ins ,Atlantik‘ auf Deck 6. Das ist herrlich!“

Tja, da haben wir’s wieder: Wie auf jeder Kreuzfahrt spielt also auch auf dem Schiff von Tui Cruises der kulinarische Aspekt offenbar eine besondere Rolle für Passagiere. Ergo: Keine Überraschung, dass hier an Bord so ziemlich alles getan wird, um die knapp 2000 Urlauber so zu versorgen, dass Leib und Seele schön zusammengehalten werden; wobei mancher am Ende der Reise feststellen wird, dass er leider doch etwas auseinandergegangen ist. In vier Restaurants und vier Bistros kann sich der Passagier entweder nobel bedienen lassen oder selbst an überbordenden Büfetts versorgen. Im „Cliff 24 Grill“ sind gar rund um die Uhr Currywurst & Co. zu haben. Auch Flüssiges in allen Spielarten wird zu fast jeder Tages- und Nachtzeit in zehn Bars und Lounges geboten.

„Flying Fish Cocktail, heute nur zwanzig Euro!“, ruft die muntere Philippinerin hinter dem Tresen der „Überschau-Bar“ auf Deck 12. „Mit Alkohol nur zehn Euro!“, schiebt sie nach – und freut sich diebisch. „Ein Geschenk des Himmels“, konstatiert das Schwergewicht, das sich eben auf den Barhocker hievt. „All inclusive!“ – und bestellt einen fruchtigen Cocktail. Ohne Alkohol. Es ist ja noch früh.

Während die einen frühstücken …
Während die einen frühstücken …

© gws

Keine Frage: Mit dem „Premium Alles Inklusive“-Konzept hat Tui Cruises den Nerv vieler Kreuzfahrer getroffen. Allein die Spezialitätenrestaurants sind (gemäßigt) zuzahlungspflichtig, und nur wer allerfeinsten Cognac, besten Schampus oder völlig abgedrehte Cocktails trinkt, zahlt ebenfalls drauf. Sonst: alles aufs Haus. Beziehungsweise: Der Gast hat mit seinem Reisepreis die Gesamtrechnung in Sachen Speis’ und Trank schon beglichen. Mit der erstaunlichen Folge, dass uns während der gesamten Woche an Bord niemand aufgefallen ist, der im Taumel des schier unerschöpflichen Alkoholvorrats ein erkennbares Problem gehabt hätte. „Es gibt Ausnahmen“, sagt Barmann Roberto, „aber wirklich selten, sehr selten. Und wir haben ein Auge drauf.“

Der erste Seetag. Dubai und der Burj Khalifa, mit 828 Metern das (noch) höchste Gebäude der Welt, verschwinden im Dunst. Kurs Oman. Schon macht das P-Wort die Runde unter den Passagieren. Erst vor Wochenfrist soll die „Azamara Journey“ von Piraten im Golf von Oman angegriffen worden sein. „Ja“, bestätigt uns der mit reichlich sprödem Charme gesegnete Kapitän Michael Block etwas schmallippig, „das war so. Doch die Sicherheitskräfte an Bord konnten den Angriff abwehren.“ Haben auch Sie entsprechende Vorkehrungen getroffen? „Davon dürfen Sie ausgehen.“ Ende der Durchsage.

„Unter Künstlern duzt man sich“

Helfende Hand. Bordmaler Fredo (l.)
Helfende Hand. Bordmaler Fredo (l.)

© gws

Nun könnten wir ja das Tageslicht nutzen, um Ausschau zu halten … Doch es gibt einfach zu viele Möglichkeiten an Bord, Ablenkung von derlei unschönen Vorstellungen zu finden. Außerdem dürfte die Möglichkeit, in Piratenhand zu fallen, der eines größeren Lottogewinns gleichkommen. Nur mit umgekehrten Vorzeichen. Also, was sagt das Bordprogramm? „Aqua Gymnastik im Pool“. Ach, leider schon zu spät. „Fotoworkshop“. Wäre wünschenswert. Na, beim nächsten Mal. „Musik am Pool“. Lieber nicht. „Kochduell auf Deck 11“. Überlassen wir besser den Profis. „Malkurs“. Schnarch. „Zumba-Workshop“. Was soll das denn sein? Moment, was war das? „Malkurs“? Das klingt doch irgendwie nach Herausforderung. Vor allem für den Lehrenden.

„Hallo, ich bin der Fredo. Unter Künstlern duzt man sich ja.“ Fredo Ouvrier, Globetrotter und in einem früheren Leben Kreativdirektor einer Werbeagentur in Köln, beweist ein Händchen für die in seinem Bordatelier versammelten Unbegabten. Korrektur: „Unbegabte gibt es nicht. Ein paar praktische Tipps – und ihr werdet sehen, jeder geht hier mit einem richtigen Kunstwerk raus“, verspricht der Meister. Groooße Skepsis. Acryl auf Leinwand also. Die Gruppe einigt sich auf das Motto „Meer und Strand“, und los geht’s.

Nach kurzer Einführung wandert Fredo von Tisch zu Tisch, gibt Tipps, greift kurz mal hier, mal dort mit einem Pinselstrich ein. Am Ende – keiner begreift, wie – hält jeder ein Gemälde in der Hand, auf dem tatsächlich etwas zu erkennen ist. Groooße Begeisterung im Atelier! Jetzt das Werk nur noch trocknen lassen, dann sorgfältig einpacken und sicher nach Hause schaffen. Originellere Souvenirs bringt niemand von einer Kreuzfahrt zurück.

Mit Oman vor dem Bug kommt der abendliche Programmpunkt „Vortrag zum Sultanat“ gerade recht. Die die Lektion begleitenden nur mäßig guten Fotos ertragen wir; das von der Lektorin vorgebrachte „Wissen“ zu Land und Sultan hingegen entpuppt sich beim Ausflug am nächsten Tag zum größten Teil als „a Schmarrn“, wie es ein bayerischer Mitreisender auf den Punkt bringt.

Oman, vom 73-jährigen Sultan Kabus ibn Said offenbar mit straffer, jedoch für arabische Maßstäbe liberaler Hand geführt, wird geradezu als Musterländle präsentiert: Der seit 1970 regierende Monarch hat sein Land aus großer Rückständigkeit geführt, ausgezeichnete Gesundheitsversorgung und Bildung bis zur Universität für alle sind gesetzlich verankert.

Unsere österreichische Reiseleiterin, die seit Jahren immer von November bis Februar in Oman lebt, erscheint uns um Welten glaubwürdiger als die Expertin an Bord, die insbesondere den Sultan als geheimnisumwitterte Figur geschildert hatte. Sein „Palast in Deutschland, von dem niemand weiß, wo er sich befindet“, entpuppt sich als gehobenes Anwesen in Garmisch-Partenkirchen, das jeder dort kennt. Ob er verheiratet sei und Kinder habe, sei unbekannt, hatte die Lektorin an Bord verbreitet. Dabei ist es in Oman ein offenes Geheimnis, dass der Mann kurzzeitig verheiratet war. „Doch er hat’s offenbar nicht so mit Frauen“, hören wir an Land. Nur: Man spricht nicht drüber.

Eine Welt, wie wir sie nicht mehr kennen

Oman. Fisch fangfrisch vom Fischer
Oman. Fisch fangfrisch vom Fischer

© gws

Wie es so ist als Kreuzfahrer: Landgänge entpuppen sich immer als winzige Fenster, die lediglich einen engen Ausschnitt des großen Ganzen zeigen. Von Oman sehen wir allerdings in wenigen Stunden genug, um zu beschließen: Hierher lohnt sich auch eine ausgedehntere Reise. Allein der ursprüngliche Fischmarkt von Barka nahe Maskat erlaubt stellvertretend Einblick in eine Welt, wie wir sie nicht mehr kennen. Wo die Fischer morgens mit winzigen Booten an den Strand kommen und ihren Fang zu einem kleinen Podest tragen.

Dort thront der greise Auktionator mit Zeigestock, Kladde und Geldschatulle, umringt von Händlern, die unter den bangen Blicken der Fischer versuchen, die Ware schlechtzumachen und einen möglichst niedrigen Preis zu zahlen – um dann nur wenige Schritte weiter an Verkaufsständen ihren Schnitt zu machen. Ganz schlaue Kunden versuchen allerdings, ihre Mahlzeit direkt aus dem Boot zu kaufen, wobei sich die Fischer dann doch erkennbar den Zorn der Händler zuziehen.

Zurück an Bord geht es durch die Nacht, Ziel Abu Dhabi, weiter nach Bahrain und zurück nach Dubai. Bei den bevorstehenden Ausflügen werden nicht alle Blütenträume erfüllt, doch zurück an Bord sind auch die Enttäuschten schnell wieder versöhnt, denn die nächste Mahlzeit lässt nicht lange auf sich warten.

Schön schnittig – für ein Hotel.
Schön schnittig – für ein Hotel.

© gws

Wir haben es uns am letzten Morgen der Reise noch mal gemütlich gemacht: auf Deck 11, unter dem schattenspendenden Zeltdach der „Außenalster“-Bar. Warten auf den Transfer zum Flughafen. Die ersten neuen Passagieren sind schon an Bord – und neugierig. „Wie war’s denn so?“ Wir müssen uns nicht anschauen, sondern sprudeln gleich los: den Landgang in Oman nicht verpassen und darauf achten, dass der Fischmarkt von Barka auf dem Programm steht. Außerdem: das Sultanat unbedingt für einen längeren Aufenthalt vormerken. In Dubai muss jeder den Burj Khalifa wenigstens mal von ganz nah sehen, wenn die 32 Euro für die Auffahrt zum 124. Stock etwas happig erscheinen.

Mindestens eine der ganz großen Moscheen anschauen und staunen; in Abu Dhabi muss sich der Kreuzfahrer entscheiden, ob er sich die Stadt anschaut und wenigstens einen Blick ins „Emirates Palace“ wirft, jenes so unglaublich teuer und maßlos ausgestattete Hotel, oder ob er einen Ausflug nach Al Ain unternimmt, die große Oasenstadt mitten in der Wüste an der Grenze zu Oman, und im National Museum ob der minimalistischen Ausstattung eine Enttäuschung erlebt. Bahrain und die Hauptstadt Manama sind hingegen kein Muss; unbedingt den Bordmaler buchen, und sonst – einfach nur das Schiff genießen, das uns auch ohne Kletterwände und anderen Schnickschnack überzeugt hat.

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