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Kreuzfahrtlesebuch. Daniela Kampa (Herausgeberin); Diogenes, 2012, 400 Seiten, 16,90 Euro.

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Kreuzfahrt-Lektüre: Thomas Mann - ganz labil

Wie prominente Schreiber Schiffsreisen erleben.

Majestätische Schiffe, fremde Länder, elegante Kapitänsdinner, spannende Bordbekanntschaften oder Landausflüge: Wer eine Kreuzfahrt macht, der kann viel erleben und erzählen. Von diesem Mitteilungsbedürfnis sind auch höchst prominente Autoren nicht frei. Warum sollten sie auch? Rund um Kreuzfahrten der unterschiedlichsten Art dreht sich alles in zwei Büchern, die zeitgleich im Schweizer Diogenes Verlag erschienen sind.

Hinter dem simplen Titel „Kreuzfahrt- Lesebuch“ verbergen sich Erzählungen wahrhaftiger Hochkaräter der Schreibkunst. Oder wie der Verlag es selbst formuliert: Es wird „hohe Literatur auf hoher See“ geboten.

Um die Seekrankheit kommt keiner herum: „Eine Zumutung bleibt immer bestehen. Unausbleiblich der Nervenschock der ersten Stunden nach Vertauschung der gewohnten stabilen Grundlage mit einer labilen“, schreibt Thomas Mann und schildert: „Es hat tagelang etwas Unglaubwürdiges, eine unter einem wogende, zerweicht sich hebende und wegsinkende Treppe hinunterzugehen.“ Neben der „Jungfernfahrt über den Atlantik“ von Thomas Mann finden sich Texte von John Updike und Jonathan Franzen, F. Scott Fitzgerald und David Foster Wallace. Mark Twain schreibt über „Passagiere und Kapitäne“, Joachim Ringelnatz über „Matrosen“, und Ingrid Noll liefert ihre neue Erzählung „Kreuzfahrt-Romanze“.

In der Tat also hohe Literatur auf hoher See, die ideale Lektüre für angenehme Stunden in der Schiffsbibliothek oder im Liegestuhl auf dem Oberdeck, als Einstimmung vor der Einschiffung, aber auch für alle, die nicht seefest sind und lieber nur im Kopf reisen.

Das Thema Seekrankheit hat auch Comicautor René Goscinny („Asterix“, „Lucky Luke“) besonders beschäftigt. Er beschreibt unter dem Titel „Eine Kreuzfahrt, die ist lustig“ auch jene Momente, wenn die Seekrankheit das Schiff fest im Griff hat: „Übelkeit breitet sich in den Gängen, Kabinen, Salons und auf Deck aus. Um sie zu bekämpfen, gibt es nur Wischlappen und Eimer, Pillen und Zitronenhälften.“

Der Leser kann in Goscinnys humorvollen Schiffsreisebeschreibungen eine dreiwöchige Kreuzfahrt miterleben. Der 1977 verstorbene Comictexter, der auch die Geschichten über den „kleinen Nick“ erdachte, klärt zudem über die Gepflogenheiten an Bord eines schwimmenden Hotels auf. „Ich verdanke dem Meer, dass ich auf der Welt bin“, schreibt Goscinnys Tochter Anne in dem Vorwort und erinnert an eine Seefahrt 1964, auf der sich ihre Eltern begegnet sind.

Eine Kreuzfahrt, die ist lustig.
Eine Kreuzfahrt, die ist lustig.

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Goscinny („Ich liebe Schiffsreisen, besonders wenn der Bartresen genauso lang wie das Schiff breit ist (und ich dann auch).“) nimmt sich unterhaltsam auch der Hierarchie an Bord an und erklärt dem Leser etwa, dass in Wahrheit der Zahlmeister das Schiff führe. Wer sich mit ihm gut stelle, bekomme nicht nur einen „bevorzugten Tisch im Restaurant und erträgliche Tischnachbarn“, sondern sei auch im Katastrophenfall gut dran, „denn ein guter Zahlmeister wird Ihnen zuflüstern: ,Nehmen Sie nicht das Rettungsboot Nummer zwei, das hat ein Leck‘.“ Dorit Koch

— Daniela Kampa (Herausgeberin): Kreuzfahrt-Lesebuch. Diogenes, 2012, 400 Seiten, 16,90 Euro

— René Goscinny: Eine Kreuzfahrt, die ist lustig. Diogenes Verlag, 2012, 184 Seiten, 16,90 Euro

Dorit Koch

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