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KREUZFAHRTEN Leinen los auf Flüssen und Meeren: Ein gräflicher Genuss

Schriftsteller Christian von Krockow reiste mit der „Dresden“ auf der Elbe von Hamburg stromaufwärts. Und zeigt sich begeistert von Landschaft und Schiff

Ein Graf hat das Schiff und den Fluss geadelt. „Mit ungetrübt gutem Gewissen“, schreibt Christian von Krockow in seinem Bericht „Die Elbreise“, „empfiehlt der Autor seinen Lesern die ,Dresden‘.“ Es gebe sicher andere und gute schwimmende Herbergen, aber eine bessere als die „Dresden“ finde man auf der Elbe gewiss nicht.

Als „Glanzstück“ seiner Flusskreuzfahrt von Hamburg nach Dresden und weiter bis ins tschechische Decin, das einmal Tetschen hieß, sind dem Wissenschaftler, Schriftsteller und Chronisten der verlorenen pommerschen Heimat die vortrefflich sächsischen Weine und die „Gaumenfreuden“ auf der Dresden in Erinnerung geblieben – die Tranchen geräucherter Gänsebrust auf Apfel-Sellerie-Salat mit Nüssen zum Beispiel und die Wildessenz mit gefüllten Morcheln und das Roastbeef rosa an Schalottenjus mit Gartengemüse und gratinierten Kartoffeln. Nun mag der Verdacht aufkommen, der sicher nicht unerkannt an Bord weilende von Krockow habe unter Umständen eine Sonderbehandlung seitens der Schiffsverantwortlichen erfahren und sei darob so ins Schwärmen geraten. Gleichwohl, man darf es bezweifeln.

Denn seit des Grafen Genüssen und Eindrücken im Jahr 1995 hat sich an Bord der „Dresden“ nichts Wesentliches geändert. Die Qualität von Küche und Keller ist konstant ein Markenzeichen dieses eleganten Fünf-Sterne-Grandhotels auf dem Wasser geblieben, das im Gegensatz zu anderen Flussdampfern von einer Art Düsenaggregat angetrieben wird. Es steuert das knapp 100 Meter lange und elf Meter breite Schiff, das einen Tiefgang von nur knapp einem Meter hat, mit der Kraft von über 1500 Pferdestärken sanft und leise im weitgehend unregulierten Flussbett der Elbe.

Diesem großem Fluss nicht nur in der Mitte Deutschlands, sondern auch im Herzen Europas verdankt der Reisende hinter den Panoramafenstern der „Dresden“ einen nostalgischen Blick auf eine kleine, heile Umwelt. Die Elbe nämlich wurde nicht wie die Donau oder der Rhein und Main in ein Korsett künstlicher Dämme und Deiche gezwängt und gewalttätig begradigt und mit unzähligen Schleusen und Staustufen schiffbar gemacht – nein, die Elbe wurde bislang in ihrem Urstrombett weitgehend in Ruhe gelassen und konnte so, wie Graf Krockow beobachtete, ihre „Natürlichkeit und ihren Eigenwillen und ihre Ruhe im stetigen Fluss“ behalten. Und es „wäre ein Frevel“, sagt von Krockow, der Elbe „zu rauben, was sie vor anderen Flüssen auszeichnet“.

Die Reise beginnt an den Landungsbrücken von Hamburg. Ein bisschen Fernweh und Heimweh nach St. Pauli stellen sich ein. Dann zieht die „Dresden“ südwärts, passiert Geesthacht, die einzige deutsche Elbstaustufe sowie Lauenburg und Bleckede – norddeutsches Land, Auenlandschaften, flunderflach und „stillschön“, wie die Poeten sagen.

Nicht jedem an Bord behagt die stille, scheinbar immer gleiche Landschaft am Fluss. Doch wer genau schaut und sich interessiert für das, was an diesem wie auf jedem anderen Strom an den Ufern so vorgeht, dem wird nicht langweilig. Selbst wenn Aufreger wie exotische Tiere oder „Eingeborenendörfer“ hier – überraschend – fehlen.

Besuch von Tangermünde. Das sind beispielhafte Wege zurück ins deutsche Mittelalter. Schritte auf Kopfsteinpflaster zur Altstadt und Burg, die nahezu lückenlos von der alten Stadtmauer umgürtet sind. „Rothenburg ob der Elbe“, schwärmte Christian Graf von Krockow. Er zeigte sich auch begeistert von Städten und Orten, die einst aus den westdeutschen Erinnerungen zu verschwinden drohten: von Magdeburg, Wittenberg und dem Park von Wörlitz, von Torgau und Meißen, von Dresden, natürlich, vom Schlosspark Pillnitz und von Bad Schandau und vom großen Schloss im tschechischen Decin. Zuvor aber fährt die „Dresden“ durch eine der schönsten deutschen Landschaften, durch das Elbsandsteingebirge, die Sächsische Schweiz, wo das romantische deutsche Herz eine künstlerische Heimat gefunden hatte. Joseph von Eichendorff, Caspar David Friedrich und Novalis grüßen unsichtbar von den Türmen der Bastei oder vom schroffen Königstein hinunter zum Schiff.

Der Graf hat es schweren Herzens verlassen. Aber er schwor sich: „So bald wie möglich und lieber morgen als übermorgen werden wir auf die ,Dresden‘ und die Elbe zurückkehren.“ 2002 ist der Graf verstorben.

Bis zum 27. Oktober fährt die „Dresden“ noch auf der Elbe zwischen Hamburg und der Elbmetropole. Sieben Tage dauert die Reise. Der günstigste Termin kostet 890 Euro pro Person in der Doppelkabine (ohne An- und Abreise). Auskunft: Reederei Deilmann, Am Holm 25, 23730 Neustadt in Holstein; Telefon: 045 61 / 39 60

Rainer Schauer

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