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Schnelldampfer „Augusta Victoria“. Erstes Kreuzfahrtschiff für die „Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft“ (Hapag).

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Kreuzfahrtschiffe: Eilig in die raue See

Schlank, schnell und robust: Warum Ocean Liner keine Kreuzfahrtschiffe sind – und zahlreich zu Legenden wurden.

Die Zeit der legendären Ocean Liner ist lange vorbei, der Mythos dieser majestätischen Wunder der Technik jedoch bleibt. Die meisten von ihnen fuhren zu einer Zeit über die Ozeane, als man von Flugzeugen – zumindest als Massentransportmittel rund um die Welt – nur träumen konnte. Zu einer Zeit, als man die großen Passagierschiffe noch technisch vollkommen korrekt als „Dampfer“ bezeichnen durfte und die Schiffe nicht ausschließlich zum Vergnügen der Passagiere über die Meere schipperten, sondern das wichtigste oder sogar einzige Transportmittel von Europa nach Amerika darstellten.

Gelegentlich werden die Begriffe „Ocean Liner“ und „Kreuzfahrtschiff“ gleichgesetzt. Falsch. Schiffsfans kennen natürlich den Unterschied: Liner transportierten Passagiere (und teilweise auch Fracht und Post) von A nach B nach einem festen Fahrplan und mit Zwischenstopps höchstens, um weitere Passagiere aufzunehmen. Ocean Liner unterscheiden sich allerdings auch in der Konstruktion erheblich von modernen Kreuzfahrtschiffen. Sie waren schlanker, robuster und vor allem schneller konzipiert. Denn anders als auf Kreuzfahrt hatten es die Passagiere eilig. Schlechtem Wetter, Sturm und rauer See wich der Kapitän nur aus, wenn es absolut notwendig war.

Einzig die Schiffe der Traditionsreederei Cunard sind auch heute noch eher als Transatlantik-Liner konstruiert, freilich mit all den Annehmlichkeiten moderner Kreuzfahrtschiffe. Trotzdem zählen diese Schiffe, beispielsweise die „Queen Mary 2“, zu den Kreuzfahrtschiffen, weil sie im Wesentlichen keine Linienschiffe im strengen Sinn mehr darstellen, sondern eben Vergnügungsschiffe mit dem vorwiegenden Fahrtgebiet Transatlantik.

Unerhört luxuriös: die „Titanic“

Ein Schiff spielt in dem Reigen der Oldtimer eine besondere Rolle. Weil es etwas Besonderes ist: Hapags „Augusta Victoria“. Von 1888 bis 1889 war sie das größte deutsche Passagierschiff und der erste Doppelschrauben-Personendampfer. Besonders aber wird die „Augusta Victoria“, weil sie als das erste deutsche Kreuzfahrtschiff schon 1892 zu einer reinen Vergnügungsreise in See stach. Freilich war ihr international bereits 1882 das britische Schiff „Ceylon“ mit der ersten Kreuzfahrt überhaupt zuvorgekommen.

Ungleich berühmter jedoch: die „Titanic“. Spätestens seit James Camerons gleichnamigem Kinofilm kennt wirklich jeder das tragische Schicksal des RMS, des Königlichen Postschiffs. Obwohl es bereits auf seiner Jungfernfahrt sank, ist es zweifelsfrei das wohl bekannteste Passagierschiff aller Zeiten. Dabei hätte die „Titanic“ auch ohne ihren dramatischen Abgang das Zeug zu einer Berühmtheit gehabt. Bei ihrer Indienststellung am 2. April 1912 war sie das größte Passagierschiff der Welt, ausgestattet mit der modernsten Technik und unerhörtem Luxus.

Paradoxerweise verdanken mutmaßlich Tausende von Menschen der „Titanic“ ihr Leben: Ihr Untergang führte zu zahlreichen neuen Gesetzen und Vorschriften zur Sicherheit auf Passagierschiffen, allen voran das internationale Abkommen Solas („Safety of Life at Sea“), das bis heute fortgeführt und ständig ergänzt und weiter verschärft wird.

Die „Queen Elizabeth 2“ auf der Wüste

Die „Queen Elizabeth 2“ ist ebenfalls in die Geschichte der Passagierschifffahrt eingegangen, auch wenn ihr Ende unrühmlich zu werden droht. Vor ihrer Umrüstung auf Dieselgeneratoren 1986/1987 war die „QE 2“ das letzte ölbefeuerte Dampfschiff im Linieneinsatz über den Atlantik. Sie ist auch eines der wenigen noch existierenden Schiffe, die sowohl die Bezeichnung „Ocean Liner“ als auch „Kreuzfahrtschiff“ ganz korrekt tragen können.

Erst 2008, nach fast 40 Dienstjahren im Transatlantik-Linienverkehr und als legendäres und höchst beliebtes Kreuzfahrtschiff, schickte die Reederei Cunard die „QE 2“ aufs Altenteil. Die Pläne, sie als Hotelschiff irgendwo in Asien zu ankern, liegen weiterhin auf Eis – und der einstige Stolz der Briten weiterhin mit ungewisser Zukunft in Dubai.

Die legendäre „United States“ ist bis heute der schnellste je gebaute Ocean Liner und hält nach wie vor das „Blue Riband“, das Blaue Band, das für die schnellste Atlantiküberquerung vergeben wurde. Die „United States“ hatte diesen Rekord gleich bei ihrer Jungfernfahrt 1952 aufgestellt und nie wieder verloren. Heutige Passagierschiffe sind keine Bedrohung für den Rekord, denn wegen des enormen Treibstoffverbrauchs der Riesenpötte bei hohen Geschwindigkeiten fahren Kreuzfahrtschiffe heute deutlich langsamer als die Ocean Liner der Vergangenheit.

2003 hatte Norwegian Cruise Line die „United States“ gekauft, wollte sie umbauen und im Hawaii-Geschäft einsetzen. Daraus wurde aus unterschiedlichen, vorwiegend finanziellen Gründen nichts, und so liegt sie rostend am Pier 82 in Philadelphia. Die gemeinnützige Organisation „United States Conservancy“ hat das Schiff dank einer Großspende im Januar 2011 gekauft und arbeitet nun an Renovierungsplänen.

Das letzte Transatlantik-Passagierschiff, das gesunken ist

Ein wirklich bedeutendes Passagierschiff war die „Andrea Doria“ eigentlich nicht, immerhin zu ihrer Zeit jedoch das größte, schnellste und vermeintlich auch sicherste Schiff in der Flotte der Italia Società de Navigatione. Ihre Jungfernfahrt hatte sie 1953, berühmt wurde die „Andrea Doria“ allerdings erst, als sie auf ihrer 51. Transatlantikfahrt 1956 von der „Stockholm“ (später unter anderem „Völkerfreundschaft“ und „Italia Prima“, heutiger Name: „Azores“) in dichtem Nebel vor der US-Ostküste gerammt wurde und am Tag nach der Kollision sank.

Anders als bei dem „Titanic“-Desaster 1912 kamen, auch dank besserer Kommunikationstechnik und schneller Reaktion anderer Schiffe in der Nähe, vergleichsweise wenige Menschen ums Leben. „Lediglich“ 46 der 1660 Menschen an Bord der „Andrea Doria“ überlebten das Unglück nicht. Sie ist übrigens bislang das letzte Transatlantik-Passagierschiff, das gesunken ist. Seitdem gingen Unfälle von Passagierschiffen auf dieser Route immer deutlich glimpflicher ab.

Von 1936 bis 1967 fuhr die „Queen Mary“ für Cunard auf der Expressroute von Southampton über Cherbourg nach New York City und zurück. Die meiste Zeit entgegengesetzt zu ihrer Schwester „Queen Elizabeth“. So konnte Cunard diese Strecke einmal wöchentlich in beide Richtungen anbieten. Zweimal trug die „Queen Mary“ gar das Blaue Band: einmal 1937, nur um es kurz darauf an die „Normandie“ zu verlieren. 1938 stellte die „Queen Mary“ den Rekord erneut ein und musste das Blaue Band erst 1952 an die „United States“ abgeben.

1967 wurde die „Q M“ außer Dienst gestellt und nach Long Beach nahe Los Angeles gebracht, wo sie seitdem umgebaut als Touristenattraktion und Hotelschiff dient. Ein glimpfliches Ende, das wahrlich nicht allen Ozean-Legenden beschieden ist.

Franz Neumeier

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