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Jugendträume. In Cottbus taucht das legendäre U-Boot „Nautilus“ in die Weltmeere, für den musikalischen Drive sorgt Komponist Jan Dvorak.

© Carola Hölting/Theater Eisenach

Kulturreise: Kampf mit dem Kraken

Am Staatstheater Cottbus wird Jules Vernes Roman „20 000 Meilen unter dem Meer“ zum Musical.

Cottbus kann Kultur. Die Stadt gehört zum kleinen, feinen Kreis jener Kommunen, in denen die Lokalpolitiker die schönen Künste aus echter Überzeugung fördern. Weil dadurch die Lebensqualität am Ort spürbar erhöht wird. Cottbus liegt an dem wunderbaren Branitzer Park. Aber sonst? Die Stadt ist weder attraktiv noch cool, auf dem Fußweg vom Bahnhof ins Zentrum beispielsweise ist die urbane Tristesse kaum zu übertreffen.

Dann aber, an der Ecke Karl-Liebknecht- und Franz-Mehring-Straße, hellt sich die Miene des Flaneurs plötzlich auf: Denn dort wird linkerhand das Staatstheater Cottbus sichtbar, erbaut 1908 von einem der interessantesten Architekten der Jahrhundertwende, eben von jenem Bernhard Sehring, dem Berlin auch das Theater des Westens zu verdanken hat. Außen bereits fasziniert der Skulpturenschmuck. Da sind Sphinxe, die Obelisken tragen, oder auch die von Panthern gezogenen Streitwagen auf dem Dach. Im Innern entpuppt sich das Haus dann als vielleicht schönstes Jugendstiltheater im deutschsprachigen Raum.

Hier gibt es nicht nur Schauspiel und Tanz, hier arbeitet auch die einzige noch verbliebene Operntruppe Brandenburgs. Viel Geld hat die Stadt in den vergangenen Jahren in die Renovierung und technische Modernisierung dieses architektonischen Kleinods gesteckt. Und die Künstlertruppe um Intendant Martin Schüler und Generalmusikdirektor Evan Christ weiß das sehr wohl zu schätzen.

Darum legen sich hier alle mächtig ins Zeug fürs Publikum: Bundesweite Beachtung findet die ambitionierte Reihe „Acht Uraufführungen in acht Konzerten“, im Winter gibt es ein großes Karnevalsspektakel, mit der „Götterdämmerung“ schließt sich am 30. März ein halbszenischer „Ring des Nibelungen“ – und zum Saisonfinale wird dann jeweils noch „die besondere Inszenierung“ als populäres Highlight geboten: Nach dem großen Erfolg einer Freiluftproduktion des „Hauptmanns von Köpenick“, die im Innenhof einer ehemaligen Kaserne gezeigt wurde, wo das Theater heute seine Büros hat, wird in diesem Juni wieder auf der Hauptbühne gespielt. Und zwar ein Musical. Aber nicht einer der Dauerbrenner des Genres wie „Evita“ oder „Jesus Christ Superstar“, sondern die spannende Bühnenfassung von Jules Vernes Abenteuerroman „20 000 Meilen unter dem Meer“.

Für das Theater Eisenach haben der junge Komponist Jan Dvorak zusammen mit dem Regisseur Thomas Fiedler das Musical vor zwei Jahren entwickelt. Dort sah es Intendant Schüler und entschied sofort: Das Stück holen wir nach Cottbus! Für die beiden Erfinder ein Glücksfall – denn am deutlich größeren Cottbuser Haus können sie die gruselige Geschichte von Kapitän Nemo und seinem U-Boot „Nautilus“ nun so umsetzen, wie es ihnen ursprünglich vorschwebte: mit dem Sound eines vollen Sinfonieorchester und interpretiert von Opernsängern. „Unsere Sänger sind ja schauspielerisch extrem vielseitig“, erklärt Dramaturg Bernhard Lenort beim Gespräch in der Cottbuser Theaterkantine, „darum spielen sie Oper und Operette ebenso gerne wie Musicals.“

Was die Optik betrifft, lässt sich der Ausstatter José Luna vom sogenannten „Steampunk“ inspirieren, auch als Retro-Futurismus bezeichnet. Das Bühnenbild wird also so aussehen, wie sich die Menschen vor 150 Jahren, zur Entstehungszeit von Jules Vernes Romanen, die Zukunft vorgestellt haben. Das wiederum wirkt – aus heutiger Perspektive betrachtet – ebenso fantasievoll wie faszinierend.

Natürlich will Bernhard Lenort noch nicht alle Tricks der neuen Inszenierung verraten, mit denen das Kreativteam die Zuschauer in die bedrohlichen Unterwasserwelten entführen wird. Nur so viel gibt er preis: Der legendäre Kampf mit dem Kraken findet auf offener Bühne statt, bei den Szenen, die im Innern des U-Boots spielen, wird man durch ein riesiges Bullauge Ungeheuerliches beobachten können. Und sich mittendrin fühlen, bei den Tauchgängen zu dunklen Algenwäldern und verborgenen Korallenriffs. Na dann: Leinen los!

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