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Von wegen faulenzen. Ältere, die sich zeitlich einen langen Urlaub leisten können, wandern lieber als am Strand zu liegen.

© Dertours, pa

Langzeiturlaub: Bewegung im Winterquartier

Langzeiturlaub bleibt weiter attraktiv. Doch der Gast legt heute mehr Wert auf Ausflüge und andere Aktivitäten als früher.

Im grauen deutschen Winter liegt die Sonne oft nur zwei Flugstunden entfernt. Grund genug, seine Koffer zu packen und der kalten Heimat für ein paar Wochen den Rücken zu kehren. Doch wer kann sich diesen Luxus leisten? Hauptsächlich Pensionäre und Senioren. Und so wirbt etwa Tunesien damit, „ideal für Best Ager“ zu sein. Wer nicht mehr an den Beruf gebunden ist, hat Zeit – aber auch wachsende Ansprüche an sein Winterquartier im Süden. Die Veranstalter stellen sich auf eine Kundschaft ein, die im Alter immer fitter ist.

„Langzeiturlauber sind nicht mehr mindestens 65 Jahre alt und krank“, sagt Rolf-Dieter Maltzahn, Geschäftsführer der DER Touristik in Köln. „Das ist kein betreutes Reisen.“ Die Senioren seien gesünder und mobiler als vor 15 Jahren. Und die Älteren sind zunehmend mit dem Internet vertraut und können mehr Urlaubsangebote vergleichen – wenngleich die meisten am Ende doch im Reisebüro buchen, wie Nina Kreke von Thomas Cook berichtet.

Und wohin geht die Reise dann? „Es hat alles mal angefangen auf Mallorca, im milden Klima des Mittelmeeres“, erzählt Maltzahn. „Dann kamen die Kanaren und später die Türkei, Ägypten und Tunesien.“ Die Preise seien in den vergangenen zehn Jahren nach unten gegangen, der Urlaub in diesen Ländern ist erschwinglicher geworden. Bei FTI verkaufen sich Ägypten, Portugal, Spanien, Kroatien, Türkei und Sri Lanka auf der Fernstrecke besonders gut.

Marktführer Tui hebt die türkische Riviera als besonders beliebtes Ziel hervor. Die Türkei sei die „Nummer eins“ für Langzeiturlauber geworden. Die Gründe: All-Inclusive, moderne Hotels, günstige Preise, niedrige Lebenshaltungskosten bei sonnigem Klima und eine gute Infrastruktur im Hotel selbst. Die ist für Urlauber, die einen Monat oder länger bleiben, wichtiger als für Touristen, die zwei Wochen kommen – zumal im Winter, wo das sonstige touristische Angebot an vielen Orten etwas dürftiger als im Sommer ausfällt.

Kontakt zu anderen Reisenden spielt eine große Rolle

Aber was ist der Langzeiturlauber für ein Urlaubstyp? „Es gibt beides, die Entdecker und die Gemütlichen“, antwortet Maltzahn, der für die Pauschalreiseanbieter ITS und Jahn Reisen spricht. Das bestätigt Heike Ljevar von FTI: Es gebe die Erholungssuchenden, für die der Strand und All-Inclusive besonders wichtig sind, und Gäste, die möglichst vielfältige Erlebnisse sammeln möchten.

„Langzeiturlauber gönnen sich hier den Luxus, vor Ort spontaner zu entscheiden und greifen gerne auf Empfehlungen einer deutschen Reiseleitung zurück.“ Oft gibt es lokale Agenturen, die Tagesausflüge anbieten. Und nur weil die Senioren heute fitter sind, wollen sie nicht den ganzen Tag Yoga machen oder auf dem Laufband stehen. „Das Programm soll bunt sein, nicht nur Fitness, auch gemeinsame Ausflüge, wo jeder mithalten kann“, sagt Kreke. Dabei spielt der Kontakt zu anderen Reisenden eine große Rolle.

„Für Ältere ist es ein ganz wichtiger Punkt, dass sie andere Menschen treffen.“ Wem das wichtig ist, der sollte schon bei der Buchung danach fragen. Doch die meisten Langzeiturlauber wissen wohl ohnehin schon, wohin sie reisen wollen: Sie sind eingefleischte Stammkunden, die Kontinuität schätzen. „Dorthin, wo sie sich einmal wohlfühlen, kehren sie zurück. Sie möchten nicht jedes Jahr das Hotel wechseln“, sagt Maltzahn. „Viele nehmen ihr Hotel als zweites Zuhause war.

Es gibt genug Gäste, die schon mit den Eltern des Servicepersonals eine gute Zeit verbracht haben.“ Langer Urlaub ist nicht nur schön, weil man dem Winter entkommt und sich ein zweites Zuhause aufbauen kann – er rechnet sich auch. „Es kann günstiger sein, im Ausland einen langen Urlaub zu verbringen als zu Hause zu bleiben“, sagt Kreke. Maltzahn zufolge ist Langzeiturlaub auch für Menschen mit geringerem Einkommen erschwinglich. „Es ist keineswegs nur ein Genuss nur für Reiche und Gutsituierte.“ Tui bietet zum Beispiel 48 Nächte in einem Viereinhalb-Sterne-Hotel an der türkischen Riviera für 1263 Euro mit Flügen und All-Inclusive.

Für Langzeiturlauber bieten Veranstalter Preisnachlässe

Reisezeitraum: 15. Januar bis 4. März. In dieser Wintersaison gibt es ab einer Reisedauer von drei Wochen günstige Preise in 160 Hotels, die maximale Ersparnis liegt Tui zufolge bei 28 Prozent. Und bei Thomas Cook zahlt der Kunde etwa für 42 Nächte auf Mallorca in einer Vier-Sterne-Anlage 1485 Euro mit Flügen und Frühstück.

Bei den Veranstaltern der DER Touristik gibt es Langzeitermäßigungen oft schon ab 21 Tagen Aufenthalt. Auf den Kanaren oder in Ägypten liegt der Abschlag auf den Hotelpreis bei mindestens 28 Reisetagen bei bis zu 25 Prozent. Auch FTI hat mit Partnerhotels spezielle Preisnachlässe für Langzeiturlauber ausgehandelt. Diese bietet der Veranstalter durchschnittlich in 20 Prozent der Hotels im Pauschalbereich an. Langzeitgäste sind im Vergleich zu normalen Ferienurlaubern also klar im Vorteil, wenn man den Preis auf die Woche herunterrechnet.

Die lange Auszeit ist allerdings nur wenigen Menschen gegönnt. In der Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) wurde zuletzt 2011 nach mehrwöchigen Auszeiten gefragt. Demnach verreisten nur zwei Prozent der Urlauber 30 Tage und länger. „Dieser Anteil bleibt relativ konstant“, sagt Studienautor Martin Lohmann.

Eigentlich sinkt die durchschnittliche Reisedauer seit Jahren stetig, 2013 lag sie nur noch bei durchschnittlich 12,4 Tagen. Ein echter Langzeiturlauber kann da nur milde lächeln.

Philipp Laage

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