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Im Netz geht’s rund – auch bei Reisebuchungen. Doch oft hakt es auch. Dann wünscht sich der Kunde Kontakt zu realen Beratern. Foto: gms

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Reise: Lieber bei Frau Müller

Das Internet macht Konkurrenz. Warum Reisebüros trotzdem florieren

Zweimal scrollen und ein paar Mausklicks: Eine Urlaubsreise zu buchen ist kinderleicht. Wozu braucht man noch Reisebüros? In den Weiten des Webs gibt es zu praktisch jedem Hotel eine Bewertung, zu jedem Strand eine Beschreibung und zu jedem Restaurant eine Empfehlung – und vom Flug bis zum Mietwagen kann so gut wie jede Leistung online gebucht werden. Reisebüros, in denen Frau Müller auf bunte Bildchen im Katalog zeigt, erscheinen da wie Dinosaurier – zum Aussterben verurteilt. Jedoch: Das Reisebüro lebt.

„Erste Prognosen, die Reisebüros würden verschwinden, gab es schon vor mehr als zehn Jahren“, erinnert sich Torsten Kirstges von der Jade-Hochschule in Wilhelmshaven. „Aber das hat sich nicht bewahrheitet.“ Die Zahl der Reisebüros sei zwar rückläufig. „Wir hatten allerdings auch eine starke Überversorgung.“ Der Forscher geht aktuell von bundesweit rund 12 000 Reisebüros aus, in Spitzenzeiten seien es mehr als 20 000 gewesen. „Mitte der 70er Jahre buchten in Deutschland nur ein Viertel aller Urlauber eine Veranstalterreise im Reisebüro.“ Der Anteil stieg danach stark an und hat sich bei knapp 50 Prozent eingependelt. Auf Internetportale entfallen laut dem Experten dagegen nur rund zehn Prozent der Pauschalreisebuchungen.

„Man sieht sogar, dass die Kunden verstärkt im Reisebüro buchen“, ergänzt Sibylle Zeuch, Sprecherin des Deutschen Reiseverbandes (DRV). „Die Umsätze der Reisebüros sind 2010 wieder gestiegen.“ Vorbei sind aber die Zeiten, in denen das Reisebüro ohne Alternative war: „Bevor es das Internet gab, musste man ins Reisebüro“, sagt Michael Blum vom Branchenprimus Tui in Hannover.

Das ist lange her – trotzdem verkauft Tui nur fünf Prozent ihrer Reisen online. Das liegt sicher auch daran, dass das gleiche Produkt im Web nicht günstiger ist als im Reisebüro. „Tui verkauft eine Reise für 1000 Euro, ganz gleich auf welchem Vertriebsweg“, erläutert Blum. Und weil die Reiseportale als „Vermittler“ gelten, dürften sie nach deutschem Recht das identische Produkt auch nicht günstiger anbieten.

Die Online-Konkurrenten zwingen die Reisebüros allerdings dazu, in ihrer Kernkompetenz noch besser zu werden: der Beratung. Die wird sogar immer wichtiger, wie Tui-Kundenbefragungen ergeben haben, bei der jüngsten Erhebung 2010 noch einmal mehr als zwei Jahre zuvor. Aus diesem Grund überprüft das Unternehmen in Zusammenarbeit mit dem TÜV Süd die Qualität in der Beratung: Testkäufer checken dabei im Reisebüro, wie gut die Mitarbeiter auf Kundenwünsche eingehen.

Online zu buchen, habe allerdings seine Vorteile, betont Michael Buller vom Verband Internet Reisevertrieb (VIR). Ein wichtiger sei die breite Auswahl: Weil vor allem die großen Portale weltweit Hotelzimmer einkaufen, sei das Angebot üppig. Und damit werde es auch leichter, einen günstigeren Preis zu finden. Vor allem seien die Kunden nicht auf einen Katalog oder eine überschaubare Anzahl von Veranstaltern beschränkt. Hinzu kommt, dass für die Buchung niemand extra das Haus verlassen muss.

Rechtlich gesehen sei das Buchen einer Pauschalreise im Internet nicht anders als im Reisebüro, sagt Buller. Bei Reisemängeln könnten die gleichen Ansprüche geltend gemacht werden. Aber auch er räumt ein: „Frau Müller hat eine Stärke, wenn sie ihren Job gut macht. Sie kann den Kunden umfangreich beraten.“ Und sie genießt Vertrauen. Der persönliche Kontakt zu einem Menschen mache den entscheidenden Unterschied aus, ergänzt Kirstges.

„Das Reisebüro hat die Funktion, in der Überfülle der Angebote ein Lotse zu sein“, sagt Sibylle Zeuch. „Bei einem einfachen Flug macht das jeder online. Aber wenn es nicht nur von Berlin nach Paris gehen soll, hört es schon auf.“ Bei einem Flug nach Chile mit Zwischenstopp in London könne es sehr aufwendig sein, sich zu informieren. Anders im Reisebüro: „Ich bekomme ein Angebot und muss nur entscheiden, will ich oder will ich nicht.“    Je unkomplizierter die Reise ist, desto eher werde sie schon heute online gebucht, sagt Tui-Sprecher Blum. „Und umso mehr wird sie es künftig.“ Gerade wenn es um den Hauptjahresurlaub geht, seien die Ansprüche aber hoch. Gute Beratung sei deshalb ein klarer Pluspunkt. Und da kommt Frau Müller dann wieder ins Spiel.

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