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Reise: „Männer sind Gipfelstürmer“

Warum Trekking Trend ist und Deutsche ihr Gepäck ungern selbst tragen

Herr Kraus, in diesem Jahr feiert Wikinger Reisen 40-jähriges Bestehen. Das erste Reiseziel im Programm, das Ihr Vater damals initiiert hatte, war Island. Nun ist das Spektrum riesig geworden. In dieser Saison liegen vier opulente Kataloge mit 595 Programmen vor, die Ihre Kunden in rund hundert Zielgebiete führen. Schwerpunkt ist immer noch das Wandern. Ist das ein Trend?

Ich denke, man kann das nicht mehr Trend nennen. Denn die Lust am Wandern kann man schließlich seit rund zehn Jahren beobachten. Allerdings wächst sie noch. Wandern kann man bis ins hohe Alter hinein, aber wir bekommen zunehmend auch jüngere Kunden.

Und am Berg laufen die Jungen den alten Wanderhasen keuchend hinterher.

Naja, die Jungen legen allerdings viel mehr Wert auf Wellness. Sie wünschen sich Hotels mit Sauna und Pool, dem tragen wir bei der Auswahl unserer Unterkünfte Rechnung.

Die Schwierigkeitsgrade der Wanderungen werden in Stiefeln angegeben. Ein Stiefel ist einfach, drei Stiefel bedeutet schwierig.

Bei einem Stiefel betragen die Gehzeiten durchschnittlich drei bis vier Stunden, die Höhenunterschiede machen nicht mehr als 200 Meter aus. Bei drei Stiefeln muss man schon mal über 1000 Meter überwinden, und sieben bis acht Stunden Gehzeit sind drin.

Überschätzen sich manche Leute nicht? Wenn ja, dann hat die Gruppe Pech, denn dann muss sie sich – alte Regel unter Wandern – dem Langsamsten anpassen.

So funktioniert das bei uns nicht. Wer sich verbucht hat, muss damit rechnen, dass er von der einen oder anderen Tour ausgeschlossen wird. Natürlich wird er die Reise fortsetzen können, aber es kann sein, dass ihm der Wanderführer sagt, heute kannst du nicht mit, das wird zu anstrengend für dich.

Welche Länder werden am liebsten gebucht?

Eindeutig Spanien, vor Italien. Kroatien wächst und auch Polen wird interessant. Was gefragt ist, richtet sich auch nach aktuellen allgemeinen Reisetrends. Bei den Veranstaltern ist Vietnam zum Beispiel gut gelaufen, da wollten die Menschen hin, und unsere Kunden wollten da dann eben wandern. Österreich ist, im Gegensatz zu anderen Veranstaltern, nicht unser Renner. Da organisieren sich die Wanderer den Urlaub eher auf eigene Faust.

Nur müssen sie dann ihr Gepäck meist selbst tragen.

Das bieten wir gar nicht mehr an. Sogar bei unseren Trekkingreisen müssen die Kunden nur einen Tagesrucksack tragen, alles andere will keiner mehr.

Die Menschen sind bequem geworden. Deshalb bieten Sie auch bei den individuellen Touren grundsätzlich einen Gepäcktransport an.

Außerdem haben wir die Linie „flach, leicht – wanderbar“ entwickelt. Mancher ist gern zu Fuß unterwegs, will aber keine Berge hinaufklettern. Also bieten wir ihm Touren auf Rügen an, auf Bornholm oder in der Lauenburgischen Seenplatte.

60 Prozent Ihrer Kunden sind Alleinreisende, darunter viele Frauen. Wandern Männer nicht so gern?

Männer sind Gipfelstürmer. Wenn es hoch hinauf geht, etwa auf den Kilimandscharo, steigt die Männerquote bei den Buchungen stark an. Andererseits wird Tibet zum Beispiel von Männern kaum nachgefragt. Da liegt der Frauenanteil bei 90 Prozent. Wer nach Tibet reist, sucht dort wohl auch etwas Spirituelles. Damit können Männer wohl nicht so viel anfangen.

Was ist Ihr persönliches Wanderhighlight?

Oh, da gibt es zum Beispiel eine sechstägige Trekkingtour durch Patagonien. Die ist toll. Aber in Deutschland, etwa auf dem Rheinsteig oder dem Rennsteig, bin ich auch gern unterwegs.

Und wo ziehen Sie sich die Wanderstiefel gar nicht erst an?

Auf dem Jakobsweg. Das ist wirklich keine schöne Gegend zum Wandern, der Weg führt ja teilweise sogar durch Industriegebiet.

Das Gespräch führte Hella Kaiser.

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