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Reiseliteratur: Yes, we Canada

XXL – das Buch ist dem Land angepasst. Na ja, fast. So groß und so großartig, wie Kanada ist, lässt sich gar kein Buch produzieren.

Gleichwohl darf man sagen, dass es den beiden Fotografen bestens gelungen ist, zwischen zwei Buchdeckeln einzufangen, was das zweitgrößte Land an Naturschönheit zu bieten hat. Dagegen fällt das Erscheinungsbild der großen Städte dramatisch ab: Da können sich die Lichtbildner noch so sehr ins Zeug legen – keine kanadische Stadt ist als Schönheit zu porträtieren. Selbst Vancouver, oft als „schönste Stadt der Welt“ besungen, wird von überwiegend scheußlicher Architektur und katastrophalen Planungsfehlern geprägt. Nur die Lage, und da ist das große Missverständnis, die Lage an Pazifik und den nahen Bergen ist einfach sagenhaft. Dass Autor Karl Teuschl dazu kenntnisreiche Texte liefert, versteht sich fast von selbst, schließlich bereist der Mann seit vielen Jahren den nordamerikanischen Kontinent.

Lobenswert auch, dass Teuschl der Versuchung widerstanden hat, die Ureinwohner (First Nations, Indianer) in ihrem Dasein hier und jetzt zu romantisieren. Teuschl beschränkt sich darauf, das erfolgreiche Bestreben vor allem der Küstenindianer zu schildern, ihr kulturelles Erbe zu bewahren. Nur allzu oft neigen Autoren zur Verklärung, etwa wenn die First Nations beziehungsweise ihre oft geschäftstüchtigen Häuptlinge („Manager im Federschmuck“) vorgeben, davon zu träumen, wieder leben zu können wie ihre Vorväter, und so dem Staat Land abtrotzen, nur um es bei nächster Gelegenheit wieder in klingende Münze zu verwandeln. Doch so ein Prachtband eignet sich eher schlecht dazu, sozialkritische Diskussionen anzuzetteln.

Das vorliegende Exemplar ist ein klassisches „Kaffeetisch-Buch“ – ein fetter Wälzer, den man wegen des Gewichts besser nicht in die Hand nimmt, sondern auf dem Tisch liegen lässt, um immer wieder mal darin zu blättern, die tollen Fotos zu bestaunen und einen entsprechenden Abschnitt zu lesen. Niemand sollte sich allerdings wundern, wenn ein Familienmitglied oder ein Gast irgendwann aufsteht und sagt: „Tschüss, ich fahre jetzt nach Kanada.“ gws

Karl Teuschl (Text), Karl-Heinz Raach, und Hans-Ludwig Blohm (Fotos): Kanada. Stürtz Verlag, Würzburg; gebundene Ausgabe, 396 Seiten, 99,95 Euro

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