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Schicke Hotels – doch nicht jeder Veranstalter kennt, was er anbietet.

© imago

Reiseanbieter: Im Labyrinth der Mega-Suchmaschinen

Das Sortiment der Reiseveranstalter wächst enorm, doch die Qualität bleibt dabei oft auf der Strecke.

Weil Deutschlands große Reiseveranstalter ihr Sortiment von Saison zu Saison massiv ausbauen und Bestimmtes nur noch online stellen, sind auch die Datenmengen enorm gewachsen: Mittlerweile liegt der Bestand bundesweit bei 30 bis 35 Milliarden Angeboten. 20 Milliarden waren es im Jahr 2010. Das führt nicht nur zwangsläufig zu höheren Fehlerquoten bei der tagesaktuellen Verarbeitung durch die Vertriebsplattformen. Experten befürchten auch, dass der massive Ausbau des Angebots mitunter auf die Güte der Reisepakete durchschlägt – und Kunden zunehmend enttäuscht.

Beim „Wettrennen der Anbieter“ sei ein Qualitätsverlust „nicht auszuschließen“, warnt Oliver Rengelshausen, dessen Unternehmen Traveltainment für 130 Reiseveranstalter elektronisch Reisepakete schnürt – und auf Abruf bereit hält. Es holt sich die Hotels über Schnittstellen direkt aus dem riesigen Bestand der Ferienfabriken und sucht dazu passende Flüge. Eine Reservierung erfolgt jedoch erst bei Buchung, so dass Reiseveranstalter weder Aufwand noch Risiko haben.

Der Trend zum „dynamic Packaging“ führte auch dazu, dass die Reiseriesen unbeschwert mit einer immer größeren Produktpalette werben, andererseits ihre Unterkünfte aber nie betreten haben. Beim Marktführer Tui etwa kennen die Hoteleinkäufer nur noch jedes dritte der in Übersee angebotenen rund 6000 Hotels aus eigener Anschauung. Und auch bei Thomas Cook stammt detailliertes Wissen um die Ferienquartiere oft nur noch von Bewertungsportalen und anderen Internetquellen – bei 18 996 Häusern, die allein im Winter 2013/14 angeboten werden.

Vorsicht vor „Flughüllen“

Doch auch mittlere und kleinere Reiseanbieter halten immer mehr Angebote vor. Vor zehn Jahren habe sein Unternehmen noch 7 000 Daten an die Vertriebsplattformen übermittelt, sagt Pascal Zahn von Olimar. Jetzt arbeitet der „Spezialist für Portugal und Südeuropa“ (Werbezeile) mit 100 Millionen, „aber auch 500 Millionen wären kein Problem“.

Dass immer mehr „dynamische Pakete“ den Reisemarkt beleben, liegt vor allem am Internet: Allein beim Marktführer Traveltainment laufen pro Tag bis zu 85 Millionen Suchanfragen ein. Vor allem die schnell wachsenden Meta-Suchmaschinen sorgen für immer mehr Betrieb. Doch auch im Ferienhandel glühen zu den Hauptbuchungszeiten die Drähte: Rund 11 000 Lizenzen zum Preis von 70 Euro pro Monat hat die – in Würselen bei Aachen ansässige – Software-Schmiede bundesweit an Reisebüros vergeben.

Doch auch wenn Millionen von Flugsesseln und Hotelbetten immerfort durch das Netz schwirren: Nicht immer wird auch ein buchbares Arrangement daraus. Oft ist das Nachtquartier schon wieder weg. Und der Sessel der Airlines nicht verfügbar – Fachleute sprechen dann von „Flughüllen“. Von den im Netz auftauchenden Pauschalprodukten sei „rund ein Drittel überhaupt nicht oder nicht zum ausgewiesenen Preis buchbar“, weiß Michael Buller, Vorstand des Verbandes Internet Reisevertrieb (VIR). Den Experten erinnern diese Reisen „schlicht an Gammelfleisch“. (tdt)

Th. Michael Schweizer

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