zum Hauptinhalt
Eins, zwei drei. Online-Reisemittler machen ihr Geschäft, viele Veranstalter tun sich schwer im Netz. Das soll sich ändern, jedoch ohne das Reisebüro an der Ecke zu verärgern.

© picture alliance / dpa-tmn

Reisebuchungen online: Ein Mausklick zur Qualität

Reiseveranstalter bessern nach: Wer bei ihnen im Internet bucht, soll dabei auch beraten werden.

Wer ein Hotelzimmer braucht oder einen Flug nach Frankfurt am Main, bucht oft gleich im Internet. Bei Pauschalreisen sieht es noch anders aus, da geht der Kunde doch lieber ins Reisebüro. Viele Veranstalter sind hin- und hergerissen, wie sie damit umgehen sollen. Tui, der Marktführer in Deutschland, will nun auch im Onlinegeschäft im großen Stil mitmischen. Tui.com ist bisher nur ein Portal mit Reiseangeboten unter vielen – und kein üppig bestücktes.

Die Palette ist ziemlich einseitig: Buchen lassen sich dort nur Reisen aus dem Hause Tui, wenn auch verschiedene Marken. Das soll nicht so bleiben. „Unser Hauptziel ist, uns stärker an den Kundenbedürfnissen auszurichten“, erklärt Kerstin Hartmann, die mit Dirk Tietz bei der Tochterfirma Tui Interactive die Geschäfte führt. Die beiden sollen das bislang eher müde Onlinegeschäft von Tui ankurbeln. Dafür soll Tui.com zu einem Marktplatz für Reisen werden – mit deutlich größerer Auswahl als bisher, inklusive Angeboten anderer Veranstalter.

Handlungsbedarf gibt es offenbar: „Die Marke Tui versauert auf einer kleinen Veranstalterplattform“, davon ist Hartmann überzeugt. Und so gut wie alle sind sich einig, dass das Internet für den Verkauf von Reisen immer wichtiger wird. „Bisher werden allerdings vor allem einzelne Reiseleistungen wie Flüge, Hotels oder Mietwagen online gebucht“, sagt der Tourismusexperte Torsten Kirstges von der Jade-Hochschule in Wilhelmshaven. „Bei den Pauschalreisen haben sich Onlinebuchungen noch nicht durchgesetzt.“ Das hat vor allem einen Grund: „Weil die Kunden die Beratungskompetenz in den Reisebüros so schätzen.“

Hinzu kommt, dass die Pauschalreisen, die bei Buchungsplattformen wie Expedia.de zu haben sind, nach geltender Rechtslage keinen Cent günstiger sein dürfen als im Reisebüro. Wer nicht sowieso schon genau weiß, was er buchen will, nutzt deshalb lieber die Vorteile des sogenannten stationären Vertriebs. Und das ist zuallererst die Möglichkeit, ein direktes Gegenüber mit Fragen zu löchern.

„Wir wollen Online- und stationären Vertrieb verknüpfen“, erklärt Dirk Tietz. Wie soll das gehen? Mitarbeiter von Tui und von Reisebüros können sich künftig als Experten registrieren lassen und online ein Profil erstellen. Sie können Tipps schreiben, etwa über Ägyptens beste Tauchreviere oder den neuen Robinsonclub auf Kreta. Und man kann ihnen Fragen stellen – per E-Mail. Für den Anfang sollen es einige hundert, mittelfristig mehrere tausend Experten sein, die so Rede und Antwort stehen. Wenn der Kunde dann bei dem betreffenden Reisebüromitarbeiter bucht, hat der das Geschäft gemacht. Auch die Reisebüros können also von dem neuen Marktplatz profitieren.

Die Beratung im Netz kommt noch

Für Michael Buller, Vorstand des Verbands Internet Reisevertrieb (VIR), sind die Pläne von Tui keine Überraschung, sondern ein Anzeichen dafür, dass der Umgang mit dem Netz immer normaler wird: „Durch Ebay und Amazon haben die Leute gelernt, dass man online auch einkaufen kann.“ Tui folge diesem Trend: „Die sagen sich, ,Wenn wir Marktführer bleiben wollen, müssen wir online mehr präsent sein‘. “ Und ohnehin sei das alles nichts Neues, betont Mathias Brandes, Sprecher von Thomas Cook. Den Ansatz, auf einem Onlinemarktplatz Reisen mehrerer Veranstalter anzubieten, verfolge Thomascook.de schon lange. Ausdrücklich sei es das strategische Ziel des Konzerns, den Onlineanteil bei den Buchungen zu erhöhen.

Solche Pläne gibt es bei den Bausteinveranstaltern der Rewe-Touristik Dertour, Meier’s Weltreisen und ADAC Reisen nicht: Der Anteil der Onlinebuchungen über die eigenen Seiten im Internet liege bei gerade vier Prozent, erklärt Geschäftsführer Michael Frese – und bei zwölf Prozent, wenn alle übrigen Onlinebuchungsmöglichkeiten eingeschlossen werden. Allerdings sei das Wachstum bei den Onlinebuchungen deutlich größer als bei denen im Reisebüro.

Dass die Beratungskompetenz der klassischen Reisebüros nun mit den Möglichkeiten der Onlinewelt kombiniert werden soll, findet Buller „sehr smart“. Das 08/15-Geschäft werde sich dadurch kaum ändern. „Aber wann brauche ich Beratung? Wenn es kompliziert wird.“ Gerade bei spezielleren Themen, wenn es nicht nur um Strandurlaub geht, sei der Ansatz spannend.

Viel hänge allerdings von der Qualität der Beratung über die Experten ab, meint Kirstges. „Spezialisten etwa zum Gleitschirmfliegen in der Provence finde ich ja auch per Google. Wo ist da der große Vorteil von Tui.com?“ Die Nutzerfreundlichkeit sei entscheidend – Unübersichtlichkeit, lange Wartezeiten und technische Probleme gingen Kunden schnell auf die Nerven.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false