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Und ab die Post. Wer griechische Grüße verschicken will, muss sich auf allerlei gefasst machen. Foto: Bodo Marks, picture-alliance

© picture-alliance/ dpa

Teure Urlaubsgrüße: Marke ohne Wert

Urlauber wollten Postkarten aus Hellas verschicken. Der Preis der Wertzeichen – erstaunlich variabel.

Manchmal kommt man im Urlaub ja aus dem Staunen nicht mehr raus. Und das ist auch gut so. Dafür hat man sich schließlich auf den Weg gemacht. In manchen Ländern kommt der Besucher allerdings auch ins Grübeln. Und merkwürdigerweise gehört ausgerechnet Griechenland noch immer dazu.

Kurzer Rückblick: Noch zur Drachmen-Zeit, im südöstlichen Teil Rhodos, im Dorf Gennadi. Ein Mini Market. Postkarten- und Briefmarkenkauf. Der Preis für die Postkarten – ja, etwas teuer, aber kein Problem; doch die Briefmarke – ich erinnere mich genau –, die Briefmarke für eine Postkarte kostete damals den Nennwert von 200 Drachmen. Der freundliche Mann an der Kasse verlangte jedoch 220 Drachmen. Im griechisch-englischen Wortgemenge: Wieso kostet eine 200-Drachmen-Briefmarke 220? Der Mann war über meine Frage erstaunt: Ich muss die Briefmarken doch von der Post kaufen! Verstehe, die Hellas-Post verschenkt ja nichts. Ich kaufte also mehrere Postwertzeichen zum überhöhten Endpreis, die 10 Prozent Aufschlag waren in diesem Fall zu verkraften.

Ich erzählte diese Geschichte später der Inhaberin des Minimarktes im Dorf Lardos. Ja, es stimmt, die Briefmarke kaufen wir von der Post – zu einem verminderten Preis; wir dürfen die Marken aber natürlich nicht teurer verkaufen.

Der oben erwähnte Kaufmann, wir nannten ihn den „Australier“, weil er als junger Mann auf jenem Kontinent gearbeitet hatte, verkaufte irgendwann überhaupt keine Karten und Briefmarken, weil er, nach seiner Auskunft, Mehrwertsteuer auf die Briefmarken zahlen müsse, er also gar nichts daran verdiene.

Im vergangenen Jahr erhielt ich einen Brief aus Griechenland, der mit Marken im Wert von 2,00 €, 1,00 €, 0,50 € und, zuerst konnte ich es nicht glauben, 0,02 € frankiert war – ökonomisch überhaupt nicht nachvollziehbar. Zwei Cent! Ebenso nicht zu begreifen, weshalb für Postkarten sowie für Briefe 0,75 Euro gezahlt werden müssen. Ohne Preisstaffelung. In Deutschland: Postkarte 45 Cent, Brief 55 Cent.

In unserem Urlaubsort Gennadi, wo es uns jedes Jahr hinzieht, gibt es eine kleine Post, Öffnungszeiten: von 9 bis 12 Uhr, angenehm für die Angestellten; weniger angenehm für die Kunden. Und wieder so was Irrwitziges: Es gibt keine Briefmarken in dieser Post. Auf meine Frage: Wieso nicht? Keine Antwort. Nur Schulterzucken.

Für uns ist es selbstverständlich, dass die Lieben daheim einen Feriengruß, ein Kärtchen bekommen; keine E-Mails, keine SMS. Also: Wo bekommen wir nun Briefmarken her? Vielleicht im Nachbarort Lardos? Ich fahre mit dem Bus dorthin (Hin- und Rückfahrt 3,20 Euro).

Angekommen, erstmal ein Mythosbier bestellt beim Deutsch sprechenden Tavernenbesitzer, er arbeitete jahrelang in Stuttgart. Frage ihn: Gibt es in Lardos ein Postamt? Nein! Du kannst aber eventuell den Briefträger treffen. Wo? Die Hauptstraße runter, und dort, wo ein hochkant gestellter Olivenmühlstein vor dem Häuschen steht, da kannst du ihn vielleicht treffen. Ich gehe dort hin. Die Tür zu dem kammergroßen Raum steht offen. Zwei Stufen führen hinauf, oben sehe ich im Dämmerlicht einen korpulenten Mann hinter einem imposanten Schreibtisch sitzen. Er und ein anderer rauchen. Haben Sie Briefmarken? Ja! Ich kaufe zehn nicht selbstklebende Marken à 75 Cent. Macht 7,50 Euro plus 3,20 Euro Fahrgeld – alles für die lieben Urlaubsgrüße.

Zurück zur Taverne, dort bespeichele ich die Marken und klebe sie auf die Karten. Plötzlich: Was soll das denn? Auf den Briefmarken ist ja gar kein Preis aufgedruckt! Bezahlt hatte ich 75 Cent, aber der Preis fehlt! Abgesehen davon, dass die grafische Gestaltung eine ästhetische Bösartigkeit ist, was um alles in der Welt soll dieser knallrote Punkt?

Die Griechen sind ein stolzes Volk

Vor dem Rückflug nach Berlin müssen wir in Rhodos-Stadt übernachten. Am sogenannten Neuen Markt ist eine Toreinfahrt zum Hafen. Rechts und links Andenken- und Zeitungsläden. Spontan kaufe ich mir noch eine dieser preislosen Briefmarken und urplötzlich kommt mir die Idee, die Verkäuferin zu fragen, wieso diese Marke keinen Preisaufdruck hat? Sie gibt mir eine DIN-A-5-Broschüre von der Post, schlägt dabei eine Seite auf und verweist auf eine Information, unter anderem in Deutsch: nennwertlose Briefmarke. Diese Briefmarke wird für Auslandssendungen bis zu 20 Gramm verwendet.

Rechts am Heftrand zwei Stempel von der Post. Beim ersten ist 0,75 € überstempelt und durchgestrichen, mit dem Datum vom 25.12. (unleserlich, vermutlich 2011); beim zweiten Stempel ist 0,75 € ebenfalls durchgestrichen und handschriftlich 0,78 € eingetragen. Meine Quittung beweist, ich habe 0,78 € bezahlt.

Von Deutschland aus schreibe ich dann einen Brief an den Inhaber des Ladens, Nikolaos Katsaras, und bitte um eine Kopie der Postanweisung, legte einen Fünf-Euro-Schein mit bei, für die Kopien und das Porto. Nach anderthalb Wochen eine Antwort. Herr Katsaras hat sich die Mühe gemacht, bei WorldLingo im Internet seinen Brief übersetzen zu lassen: Original Source Language Greek, Translated Target Language German. Note: This is a computer translation of text. It is provided for general information only and should not be regarded as complete nor accurate.

Wohl wahr: Diese Computerübersetzung, ein grandioses Kauderwelsch. Die für mich wichtige Information: „Da Sie in die Preisliste sind in Kraft von 14/4/2012 damit sie vorwegnahmen nicht sie drucken heraus neue Broschüren, damit in der Korrektur von 0.75 im 0.78 auf jeden Fall erfüllen Sie, sind nicht etwas von sehen. Nicht ist ein grosser Organismus möglich, da die griechische Posten sie in solche Handlungen fallen.“

In einem dem Brief beigelegten Informationsblatt der Post wird in sieben Sprachen die „Nenntwertlose“ vorgestellt; die Endziffer 5 ist durchgestrichen, daraus also quasi eine 8 gemacht.

Mit einem handschriftlichen Kartengruß wurde mir der Fünf-Euro-Schein im Brief zurückgeschickt. Ich habe den in Deutsch geschriebenen Satz behutsam grammatikalisch verändert: „Viele Grüße aus Rhodos und vergessen Sie bitte nicht, dass die Griechen immer ein stolzes Volk waren.“ Ich frage mich: War es ein Fehler, fünf Euro für die Bemühungen in meinen Brief zu legen?

Wie auch immer: Es war erneut ein erlebnisreicher Urlaub in Hellas.

Post scriptum: Was ich immer noch nicht verstehe: Kann denn eine Preiserhöhung von 0,03 Euro, also vier Prozent zur Sanierung der griechischen Wirtschaft etwas beitragen? Haben die Griechen mit Aber- und Abermillionen Postkarten gerechnet?

Bernd Kramer

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