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© dpa

Tropical Islands: 95 Grad im Regenwald

Einen Strand hatte „Tropical Islands“ immer. Nun gibt’s auch eine Saunalandschaft – und Sonnenduschen.

In den Tropen braucht man keine Sauna, da schwitzt man von ganz allein. In einer Kunstwelt jedoch darf man jede Logik auf den Kopf stellen. Und so präsentiert „Tropical Islands“ jetzt „Europas größte tropische Wellnesslandschaft“. Vier Monate nur habe man gebraucht, um auf einer Fläche von anderthalb Fußballfeldern eine „exotische Wohlfühlwelt“ zu zaubern, melden die Betreiber stolz. Und darin sieht man erst mal Grün.

Allein 80 Bambuspflanzen aus Thailand mit einer Höhe von sieben Metern wurden importiert und eingepflanzt, und drumherum und mittendrin rankt es schon mächtig. Das nun genutzte Areal am Rand der gigantischen 66 000 Quadratmeter großen Gesamtfläche der ehemaligen Cargolifterhalle lag bis dato brach. „Es war so eine Art Lagerraum“, erklärt Saunachef Henry. Nun ist die Saunalandschaft von der seit 2004 bestehenden Tropical-Islands-Welt durch Bambuszäune abgeschirmt. Wer zwischen beiden Regionen wechseln will, zahlt 6,50 Euro zusätzlich zum regulären Eintrittspreis.

Es wird nicht viele geben, die das zahlen. Denn: Allein in der Saunalandschaft ist erschöpfend viel auszuprobieren. Im „Elefanta-Tempel“, dem Original in Bombay nachempfunden, wartet das Edelsteindampfbad. Der „Angkor-Wat-Tempel“ überrascht die Gäste mit einer sogenannten Steinsauna, die auf 95 Grad geheizt ist. Im „Alcantara Canyon“ – bizarrerweise befindet sich das Original auf Sizilien – sitzt man in schwarzer Basaltsteinlandschaft und kann seine Haut mit Heilerde abschrubben oder alternativ ein „Joghurt-Diamant-Peeling“ bestellen. Besonders angenehm ist das „Guruwari- Blütendampfbad“, vor allem, weil es dort so still ist. In allen übrigen Schwitztempeln wird der Gast zentral mit Kaufhausmusik beschallt. „Die Leute wollen es so“, sagt Henry.

Wer aus der Sauna kommt, schwitzt weiter. „Konstant 26 Grad Celsius“ sind versprochen, gefühlt sind es mehr. Aber lebt das Schwitzritual aus dem Norden nicht vom heiß-kalten Gegensatz? Das wird hier schwierig. Zwar gibt es kühle Sprühnebelduschen und auf Knopfdruck einen eiskalten Schwall, aber eben keinen Gang an die frische Luft. „Neulich hat ein Gast gedacht, das sei ein eiskaltes Tauchbecken, und ist hier reingesprungen“, sagt Henry und zeigt auf den ummauerten Karpfenteich. Weder Gast noch Fische fanden das am Ende cool. Der Saunameister sieht ein: „Ein Tauchbecken fehlt, das bauen wir noch.“

Plätze zum Ausruhen sind zahlreich vorhanden. Im „Asia-Haus“ kann man auf dicken Bastmatten ruhen. Wenige nutzen das Angebot, vielleicht weil die Luft im Haus unter der Kuppel trotz surrender Lüftung stickig ist. Die Alternative sind „draußen“ formschöne dunkelbraune Holzliegen auf Sand. Ärgerlich ist nur, dass die Körner so hartnäckig an den Badeschlappen haften. Massagen aller Art werden im „Dschungeldorf“ verabreicht. Die Preise entsprechen denen in Vier-Sterne-Hotels: eine Massageminute kostet einen Euro.

Die Kombination von Tropenwelt und Sauna hat ihre Tücken. Wer es ernst nimmt mit dem gesunden Ritual, wird hier nicht recht glücklich werden. Das Drumherum ist das Ziel, die Kunstwelt will Spaß machen. Deshalb auch wurde ein „Sea Shell Beach Café“ eingerichtet, das indische Küche präsentiert. Die ist nicht besser als beim Inder um die Ecke, aber auch nicht teurer.

Der Reiz vom neuen und alten Angebot von „Tropical Islands“ indes ist und bleibt die 107 Meter hohe Halle selbst. Wer nach oben schaut, denkt nicht an den Regenwald, sondern daran, wie um alles in der Welt diese freitragende Stahlkonstruktion so fabelhaft zusammengepuzzelt werden konnte. Beeindruckend – und bewundernswert. Es ist schlicht ein Glück, dass diese Halle noch steht.

In der Kunstwelt wollen sie sich jedoch anscheinend auf die „Super- Location“ nicht so recht verlassen und legen immer neue Attraktionen nach. Die neueste wurde eben erst angebracht. Seit gestern kann sich „Europas größte tropische Urlaubswelt“ noch einen Superlativ mehr anheften: „die größte Indoor-Werbefläche Deutschlands“. 105 Meter lang und 25 Meter breit ist das Reklameposter, das hoch über der Hallenmitte schwebt. Werbung für den Billigflieger Easyjet im Regenwald. Wie und ob das zusammenpasst, muss man in einer Kunstwelt nicht hinterfragen.

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