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Betrieb außerhalb der Hochsaison. So wünschen es Gäste und Veranstalter auf Mallorca. Jedoch nicht überall sind kleine Bars im Winter geöffnet wie hier in Port de Sóller.

© gws

Mallorca: Wie es allen gefällt

Mallorcas Hoteliers mögen kein all-inclusive. Doch besonders deutsche Veranstalter bestehen darauf.

„Alles inklusive“, ja oder nein? Auf Mallorca dauert der Streit um dieses Hotelkonzept schon wenigstens zehn Jahre. Die Gaststätten- und Geschäftsinhaber auf der Baleareninsel beantworten die Frage mit einem eindeutigen Nein. Reiseveranstalter hingegen, mit den deutschen Unternehmen an der Spitze, sehen für ihr Massengeschäft auf der Insel eine bessere Zukunft, wenn mehr all-inclusive in den Hotels angeboten wird. Dabei verweisen Alltours, Rewe, Tui & Co. gern auf die Konkurrenz in der Türkei, wo ohne „ai“ kaum mehr was geht und die Hotelbetten im Gegensatz zu Mallorca gut gefüllt sind. Derzeit sieht sich mancher mallorquinische Hotelbesitzer, der diese Urlaubsform skeptisch beurteilt, in den Verhandlungen für den Sommer 2011 und darüber hinaus Angeboten der Veranstalter ausgesetzt, die er vermutlich nicht ablehnen kann ...

In der laufenden Saison bieten 165 Hotels (von etwa 920) auf der Insel all-inclusive an, meistens parallel zu Halb- oder Vollpension. An der Spitze der „All-inclusive-Bewegung“ für Mallorca steht ein Riese. Ein Reiseriese. Für Deutschlands größten Veranstalter, Tui, ist Mallorca das wichtigste Reiseziel im Programm. Und Unternehmenschef Volker Böttcher verweist bereits seit Jahren darauf, dass Mallorcas größter Konkurrent in Sachen Familienurlaub, die Türkei, wesentlich mehr tue, um „kalkulierbaren und damit familienfreundlicheren“ Urlaub anzubieten. Wenn die Hoteliers der Insel dem nichts entgegensetzten, verlören sie mittelfristig diese Klientel.

Überhaupt spart der bekennende Mallorca-Fan Böttcher nicht mit Kritik an den Tourismusverantwortlichen der Insel. Erst im Juni dachte der Vorsitzende der Tui-Geschäftsführung laut darüber nach, bestimmte touristische Zonen aus dem Programm zu streichen, falls das dortige „Komplementärangebot“ nicht erweitert werde. Es gehe nicht an, dass Gäste etwa im Osten der Insel im Winter bei Bars, Restaurants und Geschäften vor verschlossenen Türen stünden, sobald sie das Hotel verließen.

Vor allem auch an diesem Widerspruch reiben sich die Mallorquiner jetzt. Wer all-inclusive fordere, brauche sich doch nicht zu wundern, wenn die Wirte ihre Türen dichtmachten. Die Geschäfte liefen schon im Sommer nicht optimal. Wer dann noch außerhalb der Hochsaison öffne, fahre noch mehr Verluste ein. Auch die Versuche vieler Hoteliers, die Saison zu verlängern, also Häuser im Herbst später zu schließen beziehungsweise im Frühjahr einige Wochen eher wieder für Gäste zu öffnen, dürfen als gescheitert gelten. Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre ist nun das Gegenteil eingetreten. „Wir haben immer am 1. April eröffnet“, sagte Sebastià Rubí, Eigentümer des Hotels Alcudia Pins im Nordosten der Insel, in einem Interview mit dem „Mallorca Magazin“. „In diesem Jahr haben wir zum ersten Mal drei Wochen später aufgeschlossen, damit wir in der Anfangszeit kein Geld verlieren. 2009 war das schlechteste Jahr unserer 24-jährigen Firmengeschichte.“

Damit steht Rubí nicht allein. Seinem Beispiel folgen viele Hoteliers. Das wiederum hat zur Folge, dass auch Bars, Restaurants und Souvenirläden wegen mangelnder Aussicht auf Kunden geschlossen bleiben. Und wer einmal im Januar, bei durchaus schönem Wetter, in den Touristenorten an der Bucht von Alcudia unterwegs war, weiß, dass außer einigen wenigen Hotels bestenfalls ein Tante-Emma- Laden für den täglichen Bedarf geöffnet hat. Viele touristische Küstenorte liegen außerhalb der Saison wie ausgestorben da. Da mag man den Tui-Vorstoß schon verstehen, schließlich bringt der Veranstalter das ganze Jahr über Gäste.

Doch wie ist der Widerspruch aufzulösen: Einerseits mehr „ai“ in den Hotels zu fordern, andererseits nach lebendiger Infrastruktur außerhalb dieser Häuser zu rufen, obwohl das Geschäft mit den Hotelgästen, die ja zumindest frei Essen und Trinken im Haus haben, nicht eben vielversprechend ist?

Marilén Pol, neue Präsidentin des mallorquinischen Hotelverbandes (Fehm), gibt sich ausgleichend und sieht keinen Widerspruch in den Forderungen von Tui. Diese orientierten sich ohnehin an der Nachfrage. In wirtschaftlich eher schlechteren Zeiten sei es ein verständliches Anliegen von Familien, ihr Urlaubsbudget klar festzulegen. Das sei bei all-inclusive möglich. Und auch auf diese Urlauber sei Mallorca angewiesen. Auf der anderen Seite gebe es Gäste, die nicht auf den Euro schauen müssten und ein attraktives Umfeld ihres Urlaubshotels wünschten, mit einem entsprechenden Gastronomie- und Shoppingangebot. Auch außerhalb der Saison. Ziel müsse es sein, das „perfekte Gleichgewicht“ zu finden.

Hotelier Rubí glaubt, dass er sich zumindest teilweise dem Verlangen der Veranstalter nach mehr „Alles inklusive“ nicht widersetzen kann. „Wir werden einen Teil unserer Plätze ab 2011 für dieses Bewirtschaftungsgeschäft öffnen müssen. Verträge mit Abnahmegarantie gibt es für Hotels nur noch, wenn sie sich all-inclusive öffnen.“

Und was sagen Mallorca-Urlauber? Viele haben durchaus eine Meinung zum „Alles inklusive“, wie der rege Austausch im Internetforum etwa der „Mallorca Zeitung“ beweist. So schreibt zum Beispiel der User Mike: „All inclusive ... für den, der es braucht, warum nicht! Jedem das Seine! Allerdings sollten sich mal die Gastronomiebetriebe am Riemen reißen und nicht schnell reich werden wollen! Ich kann nicht für 2 Pizzen 2 Bier und 2 Wein 45 Euro nehmen ...“

Und ein J. M. klagt: „Tui macht auf die Hotels einen erhebl. Druck ... und jedes Hotel will Tui-Verträge behalten ... ich war auch geschockt, als ich anl. einer Tagung im Riu Bravo vor einigen Jahren, das AI erleben musste. Wein aus Pappbechern, Kaffee nur aus Automat etc., das bringt keinen Qualitätstourismus.“

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