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Osterfeuer in der Elbaue. Foto: dpa

© picture alliance / ZB

Reise: Woanders hat der Hase frei

Ostern wird weltweit ganz unterschiedlich gefeiert. In New York machen sie sogar Karneval daraus

Osterzeit, Reisezeit. Nicht überall tritt der Hase auf und Ostereier werden versteckt. Das Brauchtum ist vielfältig.

Was haben zum Beispiel Norderney und das Weiße Haus in Washington gemeinsam? Antwort: fast den gleichen Osterbrauch. Auf Norderney heißt er „Trüllen“ und ist eine Art Ostereier-Wettkugeln: einfach mit der Hand Rinnen in die Dünen ziehen und die Eier darin hinunterkullern lassen. Weil es hinter dem Weißen Haus keine Sandberge gibt und die Eier auf dem präsidialen Rasen nicht von selbst in Fahrt kommen, dürfen die Kinder sie dort mit Löffeln anschubsen. Für alle Teilnehmer gibt’s wertvolle Preise: Holzeier mit den Unterschriften des Präsidenten und der First Lady. Damit kann Norderney nicht aufwarten.

Bis ins vergangene Jahrhundert hatte Meister Lampe bei uns noch tierische Konkurrenz: In Westfalen etwa lieferten Füchse die Ostereier, in Thüringen kam der Storch und in der Schweiz gar der Kuckuck. In Australien ist der Hase noch immer kein Thema, denn gemeinsam mit dem Kaninchen gilt er hier als Schädling. Der Grund: Beide haben sich – mitgebracht von den Siedlern im 18. Jahrhundert – so rasend schnell vermehrt, dass sie das Weideland kahl fressen. Wer schon mal zur Osterzeit in Australien war, wird wissen, was hier gilt: Osterbilby statt Osterhasi. Der Bilby nämlich, ein kleines hasenähnliches Beuteltier, gilt als Hauptopfer der Hoppelinvasion. Angeblich gibt es nur noch etwa 600 Bilbys. Zu Ostern vermehren sie sich dann explosionsartig – in Schokoladengestalt. Eltern verstecken sie für ihre Kinder im Haus, im Garten, im Park und lassen sie suchen.

Auch in Schweden ist der Osterhase abgemeldet. Ein Osterküken stiehlt ihm die Schau. Denn es bringt nicht nur die Eier, sondern bestimmt auch die Farbe des Festes: Ostern erstrahlt Schweden in Gelb. Die Wohnungen sind mit Birkenzweigen und bunten Federbüscheln geschmückt. Nebenan, in Finnland spielt die Birke ebenfalls eine wichtige Rolle: Die Finnen schlagen ihren Freunden und Bekannten leicht mit Birkenruten auf den Rücken. Als Ersatz für Palmwedel, mit denen Jesus bei seinem Einzug in Jerusalem begrüßt wurde. Anders als die Schweden, bei denen es Ostern sehr ruhig zugeht, ziehen finnische Kinder am Ostersonntag meist rußgeschwärzt, mit Kopftüchern verkleidet, lärmend durch die Straßen und bitten um Süßigkeiten und Kleingeld.

Wesentlich handfester gehen die Polen zur Sache: „Smyngus-Dyngus“ heißt der Brauch, bei dem am Ostermontag kaum jemand trocken bleibt. Vor allem Kinder bespritzen sich gegenseitig mit Wasser und schütten es anderen kübelweise über die Köpfe. Eine feucht-fröhliche Erinnerung an die Taufe des Prinzen Miesko I. im Jahre 966, der den Polen das Christentum brachte. Auch in Ungarn geht es feucht zu: Am Ostermontag bespritzen die Männer die Frauen aus Familie und Freundeskreis mit Parfüm oder Wasser.

Die Bulgaren verstecken die Eier gar nicht erst, sondern lassen sie genussvoll an Kirchenmauern zerplatzen oder bewerfen sogar Familienangehörige damit. Etwas vornehmer müssen sich die Kinder in Großbritannien beim Eier-Zerstören benehmen – dem „Egg-shackling“: Dabei werden zuerst die Kindernamen auf rohe Eier geschrieben, dann die zerbrechlichen Dinger so lange in einem Sieb geschüttelt, bis nur noch ein unversehrtes als Sieger übrig bleibt.

Die Franzosen haben einen Feiertag weniger, müssen also – abgesehen von den Menschen in Elsass-Lothringen – am Karfreitag arbeiten. Wichtiger als der Osterhase sind bei unseren Nachbarn die Kirchenglocken. Sie schweigen von Gründonnerstag bis Karsonnabend, um den Tod Jesu zu betrauern. Am Ostersonntag dann läuten sie ausdauernd, um die Auferstehung zu verkünden. Den Kindern erzählt man, dass dieses Glockengeläut bis nach Rom zum Papst dringt und es von dort mit den Ostereiern zurückkehrt.

Fast karnevalistisch geht es am Ostersonntag auf New Yorks Fifth Avenue zu: Bunt und schrill gekleidete Menschen und fröhliche Blaskapellen feiern auf prächtig geschmückten Wagen. Die „Easter Parade“ zieht durch Manhattan. Zurückzuführen ist er auf den Brauch, sich auf dem „Osterspaziergang“ besonders herauszuputzen. Beste Sicht auf das Spektakel bietet der Platz rund um die St.-Patrick’s-Kathedrale.

Und wenn es über Ostern nur ein Kurztrip sein soll? Dann vielleicht zu den Osterfeuern im Brandenburgischen oder auch an Hamburgs Elbstrand. Auf letztere hat man den besten Blick bei sogenannten Osterfeuerfahrten auf der Elbe. Oder wie wär’s mit einem Besuch beim wahrscheinlich größten Osterfeuerspektakel Deutschlands? Den Osterräderlauf veranstaltet alljährlich die Stadt Lügde bei Bad Pyrmont: Hier rollen die Bewohner am Nachmittag des Ostersonntags sechs hölzerne Wagenräder mit 1,70 Meter Durchmesser durch die Straßen und dann auf den 285 Meter hohen Osterberg. Vorher wurden die Räder mit Stroh „gestopft“. Nach Einbruch der Dunkelheit ist es so weit: Mitglieder des örtlichen Dechenvereins zünden die sechs Räder an und lassen sie den Osterberg ins Tal hinabrollen. Mit Tempo 80 sausen die Feuerräder zu Tal, überspringen Wege, durchbrechen Hecken und Zäune. Kommen alle Räder gut ins Tal, so wird es ein gutes Erntejahr geben. Glaubt man. Christian Schreiber

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