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© dpa

Rekord im Spätgebären: Mutter mit 64 - muss das sein?

Eine 64-Jährige hat in Bayern ein Baby zur Welt gebracht. Damit ist sie wahrscheinlich die älteste Frau, die in Deutschland jemals Mutter wurde. Eine Sensation, die eine moralische Debatte neu entfacht.

Die Frau, die am vergangenen Donnerstag ihr erstes Kind zur Welt brachte, wird wahrscheinlich noch in dieser Woche aus einer Klinik in Aschaffenburg entlassen. Mutter und Kind sind wohlauf. Das erklärte ihr betreuender Arzt, Elias Karam. "Ich habe das Kind zweieinhalb Wochen früher geholt als geplant. Wir wollten kein Risiko eingehen." Das Baby wiegt 2100 Gramm und ist 46 Zentimeter groß. Der 64 Jahre alte Vater des Mädchens war bei der Entbindung nicht dabei. Er soll sich zu diesem Zeitpunkt im Ausland aufgehalten haben. Das Ehepaar stammt aus der Türkei.

Die Frau hatte sich eine mit den Spermien ihres Mannes befruchtete Eizelle einer jungen Frau im Ausland einsetzen lassen. In Deutschland ist das Spenden von Eizellen verboten. Das Ehepaar kennt die Spenderin nicht. Karam vermutet, dass die unbekannte Frau etwa 25 Jahre alt ist.

Die 64-Jährige ist die älteste bekannte Spätgebärende Deutschlands. Ende vergangenen Jahres hatte eine 67 Jahre alte Spanierin Zwillinge bekommen. Sie gilt als bislang älteste Frau weltweit, die Kinder zur Welt brachte.

Frauenärztin: Da fasst man sich doch an den Kopf

Seine Patientin habe sich nach mehreren Fehlgeburten ihren langgehegten Kinderwunsch erfüllt, erklärte der Arzt. Die Geburt geht einher mit einer Debatte um die Ethik der modernen Medizin. "Es ist eine Sensation, aber mit reinem Menschenverstand fasst man sich da doch an den Kopf", sagte die Frauenärztin Brigitte Hauk aus dem thüringischen Suhl. Karam, der das Baby per Kaiserschnitt auf die Welt geholt hatte, sagte: "Die Frau kam zu mir, weil sie meine Hilfe brauchte. Als Arzt gebe ich diese ohne Nachfragen."

Nach Expertenansicht sind Schwangerschaften bei mehr als 40 Jahre alten Frauen mit zunehmenden Risiken verbunden - für Mutter und Kind. "Frauen mit Mitte 60 sind meist nicht mehr gesund, haben Bluthochdruck oder Ähnliches und müssen Medikamente nehmen", erläuterte Frauenärztin Hauk. In Deutschland sei seine Patientin vermutlich die älteste Mutter bei der Geburt, die es je gab, sagte Karam. "In anderen Ländern ist das bereits gang und gäbe." 2005 bekam zum Beispiel eine pensionierte Professorin aus Rumänien mit 66 Jahren Zwillinge, von denen aber nur ein Mädchen die Geburt überlebte. Auch aus der Türkei, Großbritannien und Israel wurden ähnliche Fälle bekannt.

Ist das ein natürlicher Ablauf?

Volker von Loewenich vom Forum Ethik in der Medizin hält Eizellenspenden an ältere Frauen nicht für "grundsätzlich moralisch verwerflich", sieht allerdings Probleme auf mehreren Ebenen. "Verwerflich wird es, wenn man zum Beispiel die finanzielle Not von Eizellen-Spenderinnen in ärmeren Ländern ausnutzt." Das Spenden von Eizellen sei grundsätzlich bedenklicher als das von Samen. "Eine Eizelle zu gewinnen, ist ein massiver Eingriff in den Körper der Frau", erläuterte von Loewenich. Zwar sei dieser Eingriff nicht unbedingt gefährlich, berge aber dennoch Risiken.

Zudem müssten Eltern sich genau überlegen, ob sie ihrem Kind eine solche Situation zumuten wollten. Das Kind müsse mit dem "Oma-Status" der Mutter schließlich auch öffentlich umgehen. "Man muss sich fragen: Ist das ein natürlicher Ablauf?"

Angelika Röpcke, Britta Gürke[dpa]

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