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Rettungsaktion: Drama im Himalaja

Am Nanga Parbat ist eine Rettungsaktion für zwei vermisste Bergsteiger angelaufen. Für einen dritten kommt jede Hilfe zu spät

Rom/Islamabad - „Unser Berg liegt genau vor uns, eine 3000 Meter hohe, steile Eiswand“, schrieb Karl Unterkircher am 18. Juni in sein Berg-Tagebuch. Zusammen mit den Alpinisten Simon Kehrer und Walter Nones wollte der Südtiroler den Nanga Parbat besteigen, jenen 8125 Meter hohen Schicksalsberg im Himalaja, der schon vielen erfahrenen Gipfelstürmern zum Verhängnis geworden ist. Unterkircher, der von einigen schons als neuer Star des Alpinismus gefeiert wurde, wählte für die Bezwingung eine bisher noch nie gegangene Route: die Rakhiot-Wand. Es sollte sein letztes Abenteuer werden. Am vergangenen Dienstag stürzte der 37-Jährige auf fast 7000 Meter Höhe in eine Gletscherspalte, jede Rettung für ihn war aussichtslos.

„Die Besteigung über diese Route war eine wahnsinnig gefährliche Aktion, es ist ein Wunder, dass sie überhaupt so weit gekommen sind“, sagte Extrembergsteiger Reinhold Messner am Freitag. Bange Fragen drehen sich um das Schicksal von Kehrer und Nones, nachdem der Kontakt mit ihnen seit Mittwoch abgebrochen ist. „Uns geht es gut, aber wir können nicht zurückkehren, von wo wir gestartet sind. Das wäre zu gefährlich. Wir sind auf circa 6400 Meter und müssen weiter nach oben, um dann aus der Wand zu steigen“, sagte Nones nach Angaben von Unterkirchers Website in einem Telefonat mit seiner Frau. Jedoch war die Batterie des Telefons so schwach, dass die Verbindung abbrach. Am Donnerstag wurden die beiden Italiener vom Basislager aus von Pakistanern beim Klettern in der Rakhiot-Wand gesichtet. Umgehend wurde von Italien aus eine Rettungoperation organisiert. Unterstützt wird die Aktion von pakistanischen Soldaten. Mithilfe zweier Eurocopter-Hubschrauber sollen Kehrer und Nones in Sicherheit gebracht werden, jedoch galt es als unwahrscheinlich, dass die Helikopter die Bergsteiger in 7000 Meter Höhe an Bord nehmen können. Mit von der Partie sind die Extremkletterer Silvio Mondinelli und Maurizio Gallo, die zumindest versuchen wollen, Lebensmittel und andere Hilfsgüter in der Nähe der Alpinisten abzuwerfen. Eine erster Rettungsversuch wurde gestern abgebrochen. Erst wenn Kehrer und Nones wieder tiefere Lagen erreicht haben, kann ein Hubschrauber sie aufnehmen. Auch Messner verfolgt das Drama gebannt: „Ich stehe ständig mit Pakistan in Kontakt, aber die Kommunikation ist sehr schwierig“, erklärte er. Eins ist sicher: Die Zeit drängt, „denn nur bis Samstag soll das Wetter noch gut sein“, fügte er hinzu. Optimistisch zeigte sich Agostino Da Polenza, ein erfahrener Bergsteiger, der von Italien aus die Rettungsaktion koordiniert: „Auch wenn den beiden ihr Anführer fehlt, können sie die Mission zu Ende bringen, denn auch sie sind äußerst fähige Alpinisten.“

„Wettlauf gegen die Zeit im Himalaja“, titelte am Freitag „La Repubblica“. Es ist nicht das erste Mal. Vor fast genau vier Jahren wurden am Nanga Parbat vier in Bergnot geratene Kletterer aus Sachsen von österreichischen Bergführern in letzter Minute gerettet. Ein 65-Jähriger aus Thüringen war beim Notabstieg der Gruppe abgestürzt und gestorben. Und auch Reinhold Messner verbindet mit dem Berg – der als einer der gefährlichsten Gipfel der Region zählt – eine tragische Erinnerung: Sein Bruder Günther kam 1970 beim Abstieg vom Gipfel ums Leben. dpa

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