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Panorama: Rock ’n’ soft

Die Rolling Stones gaben das erste Konzert ihrer neuen Tour – in Boston. Ihr Skandallied sangen sie nicht

Über 60 und kein bisschen leise – die Rolling Stones begeisterten 36000 Fans am Sonntagabend in Bostons Fenway-Park- Stadion. Feuerwerk schoss in den Himmel, Flammen loderten von der Bühne empor und ein ohrenbetäubendes Kreischen brach aus, als die Band ihr Auftaktkonzert mit „Start me up“ begann.

Das Ereignis fand auch bei den US-Fernsehsendern größte Aufmerksamkeit. Mike Jagger, in Satin gekleidet, ließ wie einst die Hüften kreisen, rannte von einem Ende der Bühne zur anderen und klatschte mit erhobenen Händen. Er ist inzwischen 62, Gitarrist Keith Richards, dessen Riffs die Menge begeisterten, 61, der stoische Schlagzeuger Charlie Watts 64 – und Gitarrist Ron Wood gilt mit 54 als „Baby“ der Band. Ähnlich alt waren die meisten Gäste, aber sie fühlten sich wie in den wilden 60er und 70er Jahren.

Viele hatten ihre Kinder mitgebracht, die freilich auch längst dem jugendlichen Protestalter entwachsen sind. Bis zu 400 Dollar hatten sie für die Tickets gezahlt, das Stadion war ausverkauft.

Auch Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger war da und bewunderte die „erstaunliche Energie“ der Stones. „Ja, sie haben sich verändert“, sagte der frühere Bodybuilder und Schauspieler. „Aber haben wir das nicht alle?“

Furios ging es weiter, ohne Abstriche am Tempo des hämmernden Rock ’n’ Roll, mit dem sie vor mehr als 40 Jahren groß geworden sind. „Honky Tonk Woman“, „You Got Me Rocking“, „Shattered“, „Brown Sugar“, „Beast of Burden“ – und schließlich „Satisfaction“, das Jubelstürme auslöste.

Dazwischen streuten die Stones Songs von ihrem neuen Album „A bigger bang“. Es ist ihr erstes seit acht Jahren und soll am 6. September in den USA in den Handel kommen.

Aber da war die Frage: Würden sie auch den umstrittenen, Bush-kritischen Song „Sweet Neo Con“ spielen? Die Kontroverse um das Stück hatte Amerika bewegt, nachdem „Newsweek“ Auszüge veröffentlicht hatte – aber auch kräftig die Werbetrommel für die Stones-Tour und das neue Album gerührt. Im Text heißt es: „Du bezeichnest dich als Christ, ich nenne dich einen Heuchler. Du nennst dich Patriot, für mich bist du ein Vollidiot“. Der Text spielt auch auf Vizepräsident Dick Cheney an und die früher von ihm geleitete Firma Halliburton, die nach dem Krieg lukrative Verträge im Irak bekam. Das „Con“ in „Sweet Neo Con“ kann Betrug bedeuten.

Nein, die Stones spielten das Lied nicht. Es sei nicht seine Absicht, den Präsidenten anzugreifen, hatte Jagger kürzlich gesagt. Über 60 und ein bisschen weise? Vielleicht soll die Neugier noch ein bisschen angeheizt werden – und den Absatz des neuen Albums in die Höhe treiben.

Am Dienstag spielen die Stones noch einmal in Boston, bevor sie ihre Tour fortsetzen, geplant sind 42 Auftritte in 37 Städten. 2006 stehen Europa, Südamerika und Asien auf dem Programm. Die deutschen Auftrittsstädte sind noch nicht benannt.

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